§ 1 Anwendungsbereich

1.1 Gilt für Deponiebauwerke die ErsatzbaustoffV?

Nein. (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 c) ErsatzbaustoffV)

Für Deponiebauwerke gelten ausschließlich die Vorgaben der Deponieverordnung (Teil 3 der DepV), insbesondere Anhang 3.

1.2 Unterliegen die Vermischung und die Verwendung von Bodenmaterial mit Bodenbinder (Kalk-Zement) der ErsatzbaustoffV?

Die ErsatzbaustoffV gilt für hydraulisch gebundene Gemische einschließlich ihrer Ausgangs-, Zuschlags- und Zusatzstoffe, wenn die hergestellten Gemische in den Einbauweisen 1, 3 und 5 verwendet werden sollen. Dies sind jedoch Einbauweisen des Oberbaus. Bei diesen werden keine Bodenmaterialien verwendet.

Bei allen anderen Verwendungszwecken gelten für die Vermischung mit hydraulischen Bindemitteln oder Bodenverbesserungsmitteln (z. B. Kalk) die für den jeweiligen Verwendungszweck einschlägigen Vorgaben (z. B. FGSV-Merkblatt über Bodenbehandlungen mit Bindemitteln (M BmB)).

Mobile Mischanlagen für die Vermischung mit Bodenverbesserungsmitteln sind nach hiesiger Auffassung keine Aufbereitungsanlagen im Sinne des § 2 Nr. 5 der ErsatzbaustoffV (dieser nennt nur …sortiert, getrennt, zerkleinert, gesiebt, gereinigt, abgekühlt als Aufbereitungsschritte).

1.3 Welches Regelwerk gilt im Deichbau?

Für den Deichbau gilt die ErsatzbaustoffV nicht (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. f).

In der Begründung zur ErsatzbaustoffV wird ausgeführt: Dieser (Anm.: der Deichbau) richtet sich nach spezifischen Anforderungen und muss im Einzelfall beurteilt werden.

Für unbelastetes Bodenmaterial/Baggergut sind somit die "spezifischen Anforderungen" für den Deichbau anzuwenden, z. B. DWA 507-1 "Deiche an Fließgewässern".

Für belastetes Bodenmaterial/Baggergut können auf freiwilliger Basis die materiellen Anforderungen der ErsatzbaustoffV beantragt und angewandt werden, um den Einbau von Materialklassen > BM-0 zu ermöglichen. Im Hinblick auf den temporären Einstau von Deichen und Hochwasserrückhaltebecken wird empfohlen, den Einbau von belastetem Bodenmaterial/Baggergut auf ≤ BM-F1/BG-F1 zu beschränken.

Für die Zugabe von Bodenverbesserungsmitteln und hydraulischen Bindemitteln gelten auf Grund des Ausschlusses der ErsatzbaustoffV für Deichbaumaßnahmen alleinig die einschlägigen Lieferbedingungen, insbesondere die Vorgaben aus "Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau – ZTV E-StB 17" und dem FGSV-Merkblatt über Bodenbehandlungen mit Bindemitteln (M BmB) (Ausgabe 2021).

1.4 Unterliegen Ziegelwerke, welche Ziegelbruch für den Einsatz in technischen Bauwerken abgeben wollen, der ErsatzbaustoffV?

Grundsätzlich ja (vgl. § 2 Nr. 5 Teilsatz 2 und Nr. 32 ErsatzbaustoffV).

Für Ziegelmaterial existieren jedoch in der ErsatzbaustoffV keine Materialwerte und in der Folge auch nur die einheitliche Materialklasse "Ziegelmaterial" (vgl. Anlage 1, Tab. 1 i.V.m. Anlage 2, Tab. 4 ErsatzbaustoffV).

Materialuntersuchungen bzw. -einstufungen im Rahmen des Eignungsnachweises, der werkseigenen "Produktions"-Kontrolle oder der Fremdüberwachung sind deshalb weder bei Ziegelbruch noch bei rückgebauten Tondachziegeln möglich oder notwendig. Auch die im Rahmen des Eignungsnachweises in der Regel durchzuführende Betriebsbeurteilung ist bei Ziegelbruch nicht von Belang, da der Bruch nicht eigens hergestellt wird.

1.5 Wie sind der bayerische Verfüll-Leitfaden und die Ersatzbaustoffverordnung gegeneinander abzugrenzen?

Der bayerische Verfüll-Leitfaden regelt in Abweichung von den Vorgaben des § 8 BBodSchV für Bayern die fachlichen Anforderungen an die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen. Er gibt Vorgaben an die Standortparameter (z.B. Standortkategorie, Beurteilung der Tauglichkeit des Standortes) und stellt Anforderungen an die Eingangskontrollen, Betriebsorganisation, Grundwassermessstellen und die verschiedenen Überwachungsarten.

