Kanalisation

Kanalisation

Nur mit einer funktionierenden Kanalisation kann eine hygienisch einwandfreie und den Belangen des Umwelt- und Überflutungsschutzes angemessene Abwasserableitung sichergestellt werden. Dazu betreiben die Städte und Gemeinden in Bayern ein dichtes Netz an Kanälen, welche teilweise über 100 Jahre alt sind und an die rund 97% der Bevölkerung angeschlossen sind. Die Länge der öffentlichen Kanalisation beträgt ca. 106.000 km (das entspricht mehr als dem doppelten Erdumfang), die Summe der privaten bzw. nicht öffentlichen Kanäle wird auf etwa die zwei- bis dreifache Länge geschätzt.

Es kommen grundsätzlich zwei Entwässerungssysteme zur Ableitung des gesammelten (häuslichen und gewerblichen) Schmutzwassers und des Niederschlagswassers zur Anwendung:

  • das Trennsystem und
  • das Mischsystem.
Schematischer Schnitt durch ein Gebäude mit zugehörigen Kanälen. Schmutz- und Niederschlagswasser werden gemeinsam, also gemischt, abgeleitet. Prinzip der Abwasserableitung im Mischsystem

Beim Trennsystem werden Schmutz- und Regenwasser in getrennten Kanälen abgeführt. Das Schmutzwasser gelangt zur Kläranlage während das Regenwasser zum nächsten Gewässer oder zu einer Versickerungsanlage abgeleitet wird. Beim Mischsystem erfolgt eine gemeinsame Ableitung von Schmutz- und Regenwasser in einem Kanal zur Kläranlage. Der Anteil der Mischkanalisation beträgt in Bayern rund 2/3 der vorhandenen Kanäle. Bei starken Regenfällen werden in der Mischkanalisation große Wassermengen zur Kläranlage abgeleitet. Dies kann die Funktion der Kläranlage gefährden, da nur eine bestimmte Abwassermenge gereinigt werden kann. Größere Mischwassermengen werden daher in Regenbecken zwischengespeichert und mechanisch durch Absetzwirkung gereinigt. Nicht mehr aufnehmbares Mischwasser muss - stark verdünnt - in ein Gewässer entlastet werden. Sauberes Regenwasser sollte allerdings nur dann im öffentlichen Kanal abgeleitet werden, wenn eine Rückhaltung, Nutzung oder Versickerung auf den Grundstücken nicht möglich ist.

Die Leistungsfähigkeit von Regen- und Mischwasserkanälen ist je nach örtlicher Lage auf die schadlose Abführung von Regenereignissen mit Wiederkehrzeiten (oder Überstauhäufigkeiten) von einem bis zu zehn Jahren ausgelegt. Niederschlagsereignisse, die über diesen allgemein anerkannten Bemessungsansatz hinausgehen, sind daher mit öffentlichen Entwässerungsanlagen allein nicht zu beherrschen. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass zusätzlich Abwasser aus der Kanalisation austreten und auf der Oberfläche abfließen kann, wenn die Kanalisation überlastet ist und es zu Rückstau in Kanälen kommt. Zur Reduzierung von Schäden bei solchen Ereignissen sind deswegen weitere Maßnahmen wie zum Beispiel die Ermittlung von Gefahrenbereichen und die Freihaltung von Notwasserwegen, nachhaltige Bauleitplanung und Flächennutzung, Eigenvorsorge (zum Beispiel Rückschlagsicherungen an Gebäuden, Versicherung) und eine umfassende öffentliche Risikokommunikation notwendig.

Möchte eine Kommune aus Vorsorgegründen zur Berücksichtigung von Starkregenereignissen bei der Bemessung von Abwasserkanälen einen höheren, also über die technischen Regeln hinausgehenden Schutz vor Überflutungen gewährleisten, kann zum Beispiel die rechnerische Häufigkeit der Bemessungsregen oder der Überstauereignisse angepasst werden. Das LfU-Merkblatt 4.3/3 enthält dazu weitere Informationen:

Am häufigsten gelangt das Abwasser im freien Gefälle zum Ziel. Abwasser kann jedoch auch über Druck- oder Unterdruckleitungen gefördert werden, die ein geländegleiches Verlegen oder ein Ansteigen des Kanals ermöglichen.

Ein LfU-Infoblatt gibt Hinweise für einen sicheren und regelkonformen Betrieb von Abwasserpumpwerken und -druckleitungen sowie zur Dichtheitsprüfung in Betrieb befindlicher Druckleitungen. Um eine Prüfung zu ermöglichen sind auch bauliche Voraussetzungen zu erfüllen. Die Durchführung des Prüfverfahrens wird mit einem Excel-Tool ermöglicht.

Obwohl das Kanalnetz in aller Regel das größte Anlagenvermögen einer Gemeinde darstellt, erfährt es häufig nicht die erforderliche Aufmerksamkeit. Eine Untersuchung im Auftrag des Landesamtes für Umwelt über den Zustand der öffentlichen Kanalisation (siehe "Weiterführende Informationen") ergab einen kurz- bis mittelfristigen Sanierungsbedarf bei ca. 20% der Schmutz- und Mischwasserkanäle. Für die Reparatur, Renovierung oder Erneuerung der beschädigten Kanäle werden in den nächsten Jahren finanzielle Aufwendungen in der Größenordnung von 8 bis 9 Milliarden Euro erwartet. Zur Unterstützung insbesondere kleinerer Kanalnetzbetreiber ohne eigenes Fachpersonal hat das Landesamt für Umwelt einen Leitfaden zur Inspektion und Sanierung kommunaler Abwasserkanäle herausgegeben. Der Leitfaden beschreibt in leicht verständlicher und übersichtlicher Form die Vorgehensweise bei der Kanalsanierung und gibt Hinweise zur Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen.

Besondere Anforderungen sind bei der Sanierung oder beim Betrieb von Asbestzementkanälen zu beachten.

Abwasseranlagen sind häufig die größten Energieverbraucher von Gemeinden und Städten. Daher bieten sich bei der Kanalisation und auf Kläranlagen vielfältige Möglichