Lebensraum Quelle

Keine Quelle gleicht der anderen. Jede ist einzigartig. Das Spektrum reicht von den unscheinbaren und oft unbeachteten Sickerquellen bis hin zu den Naturschauspielen der Fallquellen in den Alpen. Für eine einheitliche Erfassung und Bewertung, wie sie für einen umfassenden Quellschutz nötig ist, müssen diese verschiedenen Quellen aber einer überschaubaren Anzahl von Typen zugeordnet werden. Dies ist mit Hilfe des bayerischen Quelltypenkataloges möglich.

Der Bayerische Quelltypenkatalog orientiert sich bei der Typisierung von Quellen an zwei Parametern: am Austrittsverhalten des Wassers und an den vorherrschenden Substrattypen. Aus der Kombination dieser Typisierungsparameter lassen sich für Bayern 14 Quelltypen abgrenzen.

Sickerquelle Sickerquelle: großflächiger Wasseraustritt in einem Quellsumpf (Foto: Ralf Hotzy, LBV)
Tümpelquelle Quellaustritt mit fallendem Abfluss (Foto: Eva Schubert, LBV)

Ökologie von Quellen

Quelllebensräume sind durch sehr konstante Umweltbedingungen geprägt. So entspricht die Quelltemperatur mit 6 - 10° C der mittleren jährlichen Lufttemperatur und ist damit im Sommer vergleichsweise kühl, im Winter dagegen warm. Außerdem ist das Quellwasser außerordentlich rein, da auf dem Weg durch Boden und Gestein Nährstoffe herausgefiltert wurden.

Quellen weisen eine große Vielfalt von Strukturen auf. So variieren sie beträchtlich hinsichtlich ihrer biotischen (Bewuchs, Pflanzen, Tiere) und abiotischen (Gestein, Relief, Klima) Faktoren. Durch die Kombination dieser Faktoren ergeben sich Kleinstlebensräume, die von den verschiedensten Arten besiedelt werden. Dabei liegt das Besondere oft im Detail. Temporär trocken fallende Quellen und Quellen mit stark wechselnder Schüttung, wie Karstquellen, sowie Mineralquellen stellen zusätzlich Sonderformen dar.

Naturnahe Quellen und die zugehörigen Quellbereiche bieten einzigartige Bedingungen für hochspezialisierte Arten der Pflanzen- und Tierwelt. Natürliche Quellbiotope zeichnen sich durch einen besonderen Strukturreichtum aus, da aquatische und terrestrische Teillebensräume in ihnen mosaikartig miteinander verzahnt sind.
Zudem sind sie oft wertvolle Rückzugsgebiete für Arten, die auf nährstoffarme und kühle Gewässer angewiesen sind. Auch das macht Quellen zu unersetzbaren Biotopen.

Fauna und Flora

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über typische Quellbesiedler gegeben werden. Ausführlichere Angaben, z.T. auch mit Bildmaterial, finden sich im Internet u.a. auf der Seite des LIFE-Natur Projekts "Optimierung von Kalktuffquellen und deren Umfeld in der Frankenalb", das durch den LBV durchgeführt wird.

Pflanzenwelt (Flora)

Die Bedingungen für die floristische Besiedelung von Quellbereichen werden in großem Maße durch das Lichtangebot und durch den von den geologischen Gegebenheiten beeinflussten Wasser-Chemismus geprägt. So kommen an Waldquellen vor allem schattenverträgliche Arten vor, wie Gegenblättriges Milzkraut (Chrysosplenium oppositifolium) und Waldschaumkraut (Cardamine flexuosa), Auch zahlreiche Moosarten sind in Quellen zu finden. Das Fieber-Quellmoos (Fontinalis antipyretica) kommt häufig in Quellen vor und ist auf schnell fließende Quellbäche angewiesen. In Gebieten mit hohem Kalkgehalt finden sich auch kalkliebende Moosarten wie zum Beispiel das Starknervmoos (Cratoneuron commutatum).

An huminstoffreichen, sauren Quellen, wie sie sich in Fichtenforsten finden, werden diese Arten durch Torfmoose (Sphagnum-Arten) ersetzt. An besonnten Fließquellen wachsen dagegen auf basenarmen Böden typischerweise Quellkraut (Montia fontana), Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara), Quell-Sternmmiere (Stellaria alsina), Echte Brunnenkresse (Nasturtium officinale) und Bachbunge (Veronica beccabunga).

Kalkreiche Quellfluren werden neben Moosen u.a. vom Pyrenäen-Löffelkraut (Cochlearia pyrenaica) besiedelt. Im Bereich von ausgeprägten Sickerquellen in offenem Gelände finden sich auf nährstoffarmen Böden typischerweise Kleinseggenriede, die je nach Basengehalt des Bodens von unterschiedlichen Arten dominiert werden.

Unter den mikroskopisch kleinen Vertretern der Flora nehmen die Kieselalgen (Diatomeen) eine besondere Stellung ein, da sie in fast allen Gewässern vorkommen, sensibel auf Umweltveränderungen reagieren und für die Bestimmung im Labor gut zu konservieren sind. Damit sind sie als Bioindikatoren bestens geeignet. Zudem sind sie als Primärproduzenten eine wichtige Nahrungsgrundlage für nichträuberische Quellbewohner.

Tierwelt (Fauna)

Viele Faktoren haben Einfluss auf die faunistische Besiedlung der Quellen mit Kleinlebewesen. Dazu gehören vor allem Strömungsgeschwindigkeit, Substratbeschaffenheit, Eintrag von allochthonem Material, insbesondere Laub, und chemisch/physikalische Parameter wie Temperatur, Sauerstoffkonzentration und Nährstoffgehalt.

In den Quellen Mitteleuropas leben rund 1.500 verschiedene Tierarten. Davon sind 465 Arten echte Quellspezialisten (krenobionte Arten), d.h. Arten, die nur in diesen räumlich sehr begrenzten Lebensräumen vorkommen. Zu ihnen gehören zum Beispiel der Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina), die Quell-Köcherfliege (Crunoecia irrorata) und die Quellschnecke (Bythinella bavarica).

Schnecken mit Haus Bayerische Quellschnecke (Foto: Manfred Colling)

Der Großteil der Quellarten sind Zerkleinerer und Detritusfresser, zum Beispiel Flohkrebse, die Falllaub oder Totholz zersetzen oder Algenaufwuchs auf dem Bodensubstrat abweiden.
Die Arten verteilen sich auf ganz verschiedene systematische Gruppen. Zweiflügler, Schnecken und Krebse bilden die Gruppen mit dem größten Artenspektrum.

Zu den höchstentwickelten Bewohnern der Quellbiotope gehören die Larven des Feuersalamanders (Salamandra salamandra), die auch als Leitart der Quellregionen zählen, da sie auf kühles, sauberes Wasser angewiesen sind.

Feuersalamander Feuersalamander (Foto: Eva Schubert, LBV)

Eine Besonderheit einiger der in den Quellen lebenden Insekten besteht in der frühen Flugzeit bereits ab Februar. Dies wird durch die im Winter vergleichsweise hohe Temperatur des Quellwassers ermöglicht, die eine Weiterentwicklung auch in dieser Jahreszeit erlaubt. In anderen Fließgewässerregionen müssen dagegen viele Arten während der kalten Jahreszeit Entwicklungspausen einlegen und beginnen deshalb erst ab April zu schlüpfen.

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