Torffrei Gärtnern
Spätestens nach den Eisheiligen beginnt die neue Anpflanzsaison im Garten und in Balkonkästen. Damit die Blumen prächtig blühen und die Ernte ertragreich ausfällt, brauchen wir gute Erde – aus dem Gartencenter, Baumarkt oder Supermarkt.
Die erste Wahl beim Kauf "guter" Erde fällt oft auf Substrate mit hohem Torfanteil. Denn Torferde besitzt Eigenschaften, die Gartenböden in der Regel nicht aufweisen, wie etwa ein hohes Wasserhaltevermögen. Die Pflanzenerden besteht dabei größtenteils aus Hochmoortorf. Im deutschen Hobbygartenbau wird ca. 35% des in Deutschland produzierten Torfs eingesetzt. 55% gehen in den Erwerbsgartenbau, der restliche Anteil verteilt sich auf die Wellness- und Heilbranche sowie zur Aktivkohleproduktion. Für unser Klima und unsere Artenvielfalt bleibt das nicht ohne Folgen.
AMOORe – Torffrei für Klima und Umwelt
Moore zählen zu den wichtigsten Senken von Kohlenstoffdioxid (CO2). Obwohl Moore nur 3% der globalen Landfläche bedecken, ist in ihnen mehr CO2 gebunden als in allen Wäldern unserer Erde zusammen. Lange Zeit wurden Moore für den Abbau von Torfsubstraten und zur landwirtschaftlichen Nutzung entwässert.
In Bayern sind rund 226.000 Hektar Moor- und Anmoorböden erfasst. Allerdings sind mehr als 90% dieser Moorböden durch Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung stark beeinträchtigt. Aus entwässerten Mooren entweichen pro Hektar und Jahr in etwa die gleiche Menge an Treibhausgasen, wie zehn Autofahrten vom Nord- zum Südpol verursachen würden. Eine beträchtliche Summe an CO2-Ausstoß würde sich also mit einem reduzierten Einsatz von Torf im Garten einsparen. Allein durch den Abbau von Torf werden 7% der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen Deutschlands ausgestoßen.
Auch für die Biodiversität hat der hohe Einsatz von Torferde schwerwiegende Folgen. Moore sind wertvolle Lebensräume für zahlreiche, zum Teil sehr seltene oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Sobald Torf aus entwässerten Moorflächen gewonnen wird, werden diese Lebensräume oft unwiederbringlich zerstört.
Gärtnern ohne Torf | Gärtnern mit Torf |
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Schützt wertvolle Moore als einzigartige Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen | Zerstört dauerhaft wertvolle Moore |
Bewahrt die wichtigen Funktionen der Moore als CO2-Senke und Wasserspeicher | vermindert die wasserspeichernde Wirkung der Moorflächen und erschwert so den lokalen Hochwasserschutz |
Ist altbewährt und gilt als nachhaltige gärtnerische Praxis | Beschleunigt den Austrag klimaschädlicher Gase und trägt so direkt zur Klimaerwärmung bei |
Fördert eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft | ist für die Erfolge im heimischen Garten oder die Blütenpracht in Balkonkästen nicht erforderlich |
Mittlerweile wird in Deutschland nur noch in vergleichsweise geringen Mengen Torf abgebaut, da die Flächen hierzulande ausgeschöpft sind, ihre Nutzung sich verändert hat oder unter Naturschutz stehen. In Bayern ist der industrielle Torfabbau per Landtagsbeschluss bereits eingestellt. Dadurch verlagern sich die Torfproduktion und die damit verbundenen Umweltprobleme wegen des weiterhin hohen Bedarfs in andere Länder, wie etwa ins Baltikum oder nach Belarus.
Do MOORe – Torffrei zuhause
Gärtnern ohne Torf ist ein gelebtes Prinzip im naturnahen Gartenbau und altbewährte Tradition. Erst vor etwa 60 Jahren kam Torf im Gartenbau zum Einsatz. Davor war torffreies Gärtnern übliche Praxis. Als "bio" oder "torfreduziert" deklarierte Produkte enthalten oft noch einen hohen Torfanteil. Achten Sie deshalb beim Kauf auf die Bezeichnung "torffrei".
Vor allem nicht-heimische oder exotische (Topf-)Pflanzen mit hohem Pflegebedarf sind auf die Eigenschaften von Torferde angewiesen. Heimische Wildpflanzen sind dagegen an die regionalen und lokalen Bodenverhältnisse angepasst, da sie während der Evolution Strategien zum Überleben unter den hiesigen biologischen Bedingungen entwickelten. Je niedriger die Nährstoffverfügbarkeit im Boden, desto höher ist die Vielfalt an unterschiedlichen Pflanzenarten. Die folgenden Arten beispielsweise mögen magere Böden und können im Gartenbeet oder in den Balkonkasten gesetzt werden:
- Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare)
- Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris)
- Wilde Möhre (Daucus carota)
- Wiesen-Glockenblume (Campanula patula)
- Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare)
Expect MOORe – Torffreie Alternativen
Gärtnern ohne Torf ist praktizierter Klima-, Hochwasser-, Arten- und Naturschutz. Für Garten und Balkonkasten zuhause lassen sich dazu gute Alternativen verwenden. Kompostwerke, Gartencenter oder Baumärkte bieten inzwischen hochwertige torffreie Erden und alternative Substrate an.
Unter Beachtung einiger Aspekte ist torffreies Gärtnern einfach zu meistern. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Torferde zu ersetzen. Die folgenden Alternativsubstrate werden abhängig von der Substratart und den Ansprüchen der Pflanzen am besten in unterschiedlichen Mischverhältnissen genutzt, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Darin gesetzte Pflanzen bedürfen meistens etwas mehr Wasser und organischen Dünger.
