Biologische Gewässerqualität der Seen

Durch die Einführung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) im Jahr 2000 wurde zur Beurteilung des ökologischen Zustands bzw. Potenzials eines Gewässers ein neuer Bewertungsansatz vereinbart. Er bezieht alle für einen See relevanten Organismengruppen ein. Dafür wurden entsprechende biologische Bewertungsverfahren entwickelt, die in einer fünfstufigen Skala (sehr gut bis schlecht) Auskunft über den Zustand des Gewässers geben. Die schlechteste Komponente gibt dabei den Ausschlag (worst case). Für Seen werden Phytoplankton, Makrophyten und Phytobenthos als eine zusammengehörende Komponente, sowie Makrozoobenthos an den natürlichen Seen des Überblicksmessnetzes bewertet. Im Folgenden wird jedoch auf die beiden zuletzt genannten Biokomponenten nicht eingegangen, da die Bewertung für das Makrozoobenthos noch nicht abschließend geklärt ist und die Fischbewertung in der Zuständigkeit des Instituts für Fischerei liegt.

Für die Erhebungen ist immer der Witterungsverlauf des jeweiligen Untersuchungsjahres zu beachten. Große Hitze, wie sie im betrachteten Jahr 2023 vorlag, fördert das Auftreten von Algenblüten und beschleunigt die Pflanzentwicklung. Zudem verstärkt sich die Schichtung: Die oberflächliche warme Schicht, das Epilimnion, wird früher im Jahr ausgebildet, wird wärmer und mächtiger und kühlt im Herbst später ab. Sämtliche physikalische und chemische Prozesse, vor allem der Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt des Sees, werden dadurch verändert.

In vier der 2023 untersuchten Seen wurde eine Algenblüte festgestellt (Altmühlsee, Kleiner Brombachsee, Rachelsee, Abtsdorfer See), das ist jedoch trotz der hohen Temperaturen keine ungewöhnlich große Zahl.

Im Staffelsee trat im Oktober 2023 ein Fischsterben auf, das laut Untersuchungsbericht des LfU (Ref.73), höchstwahrscheinlich mit der ungewöhnlich lang anhaltenden Schichtung des Wasserkörpers zusammenhing. Sauerstoffmangel unterhalb von 7,5 Meter Wassertiefe sowie gleichzeitig hohe Wassertemperaturen in den oberen Wasserschichten wirkten sich auf die an das kalte Tiefenwasser adaptierten Renken sehr ungünstig aus.

Ökoregion Mittelgebirge

2023 wurde im Rahmen des Monitorings für die Europäische Wasserrahmenrichtlinie in der Ökoregion Mittelgebirge unter anderem der Altmühlsee biologisch untersucht. Neben dem Phytoplankton, das an der tiefsten Stelle des Sees entnommen wird, wurden auch die Makrophyten und benthischen Algen (Phytobenthos) im Uferbereich kartiert. Zum Vergleich kann im Umweltatlas Bayern die Bewertung mit Stand des 3. Bewirtschaftungsplans nach WRRL eingesehen werden:

Der Altmühlsee ist ein polytropher Mittelgebirgssee und bildet große Algenbiomassen, die durch die geringe Wassertiefe, die starke sommerliche Erwärmung und den regulierten Abfluss ohne Hochwasserereignisse begünstigt werden. Im Jahresmittel lag das Gesamtbiovolumen bei 12,5 mm3 pro Liter. Dies war höher als in den Vorjahren und etwa das 16fache des Biovolumens im Alpsee bei Schwangau. Im August und Oktober traten Maxima mit über 20 mm3 pro Liter auf.

In Abbildung 1 ist das Biovolumen von verschiedenen Algengruppen im Jahresverlauf kumulativ aufgetragen.

Gestapelte Flächengrafik mit den Biovolumina der verschiedenen Algenklassen der in 2023 im Altmühlsee untersuchten Phytoplanktonproben. Auffällige Entwicklungen werden im Text beschrieben. Abbildung 1: Das Phytoplankton des Altmühlsees in einer gestapelten, flächigen Darstellung. Jede Algenklasse ist mit dem jeweiligen Biovolumen am Probenahmetag dargestellt (Centrales, Pennales, Chlorococcales, Chrysophyceae, Cryptophyceae, Desmidiales, Cyanobacteria, Dinophyceae, Haptophyceae, Sonstiges Phytoplankton)

Wie für nährstoffreiche Seen typisch wird die Zusammensetzung des Phytoplanktons von fädigen Blaualgen (Cyanobakterien) dominiert. Im Sommer herrschte wie in den Vorjahren Aphanizomenon flos-aquae (Nostocales) vor, deren Einzelfäden aneinanderhaften und dadurch als Flockenbündel auch mit bloßem Auge sichtbar sind. Die ausgeprägte Herbstblüte bildete Planktothrix agardhii, eine andere Indikatorart der Blaualgen (Oscillatoriales), die im Altmühlsee bisher unbedeutend war, mit Ausnahme Herbst 2015. Neben diesen dominanten Blaualgen beherbergt der Altmühlsee ein artenreiches Plankton mit über 120 verschiedenen Taxa, darunter der Neophyt Cylindrospermopsis raciborskii. Die nadelförmige Pennales Fragilaria saxoplanctonica wurde im April als eine für den See neue Kieselalgenart erfasst. Chrysophyceen und die panzertragenden Dinophyceen bildeten geringe Biomassen, und nur der Chrysoflagellat Mallomonas mit langen Stacheln war im Mai von Bedeutung.

