Biologischer Abbau

Die Kenntnis der biologischen Abbaubarkeit ist ein zentrales Kriterium für die Bewertung der Umweltrelevanz von Substanzen und Stoffgemischen. Mit biologischen Abbautests kann festgestellt werden, ob die Substanzen und deren möglichen ökotoxischen oder mutagenen Eigenschaften in der Umwelt überdauern und damit auch langfristig ein Risikopotential darstellen.

Der biologische Abbau erfolgt meist in mehreren Stufen. In der ersten Stufe, dem so genannten Primärabbau, wird der Ausgangsstoff durch Bakterien strukturell verändert. In folgenden Stufen werden die beim Primärabbau gebildeten Metabolite weiter zerlegt, bis beim vollständigen Abbau (Mineralisierung) als letzter Schritt die ganze Substanz zu Kohlendioxid, Wasser, anorganischen Salzen und Biomasse umgewandelt wurde.

Um die biologische Abbaubarkeit einer Substanz umfassend zu charakterisieren und das Gefährdungspotential auch hinsichtlich möglicher stabiler Metabolite einschätzen zu können, müssen sowohl die Mineralisierung als auch der Primärabbau betrachtet werden.

Die Untersuchung der Mineralisation steht bei Testmethoden zur Bestimmung der leichten oder potentiellen (d.h. maximal möglichen) biologischen Abbaubarkeit im Vordergrund.

In diesen Testverfahren, die durch die
OECD-Vorschriften 301 und 302 geregelt sind, wird die Prüfsubstanz als einzige Energie- und Kohlenstoffquelle vier Wochen lang mit Bakterien, meist aus der Belebungsstufe einer Kläranlage, in Kontakt gebracht. Die fortschreitende Mineralisation lässt sich zum Beispiel über die Bestimmung des biologischen Sauerstoffbedarfs oder die Zunahme des durch den Abbau gebildeten Kohlendioxids messen. Zusätzlich lässt sich der Primärabbau natürlich auch über die Abnahme der Prüfsubstanz durch substanzspezifische Analytik erfassen.

Bei diesen Testmethoden werden zur Messbarkeit der Mineralisierung deutlich höhere Konzentrationen der Prüfsubstanz eingesetzt, als sie in der Umwelt vorliegen. Damit lassen sich Aussagen über die prinzipielle vollständige Abbaubarkeit tätigen. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Abbau der Substanzen in realen Kläranlagen oder im Gewässer ist aber nicht zwingend gewährleistet.

Deshalb werden im Rahmen der experimentellen Stoffbewertung am LfU weitere Untersuchungen wie der Belebtschlammsimulationstest (Laborkläranlagen) oder der Wasser-Sedimenttest durchgeführt, bei denen die Substanz in umweltrelevanten Konzentrationen vorliegt.


Die biologischen Kläranlagen im Labormaßstab simulieren die heute übliche Kläranlagentechnik mit Stickstoffelimination unter definierten Bedingungen. Üblicherweise werden 2 Prüfapparaturen eingesetzt, denen kontinuierlich synthetisches Abwasser, das die Prüfsubstanz enthält, zugeführt wird. Um die Funktionstüchtigkeit der Anlagen beurteilen zu können, wird zusätzlich eine Kontrollanlage betrieben, der prüfsubstanzfreies, synthetisches Abwasser zudosiert wird. Der Primärabbau wird dann über substanzspezifische Analytik des Zu- und Ablaufs erfasst. Dies ermöglicht eine realistische Einschätzung des Primärabbaus von Spurenstoffen in Kläranlagen.

Der Wasser-Sedimenttest ist ein Verfahren, bei dem die realen Umweltbedingungen des Abbaus einer Substanz im Oberflächengewässer nachgestellt werden. Dabei wird die Prüfsubstanz in einem System aus Flusswasser und nativem Sediment bis zu 100 Tage lang inkubiert. Durch die Bestimmung der Substanzkonzentration im Wasser und Sediment wird in diesem Testsystem sowohl der biologische Primärabbau im Wasser und Sediment als auch die Sorption der Substanz am Sediment bestimmt.

Die kombinierte Betrachtung der verschiedenen Testergebnisse erlaubt die Einschätzung des Verhaltens von Substanzen oder Stoffgruppen beim Eintrag und beim Verbleib im Gewässer.

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