Auswirkungen auf die Gewässerökologie

Gewässerlebewesen stellen oft sehr spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum. Ändern sich durch den Klimawandel die Umweltbedingungen im Gewässer (z.B. Wassertemperatur, Abfluss oder Nährstoffgehalt), wirkt sich dies auch auf die Arten und Lebensgemeinschaften aus.

Kurz gesagt

  • Der Klimawandel verändert die Lebensgemeinschaften in den Gewässern.
  • Die Gewässertypen und ihre spezifische Tier- und Pflanzenwelt reagieren unterschiedlich auf den Klimawandel.
  • Kälteliebende Arten gehen zurück und werden seltener, während wärmeliebende Arten profitieren und sich zunehmend ausbreiten. Zu den Gewinnern des Klimawandels zählen oftmals gebietsfremde Arten, die eine Bedrohung für heimische Tiere und Pflanzen darstellen. In Hitzeperioden geraten besonders Fische unter Dauerstress und werden anfälliger für Krankheiten.

Zum Weiterlesen

Diese Seite erläutert

  • wie der Klimawandel auf die Gewässerökologie wirkt,
  • wie wir die Veränderungen beobachten und welche Entwicklung wir zukünftig erwarten,
  • welche Maßnahmen es zum Schutz und zur Anpassung der Gewässerökologie gibt.

Detailliertere Informationen für Fachnutzer finden Sie in unseren Publikationen in der Seitenspalte oder am Ende der Seite unter "Weiterführende Informationen".

Wie wirkt der Klimawandel auf die Gewässerökologie?

Die steigende Lufttemperatur führt unter anderem zu einer Erwärmung der Gewässer. Zunehmende Wassertemperaturen und Veränderungen in der Niederschlagsverteilung beeinflussen die Menge und die chemischen Eigenschaften des Wassers. Wassertemperatur, -menge und -chemie wiederum steuern zahlreiche physikalisch-chemische und biologische Prozesse im Gewässer. Sie wirken damit direkt auf die Tiere und Pflanzen. Durch langanhaltende Trockenperioden gehen Lebensräume und Nahrungsgrundlagen verloren. Vor allem in trockenen und heißen Sommermonaten sind die Gewässer immer häufiger von Niedrigwasser geprägt. In Extremsituationen trocknen insbesondere kleine Bachläufe zeitweise gänzlich aus, Seeufer fallen zum Teil großflächig trocken.

Zusätzlich belasten zahlreiche Nutzungen durch den Menschen die Gewässer (anthropogene Einflüsse). Wasserentnahmen für die Landwirtschaft oder zur Bewässerung von Grünflächen lassen die Wasserstände weiter sinken. Einleitungen aus den kommunalen Kläranlagen und zu Kühlzwecken beeinträchtigen den Nährstoffgehalt und die Wassertemperatur der Gewässer. Detaillierte Informationen über die Zusammenhänge finden sich auf der Seite zur Gewässertemperatur.

Letztlich haben diese Veränderungen im Wasserhaushalt auch Auswirkungen auf die Pflanzen und Tiere: Es ist anzunehmen, dass sich die Lebensgemeinschaften von Gewässern durch den Klimawandel grundlegend ändern werden.