Der ökologische Zustand des Phytoplanktons im Altmühlsees wird als künstlicher polymiktischer Mittelgebirgsseen mit relativ großem Einzugsgebiet nach PP-Typ 6.3 bewertet. Für das Jahr 2023 wurde ein "unbefriedigender" Zustand ermittelt, während 2020 noch der "mäßige" Zustand aufgrund geringerer Algenbiomassen ermittelt wurde.

Für die Biokomponente Makrophyten und Phytobenthos bietet der Altmühlsee nur unzureichend geeignete Voraussetzungen. Starke Wassertrübung, bedingt durch große Phytoplankton-Biomassen, erzeugt geringe Lichteindringtiefen. Dadurch wird das Vorkommen der untergetaucht wachsenden Wasserpflanzen beeinträchtigt. An weiten Uferstrecken sind keine Wasserpflanzen zu finden, die Vegetation wird fast ausschließlich von stellenweise vorkommenden Röhrichtpflanzen gebildet. Die seit 2017 ansteigende Menge an untergetauchten Wasserpflanzen ließ auf eine Verbesserung des ökologischen Zustandes schließen, der Trend konnte jedoch in 2023 nicht bestätigt werden, die Mengen waren stark rückläufig. Aufgrund dieses geringen Vorkommens kann keine gesicherte Bewertung durchgeführt werden.

Von den in 2023 vorkommenden Makrophytenarten gehören 14 zu den Röhrichtpflanzen (siehe Abbildung 2). Zwei weitere Arten, die untergetaucht wachsen, wurden an einem Uferabschnitt in 0,5m Tiefe gefunden.

Die auf dem Substrat aufwachsenden Kieselalgen (Diatomeen) weisen im Altmühlsee auch im Jahr 2023 eine schwer bewertbare Gesellschaft auf. Viele Arten ohne spezielle Ansprüche an eine ökologische Nische, sogenannte tolerante Arten, erschweren Rückschlüsse auf die Ökologie des Gewässers. Eine gesicherte Bewertung nach EG-WRRL konnte mit dieser Organismengruppe zuletzt 2017 durchgeführt werden. Von sieben Proben im Jahr 2023 waren lediglich vier bewertbar und wiesen mäßige bis unbefriedigende Zustände auf.

Ökoregion Alpen bzw. Alpenvorland

In den Ökoregionen Alpen bzw. Alpenvorland wurde im Jahr 2023 unter anderem der Alpsee bei Schwangau nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie untersucht. Auch hier stehen die Biokomponenten Phytoplankton sowie Makrophyten und Phytobenthos im Fokus. Auf diesen See wird im Folgenden etwas genauer eingegangen. Zum Vergleich kann im Umweltatlas Bayern die Bewertung mit Stand des 3. Bewirtschaftungsplans nach WRRL eingesehen werden:

Der Alpsee bei Schwangau ist ein oligotropher See, das heißt, dass seine Algenbiomassen sehr gering sind. Die Biomasse wird indirekt als Chlorophyll a-Konzentration und direkt als Biovolumen am Mikroskop für die Algenarten und -klassen aus einer Mischprobe aus der gesamten Wassersäule gemessen. Die Algen im Alpsee bei Schwangau bildeten ein Gesamtbiovolumen von 0,7mm3 pro Liter und im Mai mit 1,5mm3 pro Liter ein Maximum, die sogenannte Frühjahrsalgenblüte. In Abbildung 3 ist das Biovolumen von verschiedenen Algengruppen im Jahresverlauf kumulativ aufgetragen, sodass sich als Summe das Gesamtbiovolumen die obere Linie ergibt.

