Zwergmaus (Micromys minutus)
Die Zwergmaus (Micromys minutus) zählt mit einer Kopf-und Rumpfgröße von 5 bis 7 cm und einem Gewicht von 7 bis 12 g ebenso zu den kleinsten Nagetierarten Europas. Der etwa körperlange Schwanz befähigt die Zwergmaus zum Greifen und Festhalten. Ihr Fell ist am Rücken ockergelb bis braun und auf der Bauchunterseite weiß. Sie lebt als hochspezialisierte Art der höheren Vegetation in Verlandungszonen von Gewässern, in Feuchtgebieten mit Schilfbestand und Gewässerrändern mit hohen Grasbestand und Hochstaudenfluren. Als Sekundärbiotope nutzt sie auch Brachflächen und seltener Getreidefelder.
Als Kletterin hält sie sich vorwiegend in höherer Vegetation auf, hier baut sie auch ihre kugelförmigen Nester aus (Gras)Halmen in 20 cm bis 2 m Höhe in Schilfbeständen, Rohrglanzgras, Landreitgras, Mädesüß und anderen Gräsern und Stauden. Ihre schwer zu erfassende Lebensweise im Schilf beziehungsweise hohem Gras ist wohl der Grund, dass eine systematische Erfassung der Zwergmaus in Bayern bis zum jetzigen Zeitpunkt nie stattgefunden hat. Nachweise kommen deshalb oft nur durch Zufallsfunde der charakteristischen Nester zustande. Die Daten aus den Jahren 1990 bis 2004 (Kraft 2008, Mäuse und Spitzmäuse in Bayern) und Nestfunde in den Jahren danach zeigen, dass die Zwergmaus in Bayern nicht flächendeckend verbreitet ist.
Die erfassten Vorkommen lagen hauptsächlich im Flach- und Hügelland wie dem Maintal, dem Einzugsgebiet der Regnitz, dem Donautal oder dem Tertiärhügelland, aber auch im Landkreis Hof (hier liegt eine systematische Kleinsäugererhebung aus dem Zeitraum 1999 bis 2000 vor). Vereinzelte frühere Nachweise existieren auch aus dem Alpenvorland, in den Bayerischen Alpen wurde die Zwergmaus bis vor Kurzem erst einmal nachgewiesen. Neuere Untersuchungen mit Wildkameras haben jedoch ergeben, dass es auch im alpinen Raum und am Fuß der Alpen individuenreiche Populationen zu geben scheint, so wurden 2018 im Loisachachtal bei Oberau und im Murnauer Moos Zwergmäuse mit Wildkameras aufgenommen. Bei dem Nachweis auf der Fläche bei Oberau handelt es sich um den ersten Nachweis in der alpinen Region seit 1992.
2018/19 wurde untersucht, ob die systematische Suche nach Nestern der Zwergmaus im Winterhalbjahr eine geeignete Nachweismethode für die Zwergmaus darstellt und gleichzeitig Hinweise auf den Grad der Biotopvernetzung für diese Art in einem Landschaftsausschnitt geben könnte. Hierfür wurden drei potentielle Verbreitungsgebiete ausgewählt: Das Paartal südlich von Schrobenhausen, das Donautal bei Donauwörth sowie ein Gebiet in der Beckenlandschaft südlich des Ammersees bei Pähl. In den Untersuchungsgebieten wurden alle höheren Pflanzenstrukturen wie Hochstaudenfluren, Röhrichtbestände und Ränder von Feldgehölzen systematisch auf Nester hin abgesucht. In allen drei Untersuchungsgebieten wurden Zwergmausnester festgestellt, jedoch insgesamt nur auf fünf der 30 Probeflächen.
Die festgestellten Vorkommen der Zwergmaus beschränken sich auf Flächen mit einer hohen naturschutzfachlichen Wertigkeit, meist als Teil größerer Biotopkomplexe. In Strukturen zwischen agrarisch genutzten Flächen und auf Ackerbrachen konnten in dieser Studie keine Zwergmäuse nachgewiesen werden.
Bemerkenswert ist der Nachweise eines Zwergmausvorkommens bei Pähl. Dies ist der erste dokumentierte Nachweis der Zwergmaus im Landkreis Weilheim-Schongau. Als Nachweismethode stellte sich die Nestsuche durch den immensen Zeitaufwand als ungeeignet für ein großflächiges Monitoring heraus. Ein Großteil der Nester wird im Gelände in dichten Schilfbeständen vermutlich übersehen und nicht entdeckt. Viele tatsächliche Vorkommen der Zwergmaus werden damit nicht erfasst.
Aufgrund von Beeinträchtigungen beziehungsweise Zerstörung ihrer Lebensräume, den Feuchtgebieten, wird die Populationsentwicklung der Zwergmaus als rückläufig angesehen. Deshalb wurde sie in der Roten Liste Bayern 2017 als gefährdet eingestuft. Nach der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere Deutschlands 2020 ist sie deutschlandweit nicht gefährdet, aber in der Vorwarnstufe gelistet.