Gewässerentwicklung
Das Wasserhaushaltsgesetz in Verbindung mit dem Bayer. Wassergesetz verpflichtet die am Gewässer Handelnden zu einer ökologisch orientierten Pflege, zur nachhaltigen Entwicklung sowie zum nachhaltigen Hochwasserschutz (zum Beispiel Wasserrückhalt in der Fläche, natürliche Überschwemmung von Auen, Zurücklegen von Deichen). Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verstärkt diese Anforderung in ihren Zielsetzungen, den "guten Zustand" bzw. das "gute ökologische Potential" zu erreichen.
Das zentrale Problem: Fast drei Viertel aller bayerischen Fließgewässer sind in den letzten 200 Jahren für unterschiedliche Nutzungen ausgebaut, begradigt, aufgestaut oder in ihrem Lauf festgelegt worden. Daraus ergaben sich folgende Veränderungen:
- Einschränkung hydromorphologischer Prozesse,
- Absenkung des Grundwasserspiegels,
- Verlust an Retentionsräumen,
- Verringerung gewässer- und auetypischer Strukturen und Lebensräume,
- Rückgang der Biodiversität in den Gewässerlandschaften.
Viele Flüsse und Bäche können ihren Gewässerlauf nicht mehr natürlich entwickeln, weil die natürliche Laufverlagerung und das Ausufern des Hochwassers in die Aue (= natürliches Überschwemmungsgebiete) unterbunden sind. Damit ist das Wechselspiel von Abtrag und Anlandung mit der stetigen Erneuerung gewässer- und auentypischer Strukturen (zum Beispiel Prall- und Gleitufer, Kolke, Weichholzauen) entsprechend eingeschränkt.
Im Vergleich zu früheren Eingriffen in die Gewässer hat dementsprechend seit etwa Mitte der 70er Jahre ein Umdenken stattgefunden: Wo immer möglich, sollen Flüsse und Bäche wieder frei fließen, Hochwasserschutz soll sich sich auf bestehende Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen konzentrieren. Die Funktionen der Gewässer im Naturhaushalt wie zum Beispiel Lebensraum, Retentionsraum, Ausbreitungs- und Vernetzungsband sollen erhalten sowie an ausgebauten Gewässern wiederhergestellt werden.
Gewässerentwicklungskonzepte stellen in dieser Situation das entscheidende planerische Hilfsmittel dar, um den am Gewässer Tätigen Ziele und Maßnahmen für die naturnahe bzw. natürliche Entwicklung von Gewässern und Auen vorzugeben.
Gewässerentwicklungskonzepte (GEK)
Seit mehr als 30 Jahren werden in Bayern Konzepte zur Pflege und Entwicklung von Gewässern und Auen erstellt (früher als Gewässerentwicklungspläne bezeichnet).
Aufgabe der rechtlich unverbindlichen GEK ist es, mit einem ganzheitlichen Ansatz für Gewässer und Aue die Möglichkeiten aufzuzeigen, um
- die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer langfristig mit einem Minimum an steuernden Eingriffen zu erhalten, wiederherzustellen und zu fördern,
- den natürlichen Rückhalt zu fördern,
- das Bild und den Erholungswert der Gewässerlandschaften zu erhalten und zu verbessern
und damit Unterhaltungs- oder Ausbaumaßnahmen zu lenken.
Ein Merkblatt fasst die Prinzipien und das Vorgehen zusammen. Es ist fachliche Grundlage für die Gewässerentwicklung bei den staatlichen Behörden und bei den Kommunen.
Fachinfos zu Gewässerentwicklungskonzepten (GEK)
- Im GEK werden im so genannten Leitbild unabhängig von den jeweiligen Nutzungsinteressen die natürlichen ökologischen Funktionen des Gewässersystems dargestellt. Aus dem Abgleich von Leitbild, Bestandsaufnahme und Defiziten, werden unter Berücksichtigung bestehender Zwänge, wie zum Beispiel unveränderbaren Nutzungen (Restriktionen), die Entwicklungsziele abgeleitet.
- Dies setzt voraus, dass die Funktion des Gewässers im Naturhaushalt sowie die vorhandenen Konflikte und Defizite ermittelt werden.
- Die GEK werden bevorzugt für größere zusammenhängende Gewässerstrecken erstellt. Bei kleineren Gewässern, den Gewässern dritter Ordnung, kann deshalb ein GEK auch für das gesamte Gemeindegebiet oder auch gebietsübergreifend für mehrere Gemeinden erarbeitet werden.
