Klärschlamm
Klärschlamm entsteht bei der Abwasserreinigung und ist eine Mischung aus Wasser und Feststoffen. In Bayern fallen in den ca. 2.300 kommunalen Kläranlagen im Jahr ca. 270.000 t Trockenmasse Klärschlamm an. Unter Annahme eines durchschnittlichen Feststoffanteils von 5% und eines Wasseranteils von 95 % ergibt sich eine Nassschlammmenge von 5,4 Mio. t pro Jahr.
Der in der mechanischen Stufe der Kläranlage anfallende Schlamm (Primärschlamm) sowie der Überschussschlamm, der in der biologischen Stufe entsteht (Sekundärschlamm), wird der jeweiligen Stufe entnommen und in verschiedenen Verfahrensschritten so behandelt, dass er die für den jeweiligen Entsorgungsweg erforderliche Beschaffenheit aufweist. Diese Schlämme haben im Allgemeinen einen sehr hohen Wassergehalt mit entsprechend niedrigem Feststoffanteil. Ein wichtiger Schritt bei der Schlammbehandlung ist deshalb das Entfernen des Wassers zur Verminderung des Volumens. Anderenfalls sind bei allen nachfolgenden Verfahrensschritten große Schlammmengen zu behandeln. Die wichtigsten Maßnahmen der Klärschlammbehandlung sind Stabilisierung, Entwässerung und gegebenenfalls Trocknung des Klärschlamms.
Stabilisierung
Unter Stabilisierung versteht man den weitgehenden Abbau der organischen Stoffe, also das Überführen des Klärschlamms von einem fäulnisfähigen in einen "stabilen" Zustand. Grundsätzlich können bei der Schlammstabilisierung zwei Anlagentypen unterschieden werden:
- Anlagen mit simultaner aerober Schlammstabilisierung, zum Abbau wird Sauerstoff benötigt
- Anlagen mit separater anaerober Schlammstabilisierung, Abbau ohne Sauerstoff (Klärschlammfaulung)
Kläranlagen unter 10.000 EW (Einwohnerwerte) werden bisher nahezu ausschließlich mit der simultanen aeroben Stabilisierung betrieben. Hier erfolgt die Schlammstabilisierung mit der Abwasserbehandlung im gleichen Becken. Um ein ausreichend hohes Schlammalter einzuhalten, werden diese Anlagen vergleichsweise gering belastet. Als Bemessungsgröße gilt ein Schlammalter zwischen 20 und 25 Tagen, die BSB5-Schlammbelastung beträgt bis zu 0,05 kg BSB5/(kg*TS*d).
Bei größeren Anlagen ab 50.000 EW kommt in Bayern ausschließlich die anaerobe Stabilisierung zum Einsatz. Der Schlamm wird zur Verminderung des Schlammvolumens in der Regel zuerst eingedickt und dann in den Faulbehälter gepumpt. Dort werden unter Luftabschluss und Temperaturen von ca. 33 bis 37° C bei einer Aufenthaltszeit von ca. 20 Tagen organische Substanzen von Bakterien abgebaut. Es entsteht Faulgas (60 bis 70 % Methan, 26 bis 36 % Kohlendioxid, geringe Mengen Wasserstoff und Schwefelwasserstoff), das zur Energiegewinnung (Strom und Wärme) in Blockheizkraftwerken oder Mikrogasturbinen eingesetzt wird. Im Übergangsbereich von 10.000 bis 50.000 EW Ausbaugröße sind grundsätzlich beide Verfahren möglich. Unter energetischen Gesichtspunkten ist die anaerobe Stabilisierung jedoch zu bevorzugen.
Entwässerung
Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, kann das Volumen durch Abtrennung des Schlammwassers erheblich vermindert werden. Bei optimaler Entwässerung bis zu einem Feststoffanteil von 35 % beträgt das Schlammvolumen am Ende der Behandlung nur noch ein Zehntel des Ausgangsvolumens.
Vor der Entwässerung wird durch Einmischen eines Konditionierungsmittels in den zu entwässernden Schlamm die Eindickfähigkeit bzw. die Entwässerbarkeit des Klärschlamms verbessert. Als Entwässerungsaggregate kommen Zentrifugen, Bandfilterpressen, Kammerfilterpressen und Schneckenpressen zum Einsatz.
Kläranlagen ab einer Ausbaugröße von ca. 20.000 EW haben in der Regel eine stationäre Entwässerungsanlage. Kleinere Kläranlagen geben ihren Schlamm an größere Anlagen zur Mitentwässerung oder setzen mobile Entwässerungsaggregate ein. Das bei der Entwässerung anfallende Schlammwasser kann mit organischen Verbindungen, Stickstoff und Phosphor hoch belastet sein. Daher soll es in einem Pufferbehälter zwischengespeichert und gleichmäßig der Kläranlage zugeführt oder separat behandelt werden, um Überschreitungen der Ablaufwerte zu vermeiden.
Trocknung
Durch Trocknung wird entwässertem Klärschlamm noch weiter Wasser entzogen. Eine Trocknung wird dann eingesetzt, wenn das nachfolgende Entsorgungsverfahren dies erfordert oder wenn zur Senkung der Transportkosten das Klärschlammvolumen weiter reduziert werden soll. Es werden durch Trocknung Feststoffanteile von 40 bis 95 % erreicht.
Falls thermische Trockner (zum Beispiel Bandtrockner, Scheibentrockner, Dünnschichttrockner) eingesetzt werden, sollten diese aus energetischen und wirtschaftlichen Gründen an Standorten errichtet werden, an denen Abwärme zur Verfügung steht. Häufig kommen auch solare Trocknungsanlagen zum Einsatz. Der Klärschlamm wird in gewächshausähnlichen Hallen eingebracht, mit speziellen Wendeeinrichtungen verteilt und mit Sonnenenergie getrocknet. Zur Erhöhung der Trocknungsleistung kann hierbei Abwärme, zum Beispiel aus dem Abgas eines Blockheizkraftwerks, genutzt werden.