Die Ersatzbaustoffverordnung regelt dagegen bundeseinheitlich und rechtsverbindlich die Anforderungen an die Herstellung, die Gütesicherung, das Inverkehrbringen und den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke. Mineralische Ersatzbaustoffe sind u.a. Recycling-Baustoffe, Bodenmaterial, Baggergut, Gleisschotter und verschiedene Schlacken und Aschen.

1.6 Unterliegt die Verwertung von Ausbauasphalt der ErsatzbaustoffV?

Entsprechend dem Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. h) ErsatzbaustoffV gelten die Vorschriften der Ersatzbaustoffverordnung nicht für die Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe als Ausbauasphalt der Verwertungsklasse A im Anwendungsbereich der RuVA-StB 01 und der TL AG-STB. Dies bedeutet, dass Ausbauasphalt der Verwertungsklasse A, der zu Asphaltmischgut aufbereitet und wieder im Straßenbau eingesetzt wird, nicht dem Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung unterliegt.

Die Verwendung als Asphaltmischgut ist zunächst der im Sinne der Abfallhierarchie nach § 6 KrWG höherrangige und, soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar, der zu bevorzugende Entsorgungsweg.

Nur im nachgewiesenen Fall, dass eine höherrangige Behandlung in Asphaltmischanlagen nicht möglich ist, kann Ausbauasphalt als RC-Baustoff unter Beachtung der Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung verwertet werden.

Nach den Begriffsbestimmungen gemäß § 2 Nr. 29 ErsatzbaustoffV ist ein Recycling-Baustoff ein mineralischer Baustoff, der durch die Aufbereitung von mineralischen Abfällen hergestellt wird, die bei Baumaßnahmen, beispielsweise Rückbau, Abriss, Umbau, Ausbau, Neubau und Erhaltung angefallen sind.

Dazu gehört auch Ausbauasphalt, der bei Straßenbaumaßnahmen anfällt, im Asphaltbau nicht verwertet werden kann und die Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung erfüllt.

Werden die Anforderungen nach §§ 19 und 20 ErsatzbaustoffV eingehalten, bedürfen Einbaumaßnahmen keiner Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 des WHG (vgl. auch § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV). Anzeige- und Gestattungspflichten können sich jedoch aus anderen Rechtsbereichen, wie beispielsweise aus dem Landschafts- und Naturschutz ergeben. Parallel zur ErsatzbaustoffV sind weitere bautechnische Bestimmungen zu beachten.

1.7 Muss ein an der Baustelle beprobter Bauschutt, der stofflich unauffällig ist, eigentlich immer über eine Aufbereitungsanlage behandelt werden, um die Einstufung in eine Materialklasse (z.B. RC-1) zu bekommen und wieder in Verkehr gebracht werden zu können? Oder kann der Bauschutt – analog zu Bodenaushub – nicht auch direkt weiterverwendet werden?

Ein mineralischer Ersatzbaustoff (MEB) ist nach § 2 Nr. 1 ein mineralischer Baustoff, der

  1. als Abfall oder als Nebenprodukt
    1. in Aufbereitungsanlagen hergestellt wird oder
    2. bei Baumaßnahmen, beispielsweise Rückbau, Abriss, Umbau, Ausbau, Neubau und Erhaltung anfällt,
  2. unmittelbar oder nach Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt ist und
  3. unmittelbar oder nach Aufbereitung unter die in den Nummern 18 bis 33 bezeichneten Stoffe fällt;

    Pkt. c ist bei beabsichtigter unmittelbarer Verwendung von nicht aufbereitetem Bauschutt nicht gegeben (Nr. 29: Recycling-Baustoff: mineralischer Baustoff, der durch die Aufbereitung von mineralischen Abfällen hergestellt wird,…. Sowie Nr. 32: Ziegelmaterial: …und in einer Aufbereitungsanlage behandelten Abfällen…).

    Somit ist eine Aufbereitung (inkl. der von der ErsatzbaustoffV vorgegebenen Gütesicherung) notwendige Voraussetzung für die Deklaration eines mineralischen Ersatzbaustoffs als RC-Baustoff.

    Für den ausnahmsweisen Einsatz von nicht aufbereitetem Bauschutt ist insofern eine einzelfallspezifische Zulassung auf Grundlage des § 21 Abs. 3 ErsatzbaustoffV notwendig. Dabei ist unseres Erachtens u.a. neben der Einstufung in eine Materialklasse auch die Einhaltung der notwendigen bautechnischen Eigenschaften sowie die Einhaltung der für aufbereitete RC-Materialien zulässigen Störstoffanteile (u.a. Holz, Glas, Kunststoffe, Metalle) nachzuweisen und zu dokumentieren.

    Ein direkter Vergleich mit Bodenmaterial ist nicht möglich, da

    1. für nicht aufbereitetes RC-Material anders als für nicht aufbereitetes Bodenmaterial und Baggergut keine speziellen Regelungen in der ErsatzbaustoffV enthalten sind und
    2. Bodenmaterial anders als Bauschutt in vielen Fällen bereits ohne Aufbereitung bautechnisch für den Einbau in technische Bauwerke geeignet sein kann.

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