Messprogramme
Die von der Wasserwirtschaftsverwaltung regelmäßig durchgeführten biologischen und chemisch-physikalischen Untersuchungen zur Gewässerqualität der Seen dienen der Beurteilung der Qualität der Seen als ganzheitliches Ökosystem und deren langfristige Entwicklung.
Die ökologische Bewertung beruht auf biologischen Untersuchungen, unterstützt wird sie durch die Erhebung allgemeiner chemisch-physikalischer und hydromorphologischer Kriterien, wie sie bereits seit langem im wasserwirtschaftlichen Seenmonitoring Verwendung finden. Die Bewertung dieser Kriterien ermöglicht Aussagen über die allgemeinen Lebensbedingungen für Organismen in Seen. Bei der Untersuchung chemischer Parameter kann nur eine aktuelle chemische Situation im See bestimmt werden. Beim Monitoring der Biologie, wie Arten und Anzahl der Wasserpflanzen (Makrophyten), können auch andere Belastungen erfasst werden, zum Beispiel chemische Belastungen, die schon nicht mehr messbar sind.
Die regelmäßige Beobachtung (Monitoring) dient als Grundlage für eventuell notwendige Maßnahmenprogramme. Diese ermöglichen die Erreichung des Ziels der EG-Wasserrahmenrichtlinie, den guten ökologischen und chemischen Zustand. Die EU-Gesetzgebung wird damit umgesetzt.
Nach der Einteilung in unterschiedliche Überwachungskategorien erfolgt eine Zuordnung in entsprechende Messnetze mit den dazugehörigen biologischen und chemischen Messprogrammen, von denen hier die der WRRL-Messnetze beschrieben sind. Weitere regionale Messnetze liegen in der Verantwortung der Regierungen und Wasserwirtschaftsämter.
Zur Umsetzung der WRRL werden für die entsprechenden WRRL-Messnetzte, die aktuell 49 bayerische Seen >0,5 km2 beinhalten (Stand 2019), biologische und chemische Messprogramme durchgeführt und entsprechend den Anforderungen der Oberflächengewässerverordnung (OGewV), welche die WRRL in deutsches Recht umsetzt, untersucht.
Die Probenahme für die chemischen und biologischen Messprogramme erfolgen in der Regel im selben Untersuchungsjahr in einem bestimmten Turnus.
Biologische Messprogramme
- Phytoplankton (Qualitativ, Quantitativ, Chlorophyll a)
- Makrophyten und Phytobenthos
- Fische
- Makrozoobenthos
- Zooplankton
Phytoplankton
Das Phytoplankton stellt einen wesentlichen Anteil der Primärproduzenten eines Sees dar und ist damit auch ein Maß für die Nährstoffbelastung des Freiwassers (Pelagial).
Monatlich werden Phytoplanktonproben mit einem geeigneten Wasserschöpfer an der tiefsten Stelle bei Seen mit der Seetiefe tiefer als 21 m von 0 bis 20 m und bei Flachseen (<21 m) von 0 bis 1 m über Grund von den Wasserwirtschaftsämtern entnommen.
Zur Ermittlung des ökologischen Zustands oder Potenzials (bei erheblich veränderten oder künstlichen Seen) wird die Artenzusammensetzung und die Menge des Phytoplanktons untersucht, wobei die planktischen Diatomeen (im Wasser lebende Kieselalgen) in den süddeutschen Gewässertypen besondere Berücksichtigung finden. Außerdem werden als chemische Messgrößen das Chlorophyll a und die Phaeopigmente untersucht und in die Bewertung einbezogen.
Makrophyten und Phytobenthos
Makrophyten und benthische Diatomeen (am Boden lebende Kieselalgen) werden zusätzlich einmal im Jahr an ausgewählten repräsentativen Ufertransekten bestimmt.
Die Probenahme der benthischen Diatomeen sowie die Kartierung der Makrophyten wird nach der Arbeitsanleitung "Handlungsanweisung" für die ökologische Bewertung von Seen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie "Makrophyten und Phytobenthos" durchgeführt.
Makrozoobenthos
Die Probenahme erfolgt durch Spezialisten im Eulithoral (Brandungszone, 50 bis 100 m parallel zur Uferzone) im Frühjahr (Anfang Februar bis Ende Mai) vor dem Schlupf der merolimnischen Insekten. Mit dieser Biokomponente können Belastungen durch die Uferstruktur, wie Bebauung oder Eintrag von Sedimenten, erfasst werden.
Es wird das bundesweite Verfahren AESHNA genutzt, das jedoch aktuell (Stand 2019) von den Bundesländern noch getestet und plausibilisiert wird.
Fische
Über die Artenzusammensetzung, Häufigkeiten und Altersstruktur können Aussagen zum ökologischen Zustand und damit indirekt auch zu Belastungen eines Sees gemacht werden. Diese Daten werden vom Institut für Fischerei (IFI) der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) erhoben.
Zooplankton
Zooplankton spielt eine zentrale Rolle in der Nahrungskette eines Sees. Zum einen bildet es eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Fischarten, zum anderen übt es starken Fraßdruck auf das Phytoplankton aus. Dies kann zum fast vollständigen Zusammenbruch der Phytoplanktonentwicklung führen, dem sogenannten Klarwasserstadium. Kenntnisse über die Zusammensetzung und Biomasse des Zooplanktons erlauben beispielsweise Rückschlüsse auf den Einfluss des Fischbestandes und in Kombination mit der Phytoplanktonbewertung eine umfassendere Beurteilung von Seen.
Deshalb werden zusätzlich zu den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie zum Beispiel für Aussagen zur Funktionsfähigkeit des ökologischen Nahrungsnetzes, Zooplanktonproben monatlich mit Hilfe eines Netzes entnommen.
