0 Allgemeine Fragen

0.1 In der ErsatzbaustoffV wird an vielen Stellen auf die zuständigen Behörden verwiesen. Welche sind das in Bayern?

Die Kreisverwaltungsbehörden sind für den Vollzug der ErsatzbaustoffV zuständig (§ 51i ZustV).

In folgenden Fällen kann die Kreisverwaltungsbehörde das Wasserwirtschaftsamt bei fachlichen Fragen beteiligen:

  • Beurteilung in Bezug auf eventuelle nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit und schädliche Bodenveränderungen bei nicht geregelten Stoffen oder Materialklassen (§ 21 Abs. 3 ErsatzbaustoffV).
  • für die Festlegung der Materialwerte in Fällen des § 21 Abs. 4, 5 ErsatzbaustoffV
  • fachliche Beurteilung der Grundwasserdeckschichten (§ 19 Abs. 8 ErsatzbaustoffV)

0.2 Wie ist der Stand zur gesetzlichen Regelung des Endes der Abfalleigenschaft von mineralischen Ersatzbaustoffen ("Produktstatus")?

Die Bundesregierung hat bisher nicht von der Ermächtigung in § 5 Abs. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft Gebrauch gemacht, auch nicht mit der ErsatzbaustoffV und deren 1. Novelle. Das BMUV hat lediglich angekündigt, Kriterien zur Festlegung des Endes der Abfalleigenschaft für mineralische Ersatzbaustoffe in einer eigenständigen Verordnung festschreiben zu wollen. Ziel sei es, das Rechtsetzungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode erfolgreich abzuschließen.

Grundsätzlich können Abfälle unabhängig davon bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG auch bereits aktuell das Ende der Abfalleigenschaft erreichen. In der seit 29.10.2020 geltenden Fassung hat § 5 Abs. 1 KrWG folgenden Wortlaut:

(1) Die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes endet, wenn dieser ein Recycling oder ein anderes Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass

  1. er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird,
  2. ein Markt für ihn oder eine Nachfrage nach ihm besteht,
  3. er alle für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt sowie
  4. seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt."

Liegen diese Voraussetzungen vor, dann endet die Abfalleigenschaft des Stoffes oder Gegenstandes grundsätzlich ohne weiteres; weder bedarf es dazu einer konkretisierenden rechtlichen Regelung noch einer behördlichen Feststellung oder Bestätigung. § 5 Abs. 1 KrWG ist insoweit eine unmittelbar anwendbare Rechtsvorschrift.

Zu den Voraussetzungen im Einzelnen:

  1. "Verwertungsverfahren"

    Erfasst sind alle Verwertungsverfahren im Sinne des § 3 Abs. 23 KrWG (Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, Verfahren der sonstigen Verwertung).

    Es wird lediglich das Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens vorausgesetzt. Dazu kann grundsätzlich jedes Verfahren der Verwertung genügen. Nicht vorausgesetzt ist dagegen der Abschluss des Verwertungsvorgangs insgesamt (wie z. B. die Herstellung eines Endprodukts oder der Einbau eines Baustoffs in ein Bauwerk). Entscheidend ist an die Anlehnung der Verwertungsdefinition ("Substitutionswirkung"), dass aus dem Abfall ein Ressourcen substituierender Nutzen gezogen wird (z. B. Durchlaufen eines Aufbereitungsverfahrens nach der ErsatzbaustoffV).

  2. "üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet"

    § 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG setzt eine konkrete Verwendungsabsicht und einen genau definierten Verwendungszweck voraus. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine gesicherte Prognose über die konkret geplante Verwendung. Sie ist zu plausibilisieren.

  3. "Markt oder Nachfrage vorhanden"

    Ein Markt ist vorhanden, wenn Angebot und Nachfrage zusammentreffen, sodass es zu einer Preisbildung kommen kann. Eine Nachfrage für einen Stoff oder Gegenstand liegt vor, wenn die Absicht besteht, diesen zu erwerben. Nur bereits bestehende Märkte oder Nachfragen können die Abfalleigenschaft entfallen lassen; Märkte oder Nachfragen, die erst geschaffen werden müssten oder könnten, sind nicht ausreichend. Ein positiver Marktpreis ist ein erhebliches Indiz für das Nichtvorliegen einer Abfalleigenschaft. Umgekehrt kann ein negativer Preis zwar die Vermutung für die fehlende Verkehrsfähigkeit des betreffenden Stoffes rechtfertigen. Diese Vermutung kann allerdings - z. B. durch verbindliche Abnahmeverträge - widerlegt werden.

