Arten- und Biotopschutzprogramm – kreisfreie Städte

In der Stadt steht im Vergleich zu den Landkreisen ein beschränkter Raum für eine Naturschutzplanung zur Verfügung. Auf diese Flächen wirkt zudem ein besonderer Nutzungsdruck, der von vielfältigen wirtschaftlichen Interessen, den Aufgaben der Stadtverwaltung sowie vom Erholungs- und Freizeitbedürfnis der Stadtbevölkerung geprägt ist.
Aufgrund dieser in allen bayerischen Städten herrschenden Bedingungen lässt sich die Erhaltung und Sicherung von Freiflächen im Stadtgebiet nicht ausschließlich mit Zielen des Arten- und Biotopschutzes begründen. Naturschutz in der Stadt muss deshalb verstärkt in einen gesamtökologischen Zusammenhang gebracht werden. Neben den klassischen Belangen des Arten- und Biotopschutzes werden im Stadt-ABSP deshalb die Themen abiotischer Ressourcenschutz mit den Schwerpunkten Boden, Wasser und Klima sowie Formen der naturnahen Erholungsnutzung behandelt und in einen Gesamtzusammenhang gestellt.

Grundlagen für die Erstellung eines Stadt-ABSP:

  • Stadtbiotopkartierung,
  • faunistische Kartierungen,
  • Nutzungs- und Strukturtypenkartierung
  • Erhebungen zu Boden, Wasser, Klima und Erholung
In den Textbänden des ABSP der kreisfreien Städte sind neben allgemeinen Grundlagen, Informationen zu Abiotischen Ressourcen, Arten und Lebensräumen, Naturnahe Erholung, Konflikte und Ökologische Raumeinheiten zu finden. Im Kartenteil finden sich Karten zu Bestand, Bewertung, Ziele und Maßnahmen, Naherholungspotenzial der Landschaft, Allgemein nutzbare Freiräume, Freiraumverbindungen, Ökologische Bodenfunktionen, Kontaminationsrisiko des Grundwassers, Stadtklima, Konflikte, Natur- und Stadträumliche Gliederung, Schutzgebiete, Landschafts- und Siedlungsentwicklung. Das Arten- und Biotopschutzprogramm der kreisfreien Städte besteht jeweils aus einem Textband und einem Kartenteil; Grafik: Luise Linderl

Abiotische Ressourcen: Boden, Wasser, Klima

Die Untersuchungsmethodik zu den Böden verläuft für bebaute und unbebaute Flächen unterschiedlich. Die bebauten Flächen werden dabei nach ihrem Grad der Versiegelung beurteilt. Je geringer die Versiegelung, desto eher können bodenökologische Funktionen erfüllt werden.

Für die unbebauten Flächen werden folgende ökologische Bodenfunktionen unterschieden:

  • Böden mit vorrangiger Arten- und Biotopschutzfunktion
  • mäßig trockene bis sehr trockene Böden, wechselfeuchte bis nasse Böden
  • Böden mit vorrangiger Wasserschutzfunktion
  • Böden im Überschwemmungsbereich von Talauen und/oder mit geringem Grundwasserflurabstand
  • Böden mit Ertrags- und Filterfunktion
  • Böden mit geringer bis guter Eignung als landwirtschaftliche Produktionsfläche

Von besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt ist die Qualität des Grund-und Oberflächenwassers als Grundlage für alle Lebewesen. Für den Schutz des Grundwassers spielt die Empfindlichkeit gegenüber Nähr- und Schadstoffeinträgen eine besondere Rolle (Kontaminationsrisiko). Das Kontaminationsrisiko wird von sehr gering bis sehr hoch in einer 5-stufigen Skala dargestellt:

Für das Stadtklima sind neben den Belastungsgebieten insbesondere die klimatischen Entlastungsgebiete von Bedeutung. Folgende Inhalte werden beim Stadtklima dargestellt:

  • Kaltluftentstehungsgebiete
  • Frischluftentstehungsgebiete
  • Grünanlagen mit lokaler Bedeutung für den klimatischen Ausgleich
  • Luftleitbahnen
  • Wärmebelastungsgebiete
  • Elemente mit Barrierewirkung

Arten und Lebensräume - Bestand, Bewertung, Ziele und Maßnahmen

Grundlage ist eine flächendeckende Struktur- und Nutzungstypenkartierung. Für die vollständige Erfassung der naturschutzrelevanten Lebensräume und Artvorkommen (ABSP-Objekte) wird der aktuelle Datenbestand ausgewertet, der aus nachfolgenden Daten besteht, ausgewertet:

