Auswirkungen auf den mittleren Abfluss und das Abflussregime
Die Wasserwirtschaft und die Gewässerökologie sind an eine bestimmte mittlere Abflussmenge eines Fließgewässers angepasst und dass im Jahresverlauf zu bestimmten Zeiten mehr und zu anderen Zeiten weniger Wasser zur Verfügung steht (=Abflussregime). Der Klimawandel kann beides verändern. Damit die Wasserwirtschaft weiß, worauf sie sich mit Blick auf den Klimawandel einstellen muss, wertet die Kooperation KLIWA das Abflussregime und seine Veränderungen aus.
Kurz gesagt
- Die durchschnittliche Abflussmenge verteilt sich ungleichmäßig über das Jahr. Dabei haben Pegel im Norden Bayerns einen anderen typischen Jahresverlauf als Pegel im Süden.
- Der Klimawandel kann die Abflussmengen und den Jahresgang verändern.
- Trends in den Abflussmengen zeigen auch immer den Einfluss der Wasserwirtschaft.
Zum Weiterlesen
Die Seite erläutert
- was man unter dem Abflussregime versteht,
- welche Veränderungen man bereits beobachtet,
- was man zur zukünftigen Entwicklung weiß.
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Was sind mittlerer Abfluss und Abflussregime?
Der mittlere Abfluss (MQ) beschreibt die Abflussmenge, die innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes (zum Beispiel Jahr oder Halbjahr) durchschnittlich an einem Pegel gemessen wurde. Dieser einzelne Wert sagt aber noch nichts darüber aus, welche Verteilung innerhalb des Jahres für diesen Pegel typisch ist. Dazu dient das sogenannte Abflussregime. Es trifft vereinfacht eine Aussage, zu welchen Zeiten Natur und wasserwirtschaftliche Nutzer mit viel Abfluss rechnen müssen und wann mit wenig. Oft ändert der Mensch diese Verteilung aber auch selbst indem er über Talsperren, Kanäle oder andere wasserbauliche Maßnahmen Wasser in bestimmten Zeiten zu- oder ableitet.
Das Klima, das Relief, die Vegetation und die hydrogeologischen Eigenheiten (z.B. Speichervermögen des Grundwasserleiters) des Gebietes bestimmen den natürlichen Verlauf des Abflussregimes in einem Fließgewässer. Die menschliche Nutzung kann den Verlauf zusätzlich beeinflussen.
Je nach Herkunft des Wassers sind in Bayern vereinfacht gesehen zwei Grundtypen des Abflussregimes vorherrschend.
Pluviales Regime: Die Gewässer werden überwiegend durch Regenwasser gespeist. In der warmen Jahreszeit spielt zudem die Höhe der Verdunstung eine Rolle – das Wasser das verdunstet, kann nicht in das Gewässer abfließen. Dadurch treten im Mittel hohe Abflüsse im Winter und zeitigem Frühjahr auf, niedrige Abflüsse dagegen im Spätsommer und Herbst.
In Bayern ist dieses Regime eher typisch für die nord- und mittelbayerischen Flüsse wie Main (siehe links), Saale, Regnitz oder Altmühl.
Nivales Regime: Für das Abflussverhalten ist hier das Vorhandensein einer großflächigen und regelmäßigen Schneedecke bestimmend. Der Niederschlag wird im Winter überwiegend in Form von Schnee angesammelt. Dadurch treten in dieser Jahreszeit die geringsten Abflüsse auf. Im Frühjahr und Frühsommer schmilzt der Schnee und fließt ab. Hinzu kommt dann die Wassermenge aus Niederschlag, entsprechend seiner jährlichen Verteilung. Zusammen führt dies zu einem Abflussmaximum in der Jahresmitte.
Typische Vertreter sind die südbayerischen Flüsse wie Iller, Isar und Inn (siehe links).
In der Realität kommen nicht nur die hier dargestellten Typen vor, häufig sind es auch Überlagerungen bzw. Mischformen derselben. Feinere Unterteilungen der Definition der Regimes ("komplexes Regime") ergeben sich daher aus dem Anteil der Grundtypen, der Anzahl der Abflussmaxima und –minima oder der Stärke der innerjährlichen Schwankungen.
Der Klimawandel kann das Abflussregime dadurch verändern, dass sich die Abflussmenge in einem Jahresabschnitt erhöht oder erniedrigt und damit möglicherweise auch den typischen Eintrittszeitpunkt der geringsten oder höchsten Abflussmenge verschiebt. Zum Beispiel kann eine höhere Temperatur im Winter bedeuten, dass Niederschläge eher als Regen denn als Schnee fallen. Dadurch steigt der Abfluss im Winter. Im Gegenzug sinkt der Abfluss im Frühjahr bzw. Sommer, denn das Wasser, das sonst als Schnee zwischengespeichert und jetzt erst freigesetzt worden wäre, ist bereits längst abgeflossen.
Welche Veränderungen beobachten wir?
