Monitoring rastender Wasservögel
Millionen von Wasservögeln ziehen zum Überbrücken der kalten Jahreszeit aus ihren Brutgebieten in Nord- und Nordosteuropa in südliche oder auch westliche Richtungen nach West- und Mitteleuropa, in den Mittelmeerraum oder nach Afrika. Dabei nutzen sie unsere heimischen Gewässer als Rastplätze oder Überwinterungsgebiete. Diese Rastplätze sind essentiell und müssen in regelmäßigen Abständen für die Vögel verfügbar sein, um Energie "auftanken" zu können, so wie Tankstellen für den Autoverkehr. Diese Erkenntnis hat schon vor 40 Jahren Eingang in die Politik gefunden, als die Ramsar-Konvention zum Schutz von international bedeutsamen Feuchtgebieten verabschiedet wurde. Das Hauptkriterium für die Eignung von Gewässern ist die Anzahl an regelmäßig rastenden Wasservögeln – in Bayern trifft das auf sieben der acht Feuchtgebiete internationaler Bedeutung (Ramsar-Gebiete) zu.
Seit 1966 werden in der Deutschland systematische Erfassungen rastender Wasservögel vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) koordiniert. Diese Wasservogelzählung ist eines der ältesten und umfangreichsten biologischen Monitoring-Programme weltweit. Sie ist eingebettet in den am 15. Januar eines jeden Jahres durchgeführten International Waterbird Census (IWC), der nahezu weltweit seit 1996 von Wetlands International mit Sitz in Wageningen, Niederlande durchgeführt wird. Inzwischen beteiligen sich über 100 Länder am IWC, Tausende von Beobachterinnen und Beobachtern zählen jährlich über 30 Millionen Wasservögel.
In Deutschland wird das Monitoring rastender Wasservögel zwischen September und April, jeweils an einem Wochenende in der Monatsmitte, durchgeführt. Der Januartermin ist Teil der internationalen Synchronzählung. Der DDA übernimmt die Zusammenstellung und Auswertung der Daten auf nationaler Ebene und sichert die Zusammenarbeit mit Wetlands International. Die Regionalkoordinatoren, zu denen, wie in Bayern, sowohl Länderfachbehörden (Staatliche Vogelschutzwarten) als auch regionale ornithologische Vereinigungen oder Naturschutzverbände gehören, organisieren die Umsetzung der Wasservogelzählungen auf Landesebene oder regional.
Die Zählungen dienen als Grundlage zum Schutz der Wasser- und Watvögeln und ihrer Lebensräume und haben zum Ziel, folgende Fragen zu beantworten:
- Wie viele Individuen der einzelnen Wasservogelarten rasten und überwintern in Deutschland und wie sind ihre Bestände verteilt?
- Wann sind welche Vogelarten anwesend (Phänologie)
- Welche Rastgebiete sind von besonderer Bedeutung und damit besonders schutzwürdig auf internationalem, nationalem oder landesweitem Niveau?
- Wie verteilen sich die Arten auf die verschiedenen Gewässer?
- Welche Funktionen übernehmen die Rastgebiete im Jahresverlauf (Überwinterungs-, Mausergebiete oder Rastplätze auf dem Zug?
- Wie entwickeln sich die Bestände der einzelnen Arten im nationalen und internationalen Rahmen?
- Welche Anteile der Rastbestände beherbergt Bayern?
- Wie ist der menschliche Einfluss auf rastende und überwinternde Wasservögel (vor allem Jagd, Wassersport)?
Darüber hinaus lassen sich Fragen zum Einfluss von Kältewintern durch die regelmäßigen Zählungen beantworten. Wasservögel eignen sich zudem gut als Indikatoren für den ökologischen Zustand von Feuchtgebieten.
Erfasst werden Seetaucher, Lappentaucher, Kormoran, Schwäne, Gänse, Säger, Enten, Möwen, Rallen, Reiher und Limikolen.
In Bayern arbeitet die Staatliche Vogelschutzwarte als Landeskoordinatorin mit ornithologischen Arbeitsgruppen und ehrenamtlichen Zählern zusammen. An knapp 100 Zählstellen wird in Bayern erfasst. Für die Fahrtkosten erhalten die ungefähr 200 ehrenamtlichen Mitarbeiter eine Entschädigung nach Eingang der Zähldaten.
Schwerpunkte für die jährlich etwa maximal 180.000 gleichzeitig gezählten Wasservögel in Bayern bilden die großen Seen im Voralpenland, die Fränkische Seenplatte und auch Flüsse mit ihren Stauseen wie Isar, Lech, Inn, Donau und Main. In den Monaten November bis Januar wird der Höchststand an rastenden Wasservögeln erreicht.