Schutz durch- und Umleiten: Deiche, Hochwasserschutzwände, mobile Hochwasserschutzsysteme, Flutmulden
Ein moderner Hochwasserschutz wird durch eine Kombination unterschiedlicher Strategien erzielt. Neben Vorkehrungen im Bereich Vermeidung und Vorsorge sowie Maßnahmen des natürlichen Rückhalts spielen technische Anlagen eine entscheidende Rolle. Beim Neubau technischer Hochwasserschutzanlagen werden heute überwiegend kombinierte Bauweisen des Durch- und Umleitens sowie des Zurückhaltens umgesetzt.
Während beim Durchleiten das Gewässer so verändert wird, dass mehr Wasser durchfließen kann bevor es zu Ausuferungen kommt, wird beim Umleiten ein Teil des Hochwassers in einer sogenannten Flutmulde umgeleitet. Da die bauliche Umsetzung der vorgenannten Schutzanlagen nicht überall gleichzeitig stattfinden kann, werden in sogenannten Basisstudien die Prioritäten, an welchen Gewässern Hochwasserschutzanlagen errichtet werden sollen, ermittelt und so die Reihenfolge für die zukünftigen Planungen festgelegt.
Umleitungen in Form von Flutmulden benötigen in der Regel viel Platz, der heute nur noch selten verfügbar ist. Daher kommen Flutmulden kaum noch zur Ausführung. Maßnahmen des Gewässerausbaus und linienförmige Hochwasserschutzanlagen erhöhen die Leistungsfähigkeit der Gewässer und verringern das Überflutungsrisiko (Durchleiten). Der Gewässerausbau erfolgt in der Regel durch Aufweitung des Gewässerbetts. Zu den linienförmigen Hochwasserschutzanlagen zählen Deiche, Hochwasserschutzwände und mobile Hochwasserschutzsysteme mit den zugeordneten Betriebsanlagen wie Schöpfwerke und Siele zur Binnenentwässerung sowie Verschlüsse zum Schließen von Lücken in Deich- oder Wandsystemen.
Jedes System hat seine individuellen Vor- und Nachteile. So benötigt ein Deich bei einem Hochwasser keinerlei Vorwarnzeit. Dafür erfordert er ausreichend viel Platz und kann Sichtachsen zerschneiden. Letzteres ist insbesondere in innerstädtischen Bereichen von Bedeutung. Demgegenüber sind mobile Hochwasserschutzelemente nur zu Hochwasserzeiten sichtbar und verursachen im Vergleich zu Deichen einen geringeren Flächenbedarf. Allerdings muss für die Sicherstellung des rechtzeitigen Aufbaus eine ausreichende Vorwarnzeit zur Verfügung stehen. Der Aufbau selbst erfordert einen hohen Personal- und Geräteeinsatz.. Ferner sind mobile Systeme anfälliger gegenüber außerplanmäßigen Belastungen, wie beispielsweise dem Anprall von Treibholz. Da der Einsatz mobiler Elemente im Vergleich zu ortsfesten Anlagen ein höheres Risiko birgt, gilt ein sogenanntes Minimierungsgebot. Es kommen daher überwiegend Kombinationen aus ortsfesten Anlagen (in der Regel Hochwasserschutzwände) und mobilen Elementen zur Anwendung. Typischer Einsatzbereich mobiler Elemente sind historische Innenstädte. Beispiele hierfür sind die Hochwasserschutzanlagen in Miltenberg, Bad Kissingen und Neuburg/Donau sowie der im Bau befindliche Hochwasserschutz für die Stadt Regensburg.
Die Fortschritte in der Konstruktion und Wirksamkeit mobiler und damit platzsparender Hochwasserschutzanlagen in den letzten Jahren haben dazu geführt, dass diese Form der Schutzanlagen, gerade in Innenstädten immer häufiger zur Anwendung kommt. Welche Möglichkeiten des technischen Hochwasserschutzes aufgrund der vorhandenen Rahmenbedingungen machbar, zweckmäßig und wirtschaftlich sind, muss jeweils im Einzelfall durch die zuständige Fachverwaltung erarbeitet werden. Die Realisierung vor Ort wird daraufhin mit den Bürgern diskutiert und in Abstimmung mit den Belangen von Städtebau, Denkmalschutz, Landschafts- und Naturschutz entschieden.