Temperatursensible Fließgewässerarten wie Bachforelle und Äsche weichen in die kühleren Gewässerbereiche der Oberläufe aus, wodurch sich ihr Lebensraum zunehmend verkleinert. Es ist davon auszugehen, dass kälteliebende Arten in ihrer Ausbreitung zurückgehen oder lokal aussterben. Wärmeliebende bzw. -temperaturtolerante Arten (z.B. Karpfenfische) hingegen breiten sich weiter aus oder wandern ein (gebietsfremde Arten, s. Kasten Neobiota). Durch die steigenden Wassertemperaturen ist mit einem stärkeren Wasserpflanzenwachstum vor allem in kleineren Fließgewässern zu rechnen. Insbesondere in Seen werden die Blaualgenblüten zunehmen. Weiterhin nimmt die Gefahr von Sauerstoffdefiziten in langsam fließenden Mittel- und Unterläufen sowie in Seen zu. Dies erhöht den ökologischen Stress für Fische und Wirbellose. Aber nicht jedes Gewässer reagiert in gleicher Weise auf die klimabedingten Veränderungen. In schnell fließenden (Gebirgs-)Bächen kommt es in der Regel nicht zu Sauerstoffmangel, da die höheren Strömungsgeschwindigkeiten für eine ausreichende Sauerstoffversorgung sorgen. Die möglichen Klimafolgen fallen in ihrer Ausprägung und Intensität je nach Gewässertyp unterschiedlich aus, was bei deren Betrachtung zu beachten ist. Ausführliche Informationen zu den klimabedingt möglichen Veränderungen in verschiedenen Gewässern und ihren Lebensgemeinschaften finden sich in den KLIWA-Literaturstudien und auf der KLIWA-Internetseite Gewässerökologie.

Neobiota

Neobiota sind Arten, die nach 1492 unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen eingewandert sind. Vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten treten in Deutschland viele neue Arten auf. Dies ist bei gewässerabhängigen Neobiota vor allem auf die Schifffahrt zurückzuführen. Als Paradebeispiel in Bayern gilt hier die Eröffnung des Main-Donau-Kanals, der einer Vielzahl von Arten die Ausbreitung vom Donausystem in das Rheinsystem ermöglichte. Viele Neobiota vertragen ein großes Spektrum bezüglich Temperatur, Eutrophierung und Versalzung. Sie kommen beispielsweise mit höheren Wassertemperaturen oft besser zurecht als viele unserer heimischen Arten und profitieren damit indirekt vom Klimawandel (siehe Link zu KLIWA-Projektberichten unten).

Beispiel:
Die Dreikantmuschel Dreissena polymorpha verbreitete sich ab dem 19. Jahrhundert und ist heute fast flächendeckend zu finden. Ihre Entwicklung zu Massenbeständen in einzelnen Gewässern kann konkurrenzschwächere, heimische Muschelarten verdrängen. Seit einigen Jahren ist eine weitere Dreikantmuschel aus dem Kaspischen Meer bis in die USA und in Ost- sowie Mitteleuropa eingewandert, Dreissena rostriformis bugensis. Wegen der Fähigkeit der Art, in großen Tiefen zu siedeln und sich rasant zu vermehren, stellt ihre Einwanderung in Seen eine gravierende Beeinträchtigung dar. Nach wenigen Jahren kann sie ein Gewässer komplett dominieren. Neben massiven ökologischen Folgen richtet sie großen wirtschaftlichen Schaden an, da sie Schiffsrümpfe besiedelt und technische Einrichtungen im Wasser zusetzt. Beispielsweise müssen Wasserversorger mittlerweile hohe Kosten aufwenden, um Rohrleitungen zur Trinkwasserversorgung aus dem Bodensee freizuhalten. Da auch mehrere große Schweizer Seen betroffen sind, haben einige Kantone der Schweiz eine Bootsreinigungspflicht eingeführt, um die weitere Verschleppung einzudämmen.

Wie lassen sich die Veränderungen beobachten und was erwarten wir zukünftig?

Welche gewässerökologischen Veränderungen infolge des Klimawandels bereits stattgefunden haben und welche in Zukunft möglich sind, dazu weiß man bisher nur wenig. Vielfach sind Datenreihen noch zu kurz, um Klimasignale in den Gewässerbiozönosen nachzuweisen. Es ist zudem oft nicht möglich, klimabedingte Veränderungen von anderen (menschlichen) Einflüssen zu trennen. Aus diesem Grund wurden in der Kooperation KLIWA zunächst Literaturstudien zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Fließgewässer und Seen veröffentlicht. Aus den Erkenntnissen wurden sowohl für Seen als auch für Fließgewässer Grundlagen für ein gewässerökologisches Klimafolgenmonitoring erarbeitet und ein Klimafolgenmessnetz aufgebaut. Mit den zukünftigen Untersuchungsergebnissen sollen die Gewässerentwicklung langfristig beobachtet und mögliche Klimaveränderungen erfasst werden.

