Gebietseigene Gehölze
Gehölze, die sich in einem bestimmten Naturraum in vielen Generationsfolgen vermehrt haben, konnten sich optimal auf die regionalen Bedingungen des Klimas und der Umwelt einstellen. Sie können sich besser an wandelnde Umweltbedingungen anpassen als Pflanzen derselben Art anderer Gebiete.
Das bedeutet, dass sich die gleiche Gehölzart in verschiedenen Naturräumen spezialisiert hat und sie sich daher genetisch unterscheiden kann. Somit hat sich neben einer entsprechenden Artenvielfalt einzelner Regionen auch eine große innerartliche Vielfalt herausgebildet, die es zu schützen gilt. Diese hat auch Einfluss auf Lebensgemeinschaften anderer Organismen zum Beispiel Nektar sammelnde und bestäubende Insekten.
Das Bundesnaturschutzgesetz regelt seit 2008, dass in der freien Natur gebietseigene Gehölze gepflanzt werden sollen. Seit dem 02.03.2020 steht das Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur außerhalb ihrer Vorkommensgebiete unter Genehmigungsvorbehalt (§ 40 BNatSchG). Folglich dürfen in Bayern bei Bauvorhaben, der Neuanlage von Biotopen oder bei der Flurneuordnung nur noch Pflanzen verwendet werden, die aus Saatgut hervorgegangen sind, das in einem der sieben bayerischen Vorkommensgebiete gewonnen wurde.
Die Gebietsfestlegungen für Bayern erfolgten entsprechend der Empfehlungen des Leitfadens, der 2012 vom Bundesministerium für Umwelt, Gesundheit und Reaktorsicherheit herausgegeben wurde.
Aufgrund der erheblichen naturräumlichen Unterschiede wurden durch das LfU 7 Vorkommensgebiete, die bei der Umsetzung des § 40 BNatSchG in Bayern zu beachten sind, festgelegt:
- Vorkommensgebiet 3.0 "Südostdeutsches Hügel- und Bergland"
- 4.1 Westdeutsches Bergland, Spessart-Rhön-Region
- 4.2 Oberrheingraben
- 5.1 Süddeutsches Hügel- und Bergland, Fränkische Platten und Mittelfränkisches Becken
- 5.2 Schwäbische und Fränkische Alb
- 6.1 Alpenvorland
- 6.2 Alpen
Die Vorkommensgebiete für gebietseigene Gehölzbestände finden ausschließlich für Baumarten und Sträucher Anwendung, die nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegen. Für alle dem FoVG unterliegenden Baumarten erstreckt sich der Anwendungsbereich der forstlichen Herkunftsgebiete auch auf Pflanzenteile und Pflanzgut, die nicht für forstliche Zwecke bestimmt sind. Bei diesen Forstbaumarten sind zur Konkretisierung des Begriffs "gebietseigen" die Herkunftsgebiete nach der Forstvermehrungsgut-Herkunftgebietsverordnung (FoVHgH) zu verwenden.
Im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt wurden in ganz Bayern in den Jahren 2016/17 Erntebestände für 36 Gehölzarten kartiert. Bestände, die für eine Ernte von Saatgut infrage kommen, werden in das Register für gebietseigene Gehölze (GEG) eingetragen. In gleichem Maße wurden auch Erntebestände von Erzeugerverbänden auf Kriterien der Gebietseigenheit überprüft und bei einer positiven Entscheidung in das GEG überführt. Dieses Register ist ähnlich dem Erntezulassungsregister Forst (EZR), das für die Nachzucht von Waldbäumen gemäß Forstvermehrungsgutgesetz die Herkunftsnachweise dokumentiert. Beide Register sind technisch in der Internetplattform Erntezulassungsregister/Gebietseigene Gehölze abrufbar.
Diese Plattform wird gemeinsam mit anderen Bundesländern betrieben. Im GEG können nun die geeigneten Saatgutbestände beispielsweise von Baumschulen eingesehen werden, die spezielle Gehölze zur Beerntung suchen. Weiterhin können die Datensätze auch durch ausschreibende Behörden genutzt werden, um geliefertes Pflanzgut eindeutig einem Erntebestand zuzuordnen. Für den Zugang zu diesem Ernteregister ist eine einmalige Registrierung erforderlich. Zugangsberechtigt sind Behörden, die mit dem Thema befasst sind, sowie Baumschulen und Mitglieder von Erzeugerverbänden zu gebietseigenen Gehölzen.
