Sukzession

Die vielleicht ungewöhnlichsten Flächen in den Außenanlagen sind die Sukzessionsflächen, auf denen sich Vegetation weitgehend frei entfalten kann und eine natürliche Dynamik unmittelbar wirksam wird: "Natur Natur sein lassen". Im Verständnis konventioneller Landschaftsarchitektur sind solche Flächen kaum vorgesehen, den nicht geschulten Betrachter werden sie möglicherweise irritieren. Selbst für den Naturschutzexperten können sie eine Herausforderung darstellen - weil sich diese Flächen schwer einordnen lassen und manchmal eben regelrecht "verwildert" aussehen.

Sukzession auf Kies mit Färberkamille am Gebäude Sukzessionsflächen entwickeln sich kleinräumig ganz unterschiedlich

Es wurden bewusst "nackte" Standorte mit unterschiedlichen Bodeneigenschaften geschaffen, ohne jegliche Anfangsbegrünung, sog. Pionierbrachen. Sie wurden im Lauf der Jahre mehr oder weniger, auf ganz unterschiedliche Weise besiedelt und sind ein wichtiger Faktor im Mosaik der Lebensräume. Für manche Arten haben sie sich als wichtige Rückzugs- oder Ausweichstandorte erwiesen und sind wertvolle ergänzende Trittsteine im Biotopverbund. Durch gezielte Eingriffe im Rahmen der Pflege wird auf die "wilde" Entwicklung reagiert, je nach Erfordernis und Bewertung korrigiert oder gefördert.

Echtes Labkraut und Gewöhnlicher Natternkopf auf Kiesfläche Spontane Besiedlung von Kiesflächen

Knapp 15% der Vegetationsflächen sind Sukzessionsflächen, im Bereich der engeren Außenanlagen (ohne Ausgleichsfläche) liegt ihr Anteil sogar über 20%. Sie sind meist eng verknüpft mit der Architektur der Gebäude, mit daraus resultierenden gestalterischen und funktionalen Anforderungen. Sie markieren häufig die bauliche Schnittstelle zwischen Gebäude und Außenraum oder nehmen künstlich geschaffene Standorte ohne unmittelbaren Bodenbezug ein. Sie thematisieren damit das Spannungsverhältnis von Architektur und Natur in besonderer Weise:

  • Ein von der Architektur erzwungener Geländesprung wird so weit ins Gelände verlagert, dass südseitig vorgelagerte, um ca. 50cm angehobene Kiesterrassen entstanden sind, die durch eine bauliche Abstützung zum Beispiel durch Trockenmauern oder Gabionen gefasst werden. Auf dem trockenen Kies, hat sich unter dem Einfluss von Exposition und Samenanflug aus benachbarten Flächen eine teils höchst unterschiedliche und kleinflächig stark variierende Vegetation entwickelt.
  • Auch die den Wasserbecken zugeordneten Sickermulden erhielten keine Anfangsbegrünung und haben sich allmählich begrünt, wobei sich typische Feuchtezeiger (zum Beispiel Weiden) breit machen.
  • Der Aquiferspeicher ist mit rund 2.000m2 Oberfläche die größte zusammenhängende Sukzessionsfläche. Überwiegend grobkörnige Steinschüttungen und die bauliche Fassung mit Gabionenwänden vergrößern die wirksame Oberfläche um ein Vielfaches. Die Vegetationsentwicklung der Teilflächen ist sehr unterschiedlich und überwiegend extrem langsam. Lediglich vereinzelter Gehölzaufwuchs erfordert eine besondere Beachtung.
  • Gabionen und Trockenmauern durchziehen entlang des Gebäudes das Gelände, stützen Böschungen oder dienen als gliedernde Elemente in den Magerrasenflächen. Die vielen Fugen und Nischen bieten Lebensraum für Kleintiere und Ansatzpunkte für eine Vegetationsentwicklung.
  • Verwitternde Plattenreste und lose Schüttungen aus Abbruchmaterial der Betonpiste des ehemaligen Flugfelds sind Lebensraum für spezialisierte Tierarten. So siedeln z.B Ameisen in den Fugen und leben in Symbiose mit seltenen Bläulingen. Und auch für die Besiedlung durch Eidechsen sind ideale Rahmenbedingungen geschaffen.

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