Chemische Messprogramme
- Basis Chemie
- Anorganische Schadstoffe: Metalle
- Organische Schadstoffe: Pflanzenschutzmittel
- Weitere zu Klimafolgemonitoring, Versauerung und Radioaktivität
Die Entnahme von Einzelproben für die physikalisch-chemischen Messprogramme wird monatlich mit einem geeigneten Wasserschöpfer nach einem vorgegebenen Tiefenraster durchgeführt.
Die Bewertung des chemischen Zustands nach WRRL geschieht über die Messung von Konzentrationen relevanter organischer und anorganischer Schadstoffe, die in Stofflisten vorgegeben sind. Diese Stoffe sind zu untersuchen, wenn sie in die Einzugsgebiete der Oberflächengewässer eingeleitet oder eingetragen werden, was in Seen möglicherweise über die Luft (zum Beispiel Quecksilber) oder Zuläufe (zum Beispiel Pflanzenschutzmittel) geschehen kann. Zu den ausgewählten Schadstoffen gibt es europaweit festgelegte Grenzwerte, die in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) angegeben sind und nicht überschritten werden dürfen. zum Beispiel gilt für Nitrat ein Grenzwert von 50 mg/l, den es einzuhalten gilt. Für andere Parameter wie die Sichttiefe oder Phosphor gelten Orientierungswerte. Das sind Grenzbereiche, die für jeden Seetyp extra festgelegt sind.
Für den chemischen Zustand gibt es zwei Klassen. Wenn die Normen eingehalten sind, ist der Zustand „gut“, sonst „nicht gut“. Der „gute chemische Zustand“ als Umweltziel gilt sowohl für „natürliche“ als auch für „künstliche“ und „erheblich veränderte“ Gewässer. Bei Überschreitungen müssen Maßnahmen ergriffen werden, um eine Verringerung der Belastung zu erreichen.
Basis Chemie
Sowohl zur Unterstützung der ökologischen Bewertung für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie als auch für die weiteren Bewertungen werden physikalische Kenngrößen und chemische Stoffkonzentrationen herangezogen.
Im Messprogramm Basis Chemie werden Messgrößen bestimmt, die einen Überblick über die Nährstoffsituation und den allgemeinen chemisch-physikalischen Zustand eines Sees erlauben. Neben den Nährstoffen werden die wichtigsten Anionen und Kationen gemessen. Die Ergebnisse können zur Verifizierung und Interpretation biologischer Ergebnisse dienen. Hier sind beispielhaft einige Messgrößen in der Tabelle dargestellt.
Messgrößen | Einheit |
---|---|
Sichttiefe (Secchischeibe) | cm |
Wassertemperatur | °C |
Sauerstoff gelöst | mg/l |
Sauerstoffsättigung | % |
pH-Wert | - |
Elektrische Leitfähigkeit | µS/cm |
Phosphor-gesamt | mg/l |
o-Phosphat-P | mg/l |
Nitrat-N | mg/l |
Ammonium-N | mg/l |
Chlorophyll a | µg/l |
Kieselsäure (SiO2) | mg/l |
Chlorid | mg/l |
Calcium gelöst | mg/l |
Anorganische Schadstoffe: Metalle
Einige Metalle, zum Beispiel Quecksilber oder Selen, zählen zu den prioritären bzw. flussebietsspezifischen Schadstoffen, die laut OGewV bei der Bewertung des chemischen und ökologischen Zustands berücksichtigt werden müssen. Zur Bewertung des chemischen (prioritäre Stoffe) und ökologischen (flussgebietsspezifische Stoffe) Zustands werden die Befunde mit den Umweltqualitätsnormen (UQN) gemäß OGewV verglichen. Zum Teil werden die Metalle auch in Biota, also in Fischen oder Muscheln, bestimmt. Auch das Wasser von relevanten Zuläufen der Seen wird teilweise mit untersucht.
Organische Schadstoffe: Pflanzenschutzmittel
Auch einige Pflanzenschutzmittel zählen zu den prioritären oder zu den flussgebietsspezifischen Schadstoffen. Untersucht werden eine ganze Reihe von Pflanzenschutzmitteln der Listen aus der OGewV, u. A. Terbutylazin und Cybutryn, aber auch zusätzliche Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat. Wie auch bei den Metallen werden zur Bewertung des chemischen (prioritäre Stoffe) und ökologischen (flussgebietsspezifische Stoffe) Zustands die Befunde mit den Umweltqualitätsnormen (UQN) gemäß OGewV verglichen. Auch hier wird das Wasser von relevanten Zuläufen der Seen zum Teil mit untersucht.
Sonstige Messprogramme
Im Klimafolgemonitoring sollen in ausgewählten bayerischen Seen lange Datenreihen zu Parametern wie Temperatur erhoben werden, um Aussagen treffen zu können wie sich der Klimawandel auf unsere Seen auswirkt. Untersucht werden zum Beispiel der Ammersee (seit 2013), aber auch kleinere Gebirgsseen (seit 2016), die mit Datenloggern ausgestattet wurden.
Als weiteres Messnetz dient das Landesmessnetz Versauerung der Ermittlung des Versauerungszustandes in Gebieten, die durch sauren Regen belastet sind oder waren. Dabei werden biologische Untersuchungen des Phytoplanktons und des Zooplanktons sowie eine chemische Untersuchung der Kationen, Anionen und Nährstoffgehalte durchgeführt.
Untersuchungen zur Radioaktivität werden innerhalb des IMIS (Integriertes Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität) an ca. 20 bayerischen Seen durchgeführt.