Anpassung an die Klimafolgen zum Schutz der Gewässerökologie

Um auf negative Klimafolgen in unseren Flüssen und Seen reagieren zu können, müssen entsprechende Anpassungsstrategien entwickelt werden. Ziel ist es in erster Linie, die natürliche Widerstandsfähigkeit der Gewässerökosysteme zu stärken. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Beschattung der Fließgewässer. Diese kann zu deutlich niedrigeren Wassertemperaturen beitragen als sie in voll besonnten Gewässerabschnitten auftreten. Dadurch hilft sie den Gewässerorganismen, auch hohe Außentemperaturen im kühleren Wasser zu überstehen. Neben der Beschattung durch Galeriegehölze und Uferrandstreifen zeichnen sich naturnahe Fließgewässer insgesamt durch eine größere Strukturvielfalt aus. So können sogenannte Niedrigwasserrinnen auch bei sehr geringen Abflüssen noch Wasser führen, was den Gewässerorganismen ermöglicht, in günstigere Gewässerabschnitte zu wandern. In tiefen Kolken sammelt sich kühleres Wasser und bildet damit einen Rückzugsraum während Dürre- und Hitzeperioden. Von zentraler Bedeutung sind zudem die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer und die Anbindung von Zuflüssen, damit Gewässerorganismen in kritischen Phasen günstigere Bereiche bzw. geeignete Refugialräume aufsuchen können. Viele dieser Maßnahmen sind auch Bestandteil der Umsetzungskonzepte zur Wasserrahmenrichtlinie. Denn oft werden die durch die menschliche Nutzung hervorgerufenen Beeinträchtigungen unserer Gewässer durch die klimawandelbedingten Belastungen noch verstärkt.

Auch in Seen ist die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber den Veränderungen durch den Klimawandel von besonderer Bedeutung. Dazu gehört insbesondere die Reduzierung von Nährstoffeintragen. Diese verstärken sauerstoffzehrende Prozesse am Gewässergrund und können vor allem im Zusammenhang mit der immer stärker werdenden Erwärmung der Seen zu lebensfeindlichen Bereichen im See führen. Ebenso werden Algenblüten, insbesondere Blaualgenblüten, durch warmes und zugleich nährstoffreiches Wasser gefördert. Vermehrt auftretende Extremwasserstände erfordern den besonderen Schutz natürlicher Uferstrukturen, wie zum Beispiel der Röhrichte und Wasserpflanzenbestände, die als "Kinderstube" vielen Gewässerorganismen zur Sicherung der Fortpflanzung dienen. Die Stabilisierung des Wasserstandes, insbesondere in den abflussregulierten Seen kann hilfreich sein.

Neben der Stärkung der natürlichen Widerstandfähigkeit werden im Sinne des Vorsorgegedankens auch in wasserrechtlichen Verfahren zu Gewässernutzungen, beispielsweise Wärmeeinleitungen oder Wasserentnahmen, die beschriebenen Veränderungen durch den Klimawandel berücksichtigt. Bei Bedarf können so die für die Gewässernutzungen notwendigen Genehmigungsbescheide durch Auflagen auf ein für die Gewässerökologie verträgliches Maß beschränkt werden. Schließlich werden mit einem gewässerökologischen Klimafolgenmonitoring langfristige Daten an ausgewählten Referenzgewässern zu den Veränderungen durch den Klimawandel erhoben.

An Main und Donau wurden die Alarmpläne Gewässerökologie eingeführt.In Verbindung mit den kontinuierlich messenden Messstationen an Main und Donau wurden Schwellenwerte für Sauerstoff, Wassertemperatur und Abfluss definiert, um ökologisch kritische Zustände frühzeitig und repräsentativ zu erkennen. Damit werden die Kreisverwaltungsbehörden, Gewässernutzer und die Öffentlichkeit sensibilisiert, bei Bedarf können Maßnahmen zum Gewässerschutz ergriffen werden.

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