Zukunft des Wasserhaushalts - Datengrundlagen und Methoden
Will man wissen, auf welche durchschnittlichen Abfluss- oder Bodenwasserhaushaltsverhältnisse sich die Wasserwirtschaft in Zukunft einstellen muss, benötigt man die Hilfe von Wirkmodellen zum (Boden-)Wasserhaushalt. Sie werden mit meteorologischen Daten angetrieben und errechnen verschiedene hydrologische Kenngrößen. Mehr zu den Modellen findet sich auf der nebenstehenden Seite zur Wasserhaushaltsmodellierung.
Abflussprojektionen
Bedient man sich einer Klimaprojektion als meteorologischen Antrieb eines Wasserhaushaltsmodells, bezeichnet man das Ergebnis als "Abflussprojektion". Damit deren Aussagen belastbar sind, besteht der Weg dahin aus einem beständigen Wechsel zwischen Berechnungen und Prüfung der Ergebnisse. Das allgemeine Vorgehen dazu beschreibt der untenstehende Steckbrief "Wasserhaushaltsmodellierung mit Klimaprojektionen". Das Vorgehen bei Projektionen zur Wasserbilanz oder des Bodenwasserhaushalts mithilfe von Bodenwasserhaushaltsmodellen ist prinzipiell vergleichbar.
Ensembles – Darstellung und Zusammensetzung
Wie auch schon bei den Klimaprojektionen gilt auch für die Interpretation von Abflussprojektionen: "Eine ist keine", denn eine Projektion gibt nur eine von vielen möglichen Zukunftsentwicklungen wieder. Besser ist ein Ensemble, also ein Bündel von Projektionen. Die Kooperation KLIWA stellt Zukunftsaussagen daher möglichst als Bandbreite (Minimum/Median/Maximum) dar. Der Median kennzeichnet dabei zusätzlich die Änderung, die in der Mitte des Ensembles liegt: Die Änderungen von 50% der Projektionen liegen darüber, 50% darunter. Die blaue Fläche repräsentiert den gesamten abgedeckten Wertebereich.
Für den Abfluss besteht das Ensemble aktuell aus 11 Projektionen. Sie basieren auf den SRES-A1B-Klimaprojektionen des 4. IPCC-Berichtes. An den Abflussprojektionen auf Grundlage der RCP-Klimaprojektionen des 5. IPCC-Berichtes wird derzeit gearbeitet. Verwendet wird dabei das Bayerische Klimaprojektionsensemble ("Bayern-Ensemble"), das in einer eigenen Publikation näher beschrieben ist. Für spezielle Fragestellungen (unter anderem in der Bodenwasserhaushaltsmodellierung) nutzt man das "KLIWA-Ensemble". Dieses unterscheidet sich vom Bayern-Ensemble lediglich in einem Arbeitsschritt bei der weiteren Datenaufbereitung des Niederschlags für den Alpenraum. Die Ergebnisse beider Ensembles stimmen im Wesentlichen gut miteinander überein.
Mehr zum Thema Ensemble-Betrachtung erläutern die LfU-Klimaseiten.
