Sedimentmanagement

Viele Fließgewässer Bayerns wurden vor allem in den letzten 200 Jahren flussbaulich umgestaltet und verändert. Der Sedimenthaushalt der Fließgewässer wurde dadurch oft erheblich gestört:

  • Durch die Begradigung und Einengung der Flussläufe erhöhte sich das Transportvermögen von Sedimenten (Geschiebe und Schwebstoffe).
  • Durch die nachfolgende Errichtung von Querbauwerken wie Speichern und Wehren wurde der Sedimenttransport wieder reduziert oder ganz unterbunden.

Die mangelnde Sedimentnachlieferung in die unterhalb liegende Flussstrecken, insbesondere von Geschiebe, verursacht ein Geschiebedefizit mit einer daraus resultierenden Eintiefung der Flusssohle. Lokal können als Folge eines Sohldurchschlags tiefe Kolke entstehen, die beispielsweise die Sicherheit von Brücken oder anderen angrenzenden Bauwerken beeinträchtigen können. Mit der Eintiefung der Flusssohle sinken auch die Grundwasserstände und die Häufigkeit von Überflutungen in den Auen ab. Andererseits findet oberhalb von flussstauenden Anlagen durch die geringe Fließgeschwindigkeit eine Verringerung des Geschiebetriebs statt, mit der Folge einer sukzessiven Stauraumverlandung.

Weiterhin ist an vielen Fließgewässern ein verstärkter Eintrag von Feinsedimenten festzustellen, was zur Kolmation der Gewässersohle führen kann. Ein wesentlicher Anteil der Feinsedimentfrachten wird auf die Bodenerosion aus landwirtschaftlich genutzten Flächen zurückgeführt, aber auch die Einleitung von Abwässern oder Stauraumspülungen leisten einen Beitrag. Wie Kolmation in einem Gewässer ermittelt werden kann, wird in der nachfolgenden Studie erläutert.

Ein gewässerspezifischer naturnaher und dynamischer Sedimenthaushalt ist eine wesentliche Voraussetzung für eine intakte Flusslandschaft. Maßnahmen zur Verbesserung des Sedimenthaushalts werden in Bayern seit einigen Jahrzehnten umgesetzt. Der Sedimenthaushalt kann durch folgende Maßnahmen verbessert werden:

  • Maßnahmen zur Verbesserung der Sedimentdurchgängigkeit an Querbauwerken
    • Geschiebeumsetzung
    • Geschiebetrift, Stauraumspülungen
    • innovative Methoden wie Umbau von Kraftwerken, Sedimentbypass, kontinuierlicher Sedimenttransfer
  • Maßnahmen zur Erhöhung der Sedimentzufuhr in Erosionsstrecken sowie Erhöhung der Umlagerungsdynamik
    • Kieszugabe in Erosionsstrecken
    • Entnahme des Uferverbaus / Uferrückbau in ausgebauten Strecken
    • Wiederzulassen der Seitenerosion und/oder Flussbettaufweitung
    • Bereitstellen von Flächen für die Flussentwicklung
    • Remobilisierung verfestigter Kiesbänke
    • Förderung des Geschiebeeintrags aus einmündenden geschiebeführenden Zuflüssen (Wildbäche)
    • Angepasste Restwasserabgabe und Stauraumbewirtschaftung: jährliche Abgabe von bettbildenden Abflussmengen zur Geschiebemobilisierung
    • Schaffung von Strömungsvarianzen (Einbau/Optimierung von Buhnen, Spornen)
  • Maßnahmen zur Verringerung der Transportkapazität in Erosionsstrecken
    • Flussbettaufweitung
    • Bereitstellen von Flächen für die Flussentwicklung
    • Wiederanbindung von Altarmen, Neuschaffung von Seitenarmen
    • Entfernung von Uferrehnen
  • Maßnahmen zur Verringerung des Feinmaterialeintrags
    • Erosionsschutzmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen
    • Umgestaltung von geländebedingten Erosionsrinnen in begrünte Abflussmulden
    • Rückhaltebecken im Gelände zur Sedimentation von erodiertem Feinmaterial
    • Gewässerrandstreifen
Das Wehr Bad Tölz an der Isar wurde während des Hochwassers im Mai 2019 geöffnet, um Geschiebe aus dem Stauraum in das Unterwasser zu verlagern. Geschiebetrift an der Isar am Wehr Bad Tölz im Mai 2019

Alle Maßnahmen der Sedimentbewirtschaftung sind aufeinander abzustimmen und auf ihre Verträglichkeit zu anderen Belangen zu überprüfen. Die Maßnahmen müssen immer einer ganzheitlichen Betrachtung unterzogen werden. Die komplexen Zusammenhänge in einem Flusssystem fordern, die Auswirkungen der einzelnen Schritte stets im gesamten Streckenabschnitt interdisziplinär zu betrachten.

Zwischen den einzelnen Umsetzungsschritten wird die Wirkung der Maßnahmen im Rahmen eines Monitoring-Programms beobachtet. So kann auf sohlmorphologische Fehlentwicklungen rechtzeitig reagiert werden. Eine Möglichkeit zur Kontrolle und Dokumentation der Gestaltungsvorgänge sowie zur Bilanzierung des Feststoffhaushalts besteht in regelmäßig durchzuführenden Flussvermessungen. Mit dem Einsatz hydrodynamisch-numerischer Modelle sind auch Prognosen und Angaben zu Entwicklungstendenzen möglich.

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