  • Stadtbiotopkartierung
  • Artenschutzkartierung
  • Fachliche Gutachten, Diplomarbeiten
  • Pflege- und Entwicklungspläne, Gewässerpflegepläne etc.
  • Umweltverträglichkeitsstudien, Landschaftspflegerische Begleitpläne

Die Bewertung der ABSP-Objekte erfolgt in einer 4-stufigen Skala:

  • landesweit bedeutsam:
    Lebensräume mit bayernweiter Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz, zum Beispiel Vorkommen von in Bayern vom Aussterben bedrohten Pflanzen- oder Tierarten
  • überregional bedeutsam:
    Lebensräume mit für den Naturraum überdurchschnittlicher Ausstattung bzw. mit besonderen Vorkommen von in Bayern stark gefährdeten Tier- und Pflanzenarten
  • regional bedeutsam:
    für den Naturraum gut strukturierte Lebensräume zum Teil mit Vorkommen gefährdeter Arten
  • lokal bedeutsam:
    Lebensräume mit Trittsteinfunktion im Biotopverbund

Ziele werden flächendeckend für das gesamte Stadtgebiet formuliert und dargestellt. Neben flächenscharfen Zielaussagen sind insbesondere die Ziele für den linearen Biotopverbund von Bedeutung. Aussagen zum abiotischen Ressourcenschutz dienen als Grundlage für z.B. das Entwicklungspotenzial von Standorten zu Trocken- oder Feuchtlebensräumen.

Naturnahe Erholung

Bewertung in sich homogener Landschaftsräumehinsichtlich ihrer Erlebniswirksamkeit für Erholungssuchende. Im Vordergrund stehen dabei Kriterien wie Eigenart, Naturnähe und Vielfalt der Landschaft, die für naturnahe Erholung wie auch für den Arten- und Biotopschutz relevant sind. Beeinträchtigungen der Erholungseignung wie beispielsweise Lärmbelastung oder Hochspannungsleitungen werden dargestellt.

Bewertung in sich homogener Landschaftsräumehinsichtlich ihrer Erlebniswirksamkeit für Erholungssuchende. Im Vordergrund stehen dabei Kriterien wie Eigenart, Naturnähe und Vielfalt der Landschaft, die für naturnahe Erholung wie auch für den Arten- und Biotopschutz relevant sind. Beeinträchtigungen der Erholungseignung wie beispielsweise Lärmbelastung oder Hochspannungsleitungen werden dargestellt.

Allgemein nutzbare Freiräume liegen in Wohnungsnähe und sind daher für die Kurzzeiterholung geeignet. Am Ortsrand können auch Wälder oder Landschaftsräume mit mindestens mittlerem Naherholungspotenzial die Funktion von allgemein nutzbaren Freiräumen übernehmen. Um die Belange des Arten- und Biotopschutzes zu berücksichtigen, wird für den Bedarf an Freiräumen ein Minimum von 10 m2 Grünfläche pro Einwohner zu Grunde gelegt. Dieser erhöhte Richtwert soll die Entwicklung naturnaher Bereiche für den Arten- und Biotopschutz innerhalb ansonsten intensiv genutzter Erholungsflächen gewährleisten.

Die Nutzung von Erholungsflächen hängt in starkem Maße von ihrer Erreichbarkeit durch Fuß- und Radwege ab. Freiraumverbindungen können bei entsprechender Gestaltung eine wichtige Funktion als Grünachsen ausüben. Sie stellen dann einen bedeutenden Bestandteil eines Grundgerüsts für die Durchgrünung und den Biotopverbund im Siedlungsbereich dar.

Konflikte

In der Konfliktanalyse werden bestehende und geplante Nutzungen anhand der getroffenen Ziele und Vorgaben des Arten-und Biotopschutzes, des abiotischen Ressourcenschutzes sowie den Bedürfnissen der naturnahen Erholung überprüft.

Typische Konflikte sind beispielsweise:

  • hohe Versiegelung und mangelhafte Durchgrünung
  • geplante Bebauung auf empfindlichen Böden
  • Zerschneidung bzw. Beeinträchtigung hochwertiger Lebensräume durch Straßen
  • Barrierewirkung von Hauptverkehrsstraßen für Pflanzen und Tiere
  • Barrierewirkung durch Wehre, verrohrte Durchlässe, Längsverbauungen etc. an Flüssen und Bächen

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