Hormonelle Wirkungen von Umweltchemikalien

Zahlreiche Spurenstoffe stehen unter Verdacht, in das Hormonsystem von Mensch und Tier einzugreifen. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere Substanzen, die in der Lage sind, die Wirkung des weiblichen Geschlechtshormons Östradiol nachzuahmen und damit in den Hormonhaushalt von Lebewesen einzugreifen. Östrogen wirksame Substanzen, wie z.B. das natürliche weibliche Sexualhormon 17ß-Estradiol sowie das synthetische Hormon Ethinylestradiol gelangen in der Regel über die Kläranlagen in unsere Gewässer. Die Konzentrationen in den Kläranlagenausläufen sind sehr gering und liegen i.d.R. unter 1 Nanogramm pro Liter bzw. unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,1 Nanogramm pro Liter. Auch bestimmte Industriechemikalien, wie z.B. Weichmacher, Phthalate und Alkylphenole können östrogene Wirkungen entfalten. Deren östrogene Wirksamkeit liegt jedoch um ein Vielfaches niedriger als die der genannten natürlichen und synthetischen Steroidhormone. Abhängig von den Verdünnungsverhältnissen werden östrogen wirksame Stoffe in Oberflächengewässern in der Regel nur in Spuren nachgewiesen.

Histologischer Schnitt durch Hodengewebe einer männlichen Regenbogenforelle mit weiblicher Keimzelle

Experimentelle Studien des LfU ergaben nach Exposition in umweltrelevanten Konzentrationsbereichen der Industriechemikalie Nonylphenol eine geringe östrogene Wirkung bei männlichen Regenbogenforellen. Diese beschränkte sich auf den Nachweis geringer Mengen von Vitellogenin im Blut der Tiere. Die östrogene Wirkung war jedoch um ein Vielfaches geringer ausgeprägt, als beispielsweise nach Einwirkung des Pillenwirkstoffes Ethinylestradiol. Auf eine wirkliche Verweiblichung hindeutende Veränderungen der männlichen Geschlechtsorgane wurden bei exponierten Fischen nicht beobachtet. Reproduktionsversuche ergaben jedoch unter den gegebenen Versuchsbedingungen einen Rückgang der Schlupfrate um ca. 20 Prozent. Bei Nachkommen exponierter Fische wurden in sehr seltenen Fällen sogenannte Hermaphroditen beobachtet. Darunter sind Tiere zu verstehen, deren Geschlechtsorgane sowohl männliche als auch weibliche Merkmale aufweisen.