Ökologie und Schutz der Pilze
1. Ökologie
Pilze sind in unserer Umwelt allgegenwärtig auch wenn man sie nicht immer sieht. Die ungeheure Vielfalt der Pilze, die über dem Boden, im Boden oder sogar innerhalb von Pflanzen leben, entzieht sich teilweise unseren Blicken, sie ist aber von wesentlicher Bedeutung für unsere Natur.
Da die Pilze seit Beginn der Vegetationsentwicklung vor ca. 350 Mio. Jahren in allen Ökosystemen eine wichtige Rolle einnehmen, haben sich auch entsprechende Bindungen an bestimmte Lebensräume entwickelt. Vergleichbar mit den Blütenpflanzen gibt es so zum Beispiel Arten, die intolerant gegenüber Stoffeinträgen sind.
Ein artenreicher Halbtrockenrasen, mit hunderten von Pflanzenarten wie zum Beispiel Enzian, Orchideen und vielen weiteren Zeigerarten für nährstoffarme Vegetationstypen enthält meist ein Vielfaches an Pilzarten.
Pilze tragen also mit ihrem Artenreichtum wesentlich zur Biodiversität (biologische Vielfalt) bei und spielen beim Ab- und Umbau organischer Substanzen auf verschiedene Weise eine wichtige Rolle. Sie wirken sowohl in saprotropher Form (Organismen, die tote organische Substanz als Nahrung nutzen), aber auch als Partner einer Symbiose (Zusammenleben von Lebewesen zu beiderseitigem Nutzen) im Stoffkreislauf mit.
Saprotrophe Pilzformen
Die sog. saprotrophen Pilze ernähren sich vorwiegend aus organischem Material, das beim Absterben von Organismen entsteht, vor allem von Pflanzen. Sie sind zusammen mit Tieren dafür verantwortlich, dass zum Beispiel Holz vollständig verrottet. Auf diese Wiese führen sie die Inhaltsstoffe von Pflanzen wie Phosphor und Stickstoff als Nährstoffe wieder dem Boden zu und tragen zur Humusbildung bei.
Pilze als Symbiose-Partner
Ebenso nehmen die symbiotischen Pilze eine wichtige Rolle ein. Das sind Pilze, die zum gemeinsamen Vorteil zusammen mit Pflanzen auftreten. Dazu gehören so bekannte Arten wie der Steinpilz oder der Pfifferling. Wie funktioniert eine solche Lebensgemeinschaft? Mykorrhizapilze entwickeln ein spezielles Mycel (Pilzgeflecht), das sich von außen eng an die Feinwurzeln ihrer pflanzlichen Partner, überwiegend Gehölze, anlegt (= "Ekto-Mykorrhiza"). Über diese Kontaktfläche tauschen beide nun wichtige (Nähr-) stoffe aus. Die Pflanze liefert Zucker aus ihrer Photosynthese, der Pilz Mineralstoffe und Wasser.
Die Abhängigkeit geht so weit, dass die Pflanze kümmert oder sogar abstirbt, wenn der pilzliche Partner fehlt. Das kann weitreichende Konsequenzen für unsere Wälder haben. Sie würden nachhaltig geschädigt, wenn Ektomykorrhizapilze aus irgendeinem Grund verschwänden, zum Beispiel durch Eintrag von Schadstoffen. Das "Waldsterben" geht wenigstens zum Teil darauf zurück. Wegen ihrer positiven Wirkung auf die Gehölzvitalität finden Ektomykorrhizapilze in der Forstwirtschaft und in Baumschulen zunehmend Verwendung.
Es gibt aber auch Endo-Mykorrhizapilze, sie leben innerhalb von Pflanzen, zum Beispiel in den Wurzeln und bilden dort die für die Symbiose notwendigen Strukturen. Sie sind mikroskopisch klein und mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Sie sind fast noch unentbehrlicher als die Ekto-Mykorrhizapilze, in der Landwirtschaft können sie als eine Art Dünger eingesetzt werden, allerdings steckt diese Anwendung noch in der Anfangsphase.
Manche Pilze, die man als sogenannte Pflanzenparasiten bezeichnet, töten sogar Pflanzen ab, wie zum Beispiel der Hallimasch.
Der Dunkle Hallimasch (Armillaria ostoyae) ist ein Parasit, mit seinen Rhizomorphen (Stränge aus tausenden Pilzhyphen, rechts) befällt und tötet er sogar lebende Bäume.; Foto rechte Seite: Heinrich Holzer
Pilze als Chemielabor
Pilze sind natürliche Chemielabors, sie produzieren eine scheinbar unendliche Vielfalt an Inhaltsstoffen, die zu einem großen Teil noch unbekannt sind. Antibiotika, die meist aus Schimmelpilzen gewonnen werden, sind ein geläufiges Beispiel.
Weniger bekannt ist, dass auch Großpilze pharmazeutische Bedeutung haben. So produziert zum Beispiel der Glänzende Schwarzborstling eine Substanz mit antibiotischer Wirkung.
In Asien werden vielen Pilzen heilende Wirkungen zugeschrieben, sogar bei Krebserkrankungen. Inzwischen gibt es klinische Studienergebnisse, die solche Erwartungen zu bestätigen scheinen. Weitere Untersuchungen werden zeigen, wo Pilze in der Medizin zukünftig weitere Verwendung finden können.
2. Schutz
Die Gefährdungsursachen für Pilze werden ausführlicher in der aktuellen Roten Liste gefährdeter Großpilze Bayerns diskutiert. Grundsätzlich ist eine artenreiche Pilzflora von einer möglichst strukturreichen und naturnahen Landschaft abhängig.
Ein guter Biotopschutz ist daher auch ein guter Pilzschutz. Für die Holzbewohnenden Pilze gilt das Gleiche wie für Tausende Käfer und Insektenarten. Je nach Lebensraum sind 20 bis 120 m3/ha in allen Substratstärken und Altersklassen notwendig, um uns die noch vorhandene Biodiversität zu erhalten. In Urwäldern können beispielsweise bis zu 400 m3/ha Totholz vorhanden sein. Dies ist bei uns allenfalls noch in nicht bewirtschafteten Gebieten möglich wie unseren Nationalparken, in Naturschutzgebieten und Naturwaldreservaten.
In naturnahen Waldökosystemen sind die Pilze als Stoffumwandler oft so artenreich und spezialisiert, dass einzelne Arten nur bestimmte Substrate und bestimmte Holzstärken besiedeln können. So wie zum Beispiel der Hirschkäfer auf alte Eichen zur Larvenentwicklung angewiesen ist, gibt es viele Pilzarten, die altes und mächtiges Eichenholz benötigen. Eine davon ist der in Bayern vom Aussterben bedrohte Eichenzungenporling.
In Buchenwäldern sind beispielsweise Arten und Gruppen wie der Zunderschwamm, ohne dessen Vorarbeit es keine Spechthöhlen in Bäumen gäbe, der Buchenstachelbart, der nur an absterbenden Stämmen von alten Buchen vorkommt oder verschiedene Korallen, die als Symbionten der Buche nur auf basenreicheren Böden wachsen, gute Naturnähezeiger und z.T. gefährdet.