Kleinsäuger in Bayern
Zu den sogenannten Kleinsäugern werden unabhängig von ihrer eigentlichen taxonomischen Verwandtschaft alle Säugetiere der Ordnungen Nagetiere (Rodentia) und Insektenfresser (Insectivora) mit maximal 1 kg Körpergewicht zusammengefasst. Diese Artengruppen umfassen in Bayern Echte Mäuse (Gattungen Apodemus und Mus), Igel, Maulwurf, Spitzmäuse (Gattungen Crocidura, Neomys und Sorex), Wühlmäuse (Gattungen Arvicola, Chionomys, Microtus und Myodes), Hamster (Gattung Cricetus), Hörnchen (Gattung Sciurus), Birkenmäuse (Gattung Sicista) sowie die Bilche (Gattungen Dryomys, Eliomys, Glis und Muscardinus). 32 Arten der in Deutschland vorkommenden 35 Kleinsäugerarten kommen auch in Bayern vor. Einige besonders gefährdete Kleinsäugetiere kommen deutschlandweit sogar ausschließlich oder schwerpunktmäßig in Bayern vor, darunter Baumschläfer, Alpenspitzmaus und Waldbirkenmaus.
Kleinsäuger nehmen wichtige ökologische Funktionen ein. Die meisten Greifvogel- und Eulenarten ernähren sich zumindest zeitweise von Kleinsäugern, ebenso viele andere Vogelarten wie Reiher, Würger und Störche und zahlreiche Säugetiere wie Wildkatze, Fuchs und Marderartige (zum Beispiel Mauswiesel, Hermelin, Baummarder). Kleinsäugetiere prägen durch die Verbreitung von Pflanzensamen und Pilzsporen, durch das Anlegen von Bauten und Gängen und durch Fraß an Gräsern und Gehölzen ihren Lebensraum entscheidend. Einige Arten der Mäuse und Wühlmäuse zählen zu den häufigsten Säugetieren in Deutschland und können sehr hohe Populationsdichten von bis zu 1000 Individuen pro Hektar erreichen. Als Ernteschädlinge haben manchen Arten teils erheblichen Einfluss auf das menschliche Wirtschaften. Die Rötelmaus, die vor allem in Wäldern lebt, kann mit dem Puumalavirus, einem mitteleuropäischen Hantavirus, infiziert sein. Dieses kann sich insbesondere durch Kontakt mit Ausscheidungen auf den Menschen übertragen.
Zur Gruppe der Kleinsäuger zählen auch stark bedrohte Arten, für die Deutschland und Bayern eine besondere Verantwortung tragen. Zu dieser Gruppe zählen Garten- und Baumschläfer, Schabrackenspitzmaus und Sumpfspitzmaus, die Alpenwaldmaus, die Waldbirkenmaus und die Bayerische Kurzohrmaus.
Über die Verbreitung, Ökologie und Populationsentwicklung vieler Kleinsäugerarten in Bayern ist sehr wenig bekannt. Der Kenntnisstand bezüglich der Mäuse und Spitzmäuse verharrt überwiegend auf Daten vor 2003, die letzten systematischen Untersuchungen zur Verbreitung der Bilche in Bayern liegen noch weiter zurück.
Hierfür gibt es mehrere Ursachen: Kleinsäuger leben überwiegend im Verborgenen, sind meist nachtaktiv und fallen weder durch Gesang und Verhalten noch durch ein besonders attraktives Äußeres auf. Wer sie zu Gesicht bekommen möchte, muss ihnen mit Fallen nachstellen, ein mühsames und aufwendiges Unterfangen. Im Gegensatz zu anderen Artengruppen wie den Vögeln, Fledermäusen oder Fischen gab und gibt es abgesehen von seltenen Ausnahmen wie dem Pfarrer und Naturforscher Andreas Johannes Jäckel aus dem 19. Jahrhundert fast keine Fachleute und Wissenschaftler, die sich mit Kleinsäugern beschäftigen oder auf diesem Gebiet forschen. So hat sich der Kenntnisstand zu Kleinsäugern in Bayern seit der Veröffentlichung des "Kleinsäugeratlas" (Mäuse und Spitzmäuse in Bayern) 2008 durch Dr. Richard Kraft mit Ausnahme der Waldbirkenmaus nicht wesentlich verändert.
Weiterführende Informationen
Dokumente
- Jäckel, A. J.(1862b): Materialien zur bayerischen Fauna. Die Insekten fressenden Säugethiere. Insectivora. In: Correspondenz-Blatt des Zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Band 16, Nr. 9, 1862, S. 121–135.
- Jäckel, A. J.(1861a): Materialien zur bayerischen Fauna. Die Wühlmäuse. In: Correspondenz-Blatt des Zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Band 15, Nr. 7/8, 1861, S. 97–128.
- Jäckel, A. J.(1861b): Materialien zur bayerischen Fauna. Die ächten Mäuse. In: Correspondenz-Blatt des Zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. Band 15, Nr. 10/11, 1861, S. 145–157.
- Kraft, R. (2008): Mäuse und Spitzmäuse in Bayern. Ulmer.