Über die Verfahrensschritte Eindicken, Entwässern und Trocknen ist ein Feststoffanteil bis zu 95 % erreichbar. Mit steigendem Feststoffanteil steigt jedoch der apparative und energetische Aufwand. Deshalb müssen die Klärschlammbehandlungsschritte so ausgewählt werden, dass der für den jeweiligen Entsorgungsweg optimale Feststoffgehalt erreicht wird.
Durch rechtliche Änderungen (Klärschlammverordnung) erfolgt eine weitere Abkehr von der bodenbezogenen Klärschlammverwertung hin zur thermischen Klärschlammbehandlung. Damit ist für viele kleine und mittlere Kläranlagenbetreiber die Notwendigkeit verbunden die Schlammbehandlung auf der Kläranlage umzustellen. Die Publikation "Klärschlammbehandlung auf kleinen und mittleren Kläranlagen - Ein Leitfaden für Kommunen" gibt einen Überblick über die Technologien zur Schlammbehandlung unter Berücksichtigung der Entsorgungswege und kann dadurch bei der Planung zukünftiger Maßnahmen unterstützen.
Klärschlammentsorgung
Der im Jahr 2022 in bayerischen kommunalen Kläranlagen angefallene Schlamm von ca. 270.000 t Trockenmasse wurde über folgende Wege entsorgt:
- 85,7% wurden thermisch behandelt (verbrannt)
- 8,8% wurden landwirtschaftlich ausgebracht
- 5,6% wurden für Rekultivierungsmaßnahmen und im Landschaftsbau eingesetzt
Eine Deponierung von Klärschlamm ist seit einigen Jahren nicht mehr zulässig.
Da sich im Klärschlamm eine Vielzahl von Schadstoffen aus Haushalt, Gewerbe und Industrie befinden und durch eine landwirtschaftliche Verwertung diese aus dem Abwasser abgetrennten Schadstoffe wieder in der Umwelt ausgebracht werden, verfolgt Bayern das Ziel die landwirtschaftliche, landschaftsbauliche und gärtnerische Verwertung des Klärschlamms zu beenden. Als möglicher Entsorgungsweg bleibt die thermische Behandlung des Klärschlamms. Hier besteht die Möglichkeit der Mitverbrennung im Kohlekraftwerk, Müllheizkraftwerk oder Zementwerk sowie der Monoverbrennung in eigens für Klärschlamm errichteten Anlagen. Kohle- und Müllheizkraftwerke nehmen in der Regel entwässerten Schlamm an. Im Zementwerk wird voll getrockneter Klärschlamm eingesetzt. Für eine Verbrennung ist also eine Klärschlammentwässerung und zusätzlich eine Trocknung – je nach Verbrennungsverfahren – Voraussetzung. Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung (AbfKlärV) am 3. Oktober 2017 hat das Gebot zur Phosphorrückgewinnung Rechtsverbindlichkeit erhalten. Ab dem Jahr 2029 müssen Betreiber von Kläranlagen die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm beziehungsweise der Klärschlammasche sicherstellen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Diese Phosphorrückgewinnungspflicht hat auch Einfluss auf die zukünftig zulässigen Entsorgungswege.
Phosphor-Recycling
Wird Klärschlamm nicht mehr auf Ackerflächen ausgebracht, sondern verbrannt, kann dessen hoher Anteil an Nährstoffen, wie zum Beispiel Phosphor und Stickstoff nicht mehr direkt verwertet werden. Dies ist insbesondere für Phosphor bedeutend, da er ein essentielles Element, für alle Lebensvorgänge unentbehrlich und nicht ersetzbar ist. Dazu kommt, dass die weltweiten Phosphorvorräte begrenzt sind. Daher wurde in den letzten Jahren eine Reihe technischer Verfahren zum Phosphorrecycling entwickelt, die sich zum großen Teil noch im Entwicklungsstadium befinden und sich bisher noch nicht auf dem Markt durchsetzen konnten. Phosphor lässt sich aus Abwasser, Klärschlamm, Prozesswässern der Klärschlammbehandlung sowie Klärschlammasche zurückgewinnen. Die Rückgewinnung aus der Asche setzt eine Monoverbrennung voraus.
Der Abschlussbericht des Forschungsvorhabens "Rückholbarkeit von Phosphor aus kommunalen Klärschlämmen" gibt eine Übersicht und Bewertung der in Diskussion befindlichen Phosphor-Rückgewinnungsverfahren aus Klärschlämmen und Klärschlammaschen. Insbesondere werden die Untersuchungsergebnisse zum Nähr- und Schadstoffgehalt (Schwermetalle, organische Schadstoffe) sowie zur Düngewirkung von Klärschlammaschen und Recyclingdüngern zusammengefasst. Weitergehende Informationen enthält die Ausgaben des UmweltSpezial des LfU "Klärschlammverwertung und Phosphorrückgewinnung in Bayern".
Weiterführende Informationen
Links
- Klärschlammentsorgung
- Thermische Behandlungsanlagen für Siedlungsabfälle und Klärschlämme
- AbfKlärV Klärschlammverordnung
- Klärschlammentsorgung in Bayern - Planungshilfe für Kommunen
- Rückholbarkeit von Phosphor aus kommunalen Klärschlämmen
- Klärschlamm
- Klärschlammbehandlung auf kleinen und mittleren Kläranlagen - Ein Leitfaden für Kommunen
- Klärschlammverwertung und Phosphorrückgewinnung in Bayern