Für die Aufzucht gebietseigener Gehölze ist nur Saatgut aus Erntebeständen zu verwenden, die von der bayerischen Naturschutzverwaltung anerkannt wurden. Diese Erntebestände werden ausschließlich im Ernteregister für gebietseigene Gehölze (GEG) geführt. Auch Erntebestände aus anderen Bundesländern, die von der zuständigen Naturschutzverwaltung anerkannt wurden, können bei überlappenden Vorkommensgebieten zur Produktion von gebietseigenem Pflanzgut genutzt werden. Diese Erntebestände werden den betroffenen Behörden separat mitgeteilt.
Bei der Wahl der Arten sollten ausschließlich Arten gewählt werden, die ihre Verbreitung in dem entsprechenden Vorkommensgebiet haben. Eine Übersicht zum Download erhalten Sie am Ende dieser Seite.
Endemische Baumarten mit nur sehr kleinem Verbreitungsgebiet wie beispielsweise Kleinarten der Mehlbeere (Sorbus aria) werden in der Regel als gebietseigenes Pflanzgut nicht berücksichtigt. Bei seltenen Baumarten wie Wildapfel (Malus sylvatica) oder Wildbirne (Pyrus pyraster) ist zu beachten, dass diese rein morphologisch nur sehr schwer von Kulturarten abzugrenzen sind und bei unbekannten Beständen eine genetische Untersuchung empfohlen wird.
Zertifizierung
Über eine Zertifizierung der Gehölze ist gewährleistet, dass der abnehmenden Hand ein verlässlicher Herkunftsnachweis vorliegt und damit Sicherheit geschaffen wird. In Bayern wurden mehrere Zertifizierungsunternehmen vom Bayerischen Staatsministerium für Entwicklung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) geprüft, ob sie die "Mindeststandards der Zertifizierung gebietseigener Gehölze in Bayern" einhalten. Die Anforderungen hierfür können unter folgendem Link eingesehen werden:
Um die einzelnen Zertifizierungssysteme untereinander besser vergleichen zu können wurde vom BMU bei der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) ein sogenanntes Fachmodul "Gebietseigene Gehölze" festgelegt, welcher als Grundlage für einen "Scope" zur Akkreditierung von Zertifizierungsstellen für Gehölze bzw. Gehölzsaatgut gebietseigener Herkunft dient:
Ab dem 31. Dezember 2020 gelten in Bayern die Maßstäbe des Fachmoduls "Gebietseigene Gehölze".
Ist die Zertifizierungsstelle nicht bei der DAkkS akkreditiert, muss nachgewiesen werden, dass die Durchführungsbestimmungen des Zertifizierungssystems/Zertifizierers den derzeit gültigen Mindeststandards der Zertifizierung gebietseigener Gehölze in Bayern entsprechen. Eine entsprechende Bestätigung erfolgt übergangsweise bis 31. Dezember 2021 durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Antworten zu häufig gestellten Fragen finden Sie hier:
Daten
Prüfschema mit Erläuterungen zum Herunterladen
- Ablaufschema zur Auswahl geeigneter Erntebestände - PDF
- Erläuterungen zum methodischen Ansatz bei Prüfung und Inventarisierung eines Fundgebietes gebietseigener Erntebestände - PDF
Zielarten zum Herunterladen
Shapes zum Herunterladen
- Ökologische Grundeinheiten (nach Forstvermehrungsgut-Herkunftsgebietsverordnung FoVHgVO 1994) im ESRI shape Format - ZIP
- Vorkommensgebiete gebietseigener Gehölze in Bayernim ESRI shape Format - ZIP
Karte der bayerischen Vorkommensgebiete zum Herunterladen
Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) hat Ausschreibungshinweise zur "Verwendung von Gehölzen und Saatgut gebietseigener Herkünfte in der freien Natur nach § 40 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)" veröffentlicht:
- Verwendung von Gehölzen und Saatgut gebietseigener Herkünfte in der freien Natur nach § 40 BNatSchG - PDF
- Erklärung der Baumschule und des Bieters zur Lieferung und Verwendung von gebietseigenen Pflanzen - PDF
Erntebestände nach FoVG mit zugeordneten VKG zur Verwendung in der freien Natur
Weiterführende Informationen
Links
- FIN-Web – FIS-Natur Online - Kartendienst zur Darstellung von Vorkommensgebieten
- Gebietseigene Gehölze
- Gebietseigene Gehölze – aktueller Stand
- Erzeugergemeinschaft für Autochthone Baumschulerzeugnisse in Bayern
- Baumschule Köppl
- Bund Deutscher Baumschulen – Servicegesellschaft mbH