  4. "Erfüllung der für den Zweck geltenden technischen Anforderungen, Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen"

    Maßgeblich sind dabei außenwirksame Rechtsnormen in Gesetzen, Verordnungen und öffentlichrechtlichen Satzungen. Auch bei den technischen Anforderungen muss es sich um rechtsverbindliche Anforderungen und Normen handeln. Verwaltungsvorschriften sind dann relevant, wenn sie normkonkretisierenden Charakter und damit Außenwirkung haben.

    Fehlen technische Anforderungen oder Normen, so steht dies dem Ende der Abfalleigenschaft grundsätzlich nicht entgegen. Die Gegenauffassung, mangels entsprechender technischer Normen sei ein Ende der Abfalleigenschaft per se ausgeschlossen, findet im Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KrWG keine Stütze. Jener setzt gerade nicht die Existenz und Erfüllung normierter Anforderungen voraus, sondern spricht von "allen … geltenden" Normen oder Bestimmungen. Maßgebend ist bei Fehlen "geltender" technischer Anforderungen oder Normen in materieller Hinsicht mithin alleine, ob die Anforderungen der Nr. 4 des § 5 Abs. 1 KrWG erfüllt sind und der Stoff bei seinem konkreten Einsatz zu keinen schädlichen Auswirkungen auf Menschen oder die Umwelt führt.

  5. "keine schädlichen Auswirkungen auf Menschen oder Umwelt"

    Ausgewiesenes Ziel der ErsatzbaustoffV ist, die bei Aufbereitung und Einbau von Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke zu beachtenden Anforderungen an den Schutz des Menschen sowie des Bodens und des Grundwassers auf Verordnungsebene rechtsverbindlich zu regeln. Soweit die Verordnung auf mineralische Ersatzbaustoffe Anwendung findet (nicht der Fall ist dies u.a. bei der Verwendung von Ersatzbaustoffen als Zuschlagstoffe für Bauprodukte wie Beton oder Ziegel), ist daher davon auszugehen, dass von diesen Ersatzbaustoffen keine schädlichen Auswirkungen auf Menschen oder Umwelt ausgehen, sofern sie gemäß den Vorgaben der Verordnung hergestellt und verwendet werden. Entscheidend ist dafür zum einen ihre korrekte Aufbereitung und Zuordnung zu den jeweiligen Materialklassen, zum anderen die Beifügung von entsprechenden Begleitdokumenten (Lieferscheine und verbindliche Anleitungen für den verordnungskonformen Einbau) bei ihrem Inverkehrbringen.

Bei Ersatzbaustoffen, die unter Einhaltung der Anforderungen der ErsatzbaustoffV hergestellt wurden und zusätzlich einem Qualitätssicherungssystem, wie beispielsweise dem QUBA-System der "Qualitätssicherung Sekundärbaustoffe GmbH" oder einem gleichwertigen System unterliegen, das die Einhaltung der verfahrens- und stoffbezogenen Kriterien des § 5 Abs. 1 KrWG gewährleistet, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass für diese Ersatzbaustoffe das Ende der Abfalleigenschaft erreicht ist. Sie können dementsprechend als Produkte eingestuft werden und unterfallen als solche nicht mehr dem Abfallrecht.

Die Entscheidung, einen Stoff oder Gegenstand unter Bezug auf § 5 Abs. 1 KrWG aus dem Regime des Abfallrechts zu entlassen und den aufbereiteten Ersatzbaustoff als Produkt in Verkehr zu bringen, obliegt allein dem jeweiligen Abfallbesitzer/-erzeuger bzw. Wirtschaftsbeteiligten, in der Regel also demjenigen, der die Aufbereitung des Materials vornimmt. Er ist insoweit in seinem unternehmerischen Handeln frei, trägt im Gegenzug aber auch das unternehmerische Risiko. Sollte es im Einzelfall Anlass geben, an dem Erreichen des Produktstatus zu zweifeln, so stehen den zuständigen Behörden weiterhin die einschlägigen abfall- und ordnungsrechtlichen Eingriffsbefugnisse zur Verfügung. Allerdings tragen in diesem Fall die Behörden die materielle Darlegungs- und Beweislast, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG nicht erfüllt sind.