Gestapelte Flächengraphik mit den Biovolumina der verschiedenen Algenklassen der in 2023 im Alpsee bei Schwangau untersuchten Phytoplanktonproben. Auffällige Entwicklungen werden im Text beschrieben. Abbildung 3: Das Phytoplankton des Alpsees in einer gestapelten, flächigen Darstellung. Jede Algenklasse ist mit dem jeweiligen Biovolumen am Probenahmetag dargestellt (Centrales, Pennales, Chlorococcales, Chrysophyceae, Cryptophyceae, Oscillatoriales, Dinophyceae, Haptophyceae, Sonstiges Phytoplankton)

Wie für Alpenseen typisch wird die Zusammensetzung von centrischen Diatomeen und im Alpsee insbesondere von der kleinzelligen Cyclotella costei dominiert. Der Alpsee beherbergt auch die seltene Kieselalge Cyclotella bodanica, die unter oligotrophen Bedingungen wächst. Weiterhin kommen oligotraphente Arten der gehäusebildenden Chrysophyceen und der panzertragenden Dinophyceen vor. Diese Arten können durch Flagellen aktiv schwimmen und sich in Wassertiefen mit optimalen Lichtbedingungen ansammeln. Das geringe Vorkommen von Chlorococcales (Teil der Grünalgen) sowie Cryptophyceen (Schlundalgen) entspricht dem Referenzzustand für Alpenseen und ist positiv zu werten. Insgesamt wurden 47 Phytoplanktonarten erfasst, darunter eine extrem lange, nadelförmige Pennales, die seit 2014 neu beschrieben ist: Fragilaria schroeteri bildet gerade, schmale Kieselschalen und bei Längen über 0,380mm ist sie unverwechselbar. In bayerischen Seen wurde sie seit 2020 neben dem Alpsee bei Schwangau auch unter anderem im Ammersee, Obersee, Kochelsee, Chiemsee und Walchensee in Planktonproben erfasst.

Gegenüber den Vorjahren ist insbesondere im Herbst ein leicht vermehrtes Vorkommen der Blaualge Planktothrix rubescens zu beobachten (im Mittel 0,04mm3/l). Da jedoch P. rubescens natürlicherweise in zahlreichen nährstoffarmen Seen vorkommt, ist diese fädige Blaualge kein Indikator für eine Verschlechterung. Erst bei einem massiven Vorkommen mit einem Biovolumen größer als 0,15mm3/l im Saisonmittel wären Blaualgen in der Bewertung der Algenklassenzusammensetzung relevant.

Der ökologische Zustand des Phytoplanktons im Alpsee bei Schwangau wird als Alpensee nach PP-Typ 4 als "sehr gut" bewertet, was den Vorjahren entspricht.

Der Alpsee bei Schwangau ist einer der Seen in Bayern mit dem klarsten Wasser, was man an der Tiefenverbreitung der Makrophyten erkennen kann. Durch die hohe Transparenz des Wassers kann das zur Photosynthese und damit zum Pflanzenwachstum benötigte Sonnenlicht bis weit in die Tiefe vordringen. Dies ermöglicht den Wasserpflanzen, den See bis in große Wassertiefen zu besiedeln. Die in 2023 ermittelten 17,3m Verbreitungstiefe der Makrophyten stellt einen im Jahresvergleich eher geringen Wert dar. In den vorherigen Untersuchungen wurden auch Werte bis zu 23m ermittelt. Solche Werte erreicht in Bayern kein anderer See.

Insgesamt wurden im See zehn untergetaucht wachsende Makrophytenarten gefunden, davon werden sechs Arten den sogenannten Armleuchteralgen (Characeen) zugeordnet. Die Armleuchteralgen dominieren die Vegetation des Sees, da sie aufgrund ihrer Anatomie besser an höhere Wassertiefen angepasst sind als andere Wasserpflanzen. Zudem kommen sie mit sehr geringen Nährstoffgehalten aus, wie sie in diesem Seetyp natürlicherweise auftreten. Eine der untersuchten Probestelle ist vegetationsfrei, auf der Felswand, die dort das Ufer bildet, können Wasserpflanzen nicht wachsen.

Vier Characeenarten und zwei höhere Makrophytenarten des Sees sind laut der Roten Liste Deutschlands als "stark gefährdet" eingestuft, zwei Characeenarten als "gefährdet" und eine als "extrem selten".

Aufgrund der umgebenden Berge und der Steilufer sind weite Flächen unbewachsen (siehe Abbildung 4).

Die Daten zu benthischen Diatomeen aus dem Jahr 2023 liegen noch nicht vor. Zuletzt konnten in der Kieselalgengesellschaft des Sees 39 Arten nachgewiesen werden, die in der Roten Liste in verschiedenen Gefährdungsstufen aufgeführt werden. Sie machen an den einzelnen Probestellen bis zu 30% des Vorkommens aus.

Der Ökologische Zustand der Teilbiokomponente Makrophyten und Phytobenthos kann für den Alpsee bei Schwangau momentan nicht berechnet werden, da das Bewertungsverfahren überarbeitet wird. Zuletzt konnte die Vegetation im Jahr 2017 bewertet werden. Für die Makrophyten wurden an allen Transekten sehr gute Zustände ermittelt, die Diatomeen zeigten an einer Stelle mäßige, sonst durchwegs gute und sehr gute Zustände an. Für den ganzen See zeigt die Vegetation einen sehr guten Zustand an.

Teilen