- GEK an staatlichen Gewässern sind inhaltlich mit der zuständigen Naturschutzbehörde, der Fachberatung für Fischerei bzw. in Auwaldgebieten auch mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten abgestimmt. Spezielle Anforderungen nach der EG-Vogelschutzrichtlinie bzw. EG- Fauna-Flora- Habitatrichtlinie (Natura 2000 Gebiete) werden in die GEK integriert, soweit die entsprechenden Managementpläne vorliegen.
- Das GEK zeigt außerdem auf, mit welchen Maßnahmen diese Ziele umgesetzt werden können und welcher Flächenbedarf hierfür notwendig ist.
- Bei den in den GEK dargestellten Grunderwerbsvorschlägen handelt es sich um den gesamten Flächenbedarf für alle Maßnahmenvorschläge. Dieser konkretisiert sich jedoch erst, wenn Maßnahmen zur Umsetzung vorgesehen sind.
- Mit dem GEK werden noch keine verbindlichen Festlegungen hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen getroffen.
Gewässerentwicklungskonzepte und EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL)
Generelle Zielvorgabe der Richtlinie ist der "gute Zustand". Die Unterhaltungsverpflichteten an den Gewässern haben nach EG-WRRL die Pflicht, den guten Zustand (bzw. das gute ökologische Potenzial) an einem Oberflächenwasserkörper (OWK = ein einheitlicher und bedeutender Abschnitt eines oberirdischen Gewässers) zu erreichen bzw. zu erhalten. Für diese OWK werden mit den Bewirtschaftungsplänen zur EG-WRRL Maßnahmenprogramme aufgestellt, die behördenverbindlich sind. Für die Kommunen und andere Unterhaltungsverpflichtete ist das Maßnahmenprogramm nicht rechtsverbindlich, sondern eine Leitlinie, mit welchen Maßnahmentypen am jeweiligen OWK nach Experteneinschätzung der gute Zustand erreicht werden kann. Die Maßnahmenhinweise des GEK sind eine wesentliche Grundlage zur Erstellung dieser Maßnahmenprogramme im Bereich Hydromorphologie.
Aufgrund ihres konzeptionellen Charakters müssen die Maßnahmenprogramme der Richtlinie für die praktische Umsetzung jedoch weiter konkretisiert werden. Hierzu dient das sog. Umsetzungskonzept (UK) hydromorphologische Maßnahmen.
Umsetzungskonzepte (UK) hydromorphologische Maßnahmen
Im UK identifizieren die Unterhaltungsverpflichteten einzelne Vorhaben und konkretisieren sie. Dazu werden in die UK diejenigen Maßnahmenhinweise aus den GEK übernommen, die dem Maßnahmenprogramm entsprechen und der Zielerreichung "Guter ökologischer Zustand" (bzw. das gute ökologische Potenzial) dienen. Die geplanten hydromorphologischen Maßnahmen werden verortet und der Umfang dargestellt. Damit wird der Schritt von den strategischen Aussagen im Maßnahmenprogramm zur Ausführung durch konkrete Projekte vollzogen.
Ein Merkblatt zu dem Thema sowie ein Beispiel-UK ist in den weiterführenden Informationen (siehe unten) enthalten.
Gewässerentwicklungskonzepte und Gewässerstruktur
Die Gewässerstruktur ist von zentraler Bedeutung für die Gewässerentwicklung und geht deshalb auch in die GEK ein. Die Gewässerstruktur kann durch bauliche Maßnahmen in Gewässer und Aue unmittelbar beeinflusst werden. Im Fall von Renaturierungsmaßnahmen sind damit positive Wirkungen verbunden.
Weiterführende Informationen
Links
- Merkblattsammlung Teil 5.1 - Gewässerentwicklung, Ingenieurökologie
- Gewässer-Nachbarschaften
- Auen in der Planung
- Durchgängigkeit
- Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie
Dokumente
- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und FFH-Richtlinie gemeinsam umsetzen – Konzepte und Umsetzungsbeispiele aus Bayern - PDF
- Beispiel für ein Umsetzungskonzept - PDF
- Konzept für ökologische Verbesserungen an der Bundeswasserstraße Donau im Abschnitt zwischen Kelheim und Regensburg - PDF
- Konzept für ökologische Verbesserungen an der Bundeswasserstraße Donau im Abschnitt zwischen Regensburg und Straubing - PDF
- Beispiel für Synergien in der Planung: "Landshuter Modell" - PDF