Globalmodell | Member/Lauf | Regionalmodell | Auflösung |
---|---|---|---|
ECHAM5 | 3 | REMO | 25 km |
ECHAM5 | 1 | REMO | 10 km |
ECHAM5 | 2 | REMO | 10 km |
ECHAM5 | 1 | CCLM 4.8 | 7 km |
ECHAM5 | 2 | CCLM 4.8 | 7 km |
ECHAM5 | 3 | CCLM 4.8 | 7 km |
HADCM3Q3 | NA | RCA3 | 25 km |
ECHAM5 | 3 | RACMO2 | 25 km |
ECHAM5 | 1 | WETTREG2010 | 797 Stationen |
BCM | NA | RCA3 | 25 km |
HADCM3Q3 | NA | HADCM3Q3 | 25 km |
Globalmodell | Member/Lauf | Regionalmodell | Auflösung |
---|---|---|---|
ICHEC-EC-EARTH | 12 | CLMcom-CCLM4-8-17 | 12,5 km |
ICHEC-EC-EARTH | 12 | KNMI-RACMO22E | 12,5 km |
ICHEC-EC-EARTH | 12 | SMHI-RCA4 | 12,5 km |
ICHEC-EC-EARTH | 1 | KNMI-RACMO22E | 12,5 km |
MPI-M-MPI-ESM-LR | 1 | CLMcom-CCLM4-8-17 | 12,5 km |
MPI-M-MPI-ESM-LR | 1 | SMHI-RCA4 | 12,5 km |
MPI-M-MPI-ESM-LR | 1 | UHOH-WRF361H | 12,5 km |
MPI-M-MPI-ESM-LR | 1 | WETTREG-13 | 12,5 km |
MIROC-MIROC5 | 1 | CLMcom-CCLM4-8-17 | 12,5 km |
MOHC-HadGEM2-ES | 1 | UHOH-WRF361H | 12,5 km |
MOHC-HadGEM2-ES | 1 | WETTREG-13 | 12,5 km |
Zeiträume und Änderungen
Die gängigen hydrologischen Kennwerte, die zur Beschreibung des mittleren Zustands und der Entwicklung der Vergangenheit dienen, werden auch für die Zukunft berechnet (siehe Steckbrief "Hydrologische Kennwerte"). Dabei gibt man keine absoluten Zahlenwerte direkt aus der Abflussprojektion an, sondern ermittelt die Änderung des jeweiligen Kennwerts in einem Zukunftszeitraum gegenüber einem festen Referenzzeitraum. Wie auch bei den sonstigen Klimabetrachtungen am LfU sind die üblichen Zukunftszeiträume 2021 bis 2050 (nahe Zukunft), 2041 bis 2070 (mittlere Zukunft) und 2071 bis 2100 (ferne Zukunft). Der übliche Referenzzeitraum ist 1971 bis 2000. Obwohl unsere jetzige Gegenwart bereits relativ weit davon entfernt ist, verschiebt man den Referenzzeitraum nicht mit. Nur so lassen sich Ergebnisse vergleichen und ein Wandel nachweisen.
Änderungen können als absoluter oder als relativer Wert angegeben werden (siehe Rechenbeispiel). Diese Änderung muss immer zwischen Referenz- und Zukunftszeitraum der Abflussprojektion berechnet werden. Das hat folgenden Grund: Modelle können die gemessene Vergangenheit nur bestmöglich annähern, aber selten exakt wiedergeben. Damit unterscheiden sich der modellierte und der aus Messungen berechnete Wert im Referenzzeitraum zwangsläufig meist etwas voneinander. Würde man eine Änderung direkt gegenüber dem Messwert berechnen, würde sie auch die Abweichung durch das Modell enthalten. Legitim ist aber, einen relativen Änderungswert mit dem Wert der gemessenen Vergangenheit zu verrechnen, um zu "übersetzen", was diese Änderung bedeuten würde. Das ist unter anderem wichtig, wenn darauf Anpassungsmaßnahmen aufbauen, wie z.B. Hochwasserschutzanlagen.
Rechenbeispiel
An einem Beispielpegel hat eine Abflussprojektion im Referenzzeitraum einen mittleren Abfluss MQ von 50 m3/s und im Zukunftszeitraum einen MQ von 60 m3/s. Das entspricht einer absoluten Änderung von +10 m3/s und einer relativen Änderung von +20%.
Der aus Messwerten berechnete MQ liegt bei 55m3/s. Eine relative Änderung von +20% bedeutet somit einen zukünftigen MQ von 66m3/s.
[Hinweis: Der Unterschied zwischen Messung und Modell ist hier aus darstellerischen Gründen sehr groß gewählt. Üblicherweise sind die Abweichungen geringer.]
Um zu beurteilen, ob eine berechnete Änderung auch tatsächlich ein echtes Änderungssignal darstellt, wird der Bereich zwischen -10% und +10% vereinfacht als "Mittlerer Schwankungsbereich der Vergangenheit" definiert. Diese Schwankungen ergeben sich einerseits natürlich durch die Klimavariabilität und die Reaktion des Abflusses darauf, andererseits durch wasserwirtschaftliche Einflüsse. Erst wenn sich die zukünftige Änderung eines Abflusskennwerts aus diesem Schwankungsbereich heraus bewegt, geht man davon aus, dass es sich um ein echtes Änderungssignal handelt.