Gefährdung der biologischen Vielfalt

Aktuell leben über 7 Milliarden Menschen auf der Erde, gut das Doppelte von 1960, und für 2050 werden es von der UN geschätzte 9,5 Milliarden Menschen sein. Diese Menschen brauchen in erster Linie Platz, um zu leben und um Nahrungsmittel zu produzieren. Aber auch durch die ständig wachsenden Ansprüche – vor allem in den Industrieländern Europas und Nordamerikas – wird immer mehr Raum für Produktion und Transport von unterschiedlichsten Gütern gebraucht. Dem Drang nach flexibler und weitreichender Mobilität kann nur durch den Bau von Infrastrukturen (zum Beispiel Straßen, Parkplätze, Flughäfen) entsprochen werden. Nicht zuletzt die Erzeugung von Energie, die in exponentiell steigendem Maße gefordert wird, beansprucht Flächen und wirkt sich somit direkt oder indirekt auf die verschiedenen Ökosysteme aus. Weltweit gesehen beeinflussen die menschlichen Aktivitäten mindestens 83% der Landfläche. Die Zahl der bisher tatsächlich ausgestorbenen Arten ist nicht eindeutig bestimmbar, aber Fakt ist, dass das Zurückgehen und Verschwinden von Populationen mit alarmierender Geschwindigkeit zunimmt.

Durch den Raumanspruch des Menschen werden Ökosysteme verändert, zerschnitten oder verschwinden ganz. Für die Natur bleibt kein oder nur schlechter Raum übrig zum Überleben. Einzelne Biotope bestehen nur noch als isolierte Lebensrauminseln, die durch flächige (zum Beispiel Monokulturen, Siedlungen) oder lineare (zum Beispiel Straßen, Bahnlinien) Strukturen voneinander getrennt sind, wodurch der genetische Austausch nicht oder kaum mehr stattfinden kann. Bei manchen Arten brauchen aber schon die einzelnen Individuen viel Platz für ihre Streifgebiete, wie beispielsweise große Beutegreifer, um ihren Nahrungsbedarf zu decken. Großflächigkeit ist außerdem notwendig, damit entsprechende Ökosystemdienstleistungen in ausreichendem Maß erbracht werden können, denn eine "entscheidende Komponente des sogenannten "Naturkapitals" ist das Ausmaß – also die Größe – eines Ökosystems".

Fichtenforst Forstliche Monokulturen wie dieser unterwuchsarme Fichtenforst, bieten nur sehr wenigen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum; Foto: Andreas Zahn
Steinkohlekraftwerk Steinkohlekraftwerk Voerde am Niederrhein. Jährlich produziert das Kraftwerk aus ca. 4 Mio. Tonnen Steinkohle ca. 11,5 Mrd. kWh Strom. Im Vordergrund sieht man noch Reste der naturnahen Rheinaue; Foto: Dietrich Cerff

Als Hauptgefährdungsursachen der Biodiversität kann man folgende Faktoren benennen:

  • Zerschneidung der Landschaft
  • Landwirtschaft
  • Forstwirtschaft
  • Nährstoff- und Schadstoffbelastungen
  • invasive Arten
  • Klimawandel

Der Klimawandel kann nur deshalb so große Wirkung auf die Biodiversität haben, weil die anderen Einflüsse – allen voran der Lebensraumverlust – die Ökosysteme, Arten und Populationen schon so stark eingeschränkt, bedrängt und dezimiert haben, dass sie auf den Klimawandel nicht mehr mit Anpassung oder Ausweichen reagieren können. Natürlicherweise reagieren terrestrische Ökosysteme auf einen Klimawandel – wie er in der Erdgeschichte immer wieder vorkommt – mit einer Veränderung von Verteilung und Zusammensetzung ihrer Komponenten. Dadurch wandelt sich die bisher bestehende Artengemeinschaft oder es ergibt sich eine räumliche Verschiebung. In unserer begrenzten Welt ist aber aufgrund von Straßen, landwirtschaftlichen Flächen oder Siedlungen kaum noch Platz für Ausweichmanöver: Es fehlt der Lebensraum oder zumindest eine Vernetzungsstruktur zur nächsten Lebensraum-Insel. Populationen, die bereits gefährdet sind, können deshalb durch klimatische Veränderungen ganz verschwinden. Die meisten unserer Ökosysteme in Deutschland und Bayern sind so vom Menschen verändert, dass ihre Wiederstandsfähigkeit stark eingeschränkt ist und beispielsweise kleine Temperaturänderungen große Folgen haben können für das gesamte Wirkungsgefüge und entsprechend auch für die Ökosystemdienstleistungen.

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