Material: verrottete Garten- und Küchenabfälle
Nährstoffgehalt: relativ hoch (abhängig von Ausgangsmaterial und Kompostierungsprozess
pH-Wert: 6,6-8,3 (neutral bis basisch)
Gießbedarf: höher wegen geringerer Wasserspeicherfähigkeit als Torf
Geeignet für: Starkzehrer, nährstoffbedürftige Topfpflanzen, Balkonblumen, Stauden und Gehölze
Gut zu wissen: mit lockeren, luftdurchlässigen Substraten wie Holzfasern mischen; wer keinen eigenen Kompost hat, kann beim örtlichen Kompostwerk hochwertigen Kompost kaufen
Vorteile:
- selbst herstellbar
- ähnliche Pflanzenqualitäten wie mit Torf erzeugbar
Nachteile:
- schwer
- schwankende Eigenschaften je nach Ausgangsmaterial
Material: zerkleinerte und kompostierte Rinde (meist von Fichte oder Waldkiefer)
Nährstoffgehalt: hoch
pH-Wert: 4,0-7,0 (sauer bis neutral)
Gießbedarf: höher wegen geringerer Wasserspeicherfähigkeit als Torf; mehrere, dafür kleinere Wassergaben werden empfohlen
Geeignet für: Orchideen, langlebige Topfpflanzenkulturen mit dickfleischigen Wurzeln
Gut zu wissen: je nach Pflanzenart Kalkzugabe notwendig, mit anderen nährstoffarmen Substraten wie Ton mischen; nicht zu verwechseln mit Rindenmulch
Vorteile: gute Nährstoff- und pH-Pufferung sowie pH-Wert-Stabilisierung
Nachteile: schwer
Material: Restholz oder Hackschnitzel mit geringem Rindenanteil (hauptsächlich Nadelhölzer)
Nährstoffgehalt: niedrig
pH-Wert: 4,0-6,0 (sauer bis schwach sauer)
Gießbedarf: höher wegen geringerer Wasserspeicherfähigkeit als Torf; mehrere, dafür kleinere Wassergaben werden empfohlen
Geeignet für: Kulturen mit hohen Ansprüchen an eine gute Bodendurchlüftung, je nach Größe der Fasern unterschiedlich gut zur Auflockerung geeignet
Gut zu wissen: ideales Mischsubstrat für nährstoffreiche und schwere Substrate wie Kompost; auf ausreichende Stickstoffversorgung achten
Vorteile:
- regionale Ressource
- frei von pflanzenschädigenden Stoffen und Pflanzensamen
Nachteile:
- energieaufwändige Herstellung
- Stickstoffmangel möglich
Material: gewaschene, gepresste Schafwolle
Nährstoffgehalt: hoher Stickstoffgehalt, kein Phosphor
pH-Wert: 8,8-10,3 (basisch), durch geringe Masse aber nicht ausschlaggebend
Gießbedarf: bei gewaschener Wolle ähnliche Wasserspeicherfähigkeit wie Torf
Geeignet für: langstehende Kulturen, Starkzehrer und Balkonkisten; ungestörte Jungpflanzenentwicklung, da Stickstoff zeitverzögert freigesetzt wird
Gut zu wissen: unbehandelte Schafwolle als Vlies zum Düngen in Beeten verwendbar. Hierzu in Boden einarbeiten und anschließend gießen, sonst bedienen sich Vögel zum Nestbau an der Wolle.
Vorteile:
- nachhaltig
- regional verfügbar
Nachteile: enthält nahezu kein Phosphor
Material:
Material: verkohlter Grünschnitt unterschiedlicher Herkunft
Nährstoffgehalt: abhängig von Herstellung und Mischverhältnis
pH-Wert: eher hoch (abhängig von Herstellung)
Gießbedarf: abhängig von Ausgangsmaterial, Herstellungsverfahren und Mischkomponenten
Geeignet für: Zierpflanzen, Topfpflanzen, generelle Bodenverbesserung
Gut zu wissen: nur gemischt mit anderen Substraten erhältlich. Unterschiedliche Einsatzgebiete von EBC*-Pflanzenkohle, für den Garten nur EBC-Agro, EBC-AgroBio oder EBC-Urban (Zierpflanzen) einsetzen
Vorteile:
- Ersatz für Mineraldünger
- Ertragssteigerung
Nachteile:
- energieaufwändige Herstellung
- Qualität abhängig von Ausgangsmaterial
* European Biochar-Certificate (Europäisches Pflanzenkohle-Zertifikat)
Material: kultivierte Torfmoose von wiedervernässten Hochmoorflächen
Nährstoffgehalt: Niedrig
pH-Wert: 3,2-3,6 (sauer)
Gießbedarf: ähnliche Wasserspeicherfähigkeit wie bei Torf
Geeignet für: Topfpflanzen mit hohem Anspruch an luftdurchlässigem Substrat, Orchideen
Gut zu wissen: Torfmoosanbau ("Sphagnum farming") erfolgt als Paludikultur.
Vorteile: Wiedervernässung trockengelegter Moore
Nachteile:
- noch nicht überall erhältlich
- Material stammt oft noch aus Asien oder Südamerika
Good MOORning – Torffrei ab 2026
Für den Hobbygartenbau ist ein deutschlandweiter Ausstieg von torfhaltigen Substraten bis 2026 vorgesehen, für den Erwerbsgartenbau bis 2030. Nicht mehr lange also, um sich umzustellen. Probieren Sie also schon jetzt aus, welches Substrat das richtige für Sie ist!