0.3 Gibt es eine Liste von Aufbereitungsanlagen, welche ordnungsgemäße, d.h. entsprechend den Vorgaben der ErsatzbaustoffV hergestellte mineralische Ersatzbaustoffe liefern?

Aufbereitungsanlagen, für welche die Fremdüberwachung aufgrund von Mängeln in der Durchführung oder der Dokumentation der werkseigenen Produktionskontrolle eingestellt ist, müssen von der Überwachungsstelle der jeweils zuständigen Kreisverwaltungsbehörde mitgeteilt und von dieser auf ihrer Internetseite bekannt gegeben werden.

Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) veröffentlicht zudem eine Liste mit Firmen, welche güteüberwachte RC-Baustoffgemische für den Erdbau herstellen.

0.4 Ist für Bayern eine digitale Unterstützungssoftware für Verwender geplant?

Durch den UmweltAtlas Bayern stehen unter den Rubriken "Boden" und "Geologie" Daten u.v.a. zum Untergrund und zu Ausschlussflächen zur Verfügung.

Zur Bewertung des Einsatzes von mineralischen Ersatzbaustoffen steht die Webanwendung BEMEB (https://data-online-dev.geo.uni-tuebingen.de/), die vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen im Auftrag des Umweltbundesamtes entwickelt wurde, zur Verfügung.

0.5 Ist für güteüberwachte Ersatzbaustoffe auf dem Lieferschein ein Abfallschlüssel anzugeben?

Gemäß Anlage 7 der ErsatzbaustoffV "Muster Lieferschein" ist der jeweilige Abfallschlüssel anzugeben, wenn es sich um Abfälle handelt. Sofern die Baustoffe seitens des Wirtschaftsbeteiligten, der sie herstellt und/oder vertreibt, unter Bezug auf § 5 Abs. 1 KrWG als Produkt eingestuft und in Verkehr gebracht werden, unterfallen sie nicht mehr dem Abfallrecht und es ist infolgedessen auch kein Abfallschlüssel mehr anzugeben.

0.6 Darf Bodenmaterial und Baggergut der Materialklasse 0 ohne erneute Analysen auf einer Deponie beseitigt werden?

Bodenmaterial und Baggergut der Materialklasse 0 kann auf einer Deponie der Klasse 0 beseitigt werden, ohne dass hierfür eine erneute Untersuchung nach den Vorgaben der DepV notwendig ist (§ 6 Abs. 1a DepV). Vor einer Beseitigung auf einer Deponie ist jedoch zu prüfen, ob die Materialien wiederverwendet oder verwertet werden können (z. B. in technischen Bauwerken oder einer Verfüllgrube) (§ 6 KrWG und § 8 Abs. 1 Nr. 2a DepV). Das Ergebnis der Prüfung ist im LfU-Formblatt "Grundlegende Charakterisierung" darzulegen.

0.7 Wer stellt fest, ob ein Bodenersatzkörper technisch notwendig ist?

Für den Regelfall ist für die Verwertung mineralischer Ersatzbaustoffe keine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig (§ 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV). Somit muss die Prüfung, ob der geplante Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen auf die jeweilige Baumaßnahme bezogen technisch notwendig ist, im Rahmen der Baugenehmigung erfolgen. Anhaltspunkte für Regelmächtigkeiten der in der ErsatzbaustoffV geregelten Einbauweisen finden Sie im UBA-Text 26/2018 (Seite 196f, Tabelle 16). Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Angaben um Orientierungswerte handelt. Bei entsprechender Begründung können auch größere Schichtdicken (z. B. bei Lärmschutzwällen) notwendig und damit genehmigungsfähig sein.

0.8 Wie vermeidet man Mehrfach-Untersuchungen (Verfüll-Leitfaden vs. ErsatzbaustoffV) bei Bodenmaterial und Baggergut?

Sofern (bei der Ausschreibung) absehbar ist, dass eine Verwertung in einem technischen Bauwerk mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich ist (z. B. mangels geeigneter Maßnahmen oder auf Grund ungeeigneter bautechnischer Eigenschaften), empfiehlt es sich, die Untersuchung gemäß Verfüll-Leitfaden vorzunehmen bzw. auszuschreiben.

Sofern (bei der Ausschreibung) noch kein bestimmter Verwertungsweg absehbar ist bzw. der Verwertungsweg noch unsicher ist, kann es jedoch im Hinblick auf volle Flexibilität und Schnelligkeit bei der Verwertung auch sinnvoll sein, nach der Probenahme die Analytik für beide Verwertungswege vorzunehmen.

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