Wie sich die mittleren Abflussmengen zwischen 1932 und 2015 verändert haben, untersuchte KLIWA in seinem aktuellen Monitoring-Bericht 2016 (Link dazu siehe unten) und berechnete dafür den linearen Trend des mittleren (Halb-)Jahresdurchflusses MQ. Anders als in diesem Bericht nimmt Bayern aber eine höhere und damit strengere Signifikanzgrenze von mindestens 90 %, um die Belastbarkeit zu bewerten. Infolgedessen weisen die hiesigen Analysen eine geringere Anzahl belastbarer Trends aus. Die berechneten Trends zeigen zudem immer sowohl den Einfluss des Klimas als auch den der wasserwirtschaftlichen Nutzung. Einen eindeutigen Zusammenhang zum Klimawandel kann man daher nur bedingt ableiten.
Die Ergebnisse für das Jahr, das Sommer- und Winterhalbjahr an 59 bayerischen Pegeln zeigen die folgenden Karten. Signifikante Trends, also belastbare Entwicklungen (bei einer Signifikanz von mindestens 90 %), erkennt man an farbigen Kreisen: Gelb bezeichnet geringere Abflussmengen, blau höhere.
Im hydrologischen Winterhalbjahr erkennt man an knapp 30 Prozent der 59 untersuchten Pegel einen signifikanten, also belastbaren Trend zur Zunahme der Abflussmengen. Hier könnte die Zunahme der Niederschlagsmengen im Winterhalbjahr eine Rolle spielen. Im hydrologischen Sommerhalbjahr fallen die Trends zur Abflussabnahme im Alpenvorland auf, während an nahezu allen anderen Pegeln keine Änderungen zu beobachten sind.
An zwei Pegeln der Regnitz und einem Main-Pegel sieht man im Sommerhalbjahr hingegen Zunahmen. Sie rühren vermutlich daher, dass seit der 1990er Jahren Wasser aus dem Donau- in das Maingebiet übergeleitet wird. Diese Trends geben also auch den wasserwirtschaftlichen Einfluss wieder.
Inwiefern mit den Trends eine Verschiebung der Abflussregimes an diesen Pegeln stattgefunden hat, wurde bisher nicht näher untersucht.
Was können wir für die Zukunft sagen?
Die zukünftige Abflussentwicklung ("Abflussprojektionen") in Bayern wird in KLIWA mit Hilfe von Wasserhaushaltsmodellen abgeschätzt. Derzeit erarbeitet das LfU, welche Abflussänderungen auf Grundlage der Klimaprojektionen des 5. IPCC-Berichtes mit seinen RCP-Szenarien zu erwarten sind. Eine Fertigstellung ist für Ende 2021 geplant. Aussagen auf Grundlage der SRES-A1B-Klimaprojektionen des 4. IPCC-Berichtes sind aber bereits möglich. Informationen zu den klimatischen Grundlagen und der Wasserhaushaltsmodellierung beschreiben die beiden folgenden Seiten und die unten angegebenen Links.
Methoden und Werkzeuge\Blick in die Zukunft:
Methoden und Werkzeuge\ Wasserhaushaltsmodellierung:
Die nachfolgende Karte zeigt beispielhaft die Veränderung des mittleren Abflusses im hydrologischen Winterhalbjahr bis Mitte des Jahrhunderts (2041 bis 2070) gegenüber dem Referenzzeitraum 1971 bis 2000 an 60 ausgewählten Pegel in Bayern. KLIWA stellt Zukunftsaussagen immer als Bandbreite (Minimum/ Maximum) für das aktuelle bayerische Ensemble an Abflussprojektionen dar. Der Median kennzeichnet dabei die Änderung, die in der Mitte des Ensembles liegt. Gelb-braune Kreise beschreiben Abnahmen an den Pegeln, blaue Kreise Zunahmen. Der Bereich zwischen -10% und +10% ist als "keine Änderung" definiert.
Im hydrologischen Winterhalbjahr (siehe Karte) zeigen sich für den Median leichte Zunahmen oder keine Änderungen der Abflussmengen. Im Minimum des Ensembles ergeben sich überall Abnahmen, im Maximum überall Zunahmen. Dies spiegelt die Bandbreite der betrachteten SRES-A1B-Abflussprojektionsensembles wieder. Im hydrologischen Sommerhalbjahr (keine Abbildung) ändert sich für 2041 bis 2070 im Median nördlich der Donau nichts, südlich der Donau nehmen die Abflussmengen ab. Die Unterschiede im Jahresgang werden dort also an einigen Pegeln größer. Auch hier ergeben sich im Minimum des Ensembles überall Abnahmen, im Maximum nördlich der Donau Zunahmen.
Vergleichbare Auswertungen gibt es auch für die Zeiträume 2021 bis 2050 und 2071 bis 2100. Dort finden sich auch die Karten zu den hier nicht bildlich dargestellten anderen Jahresabschnitten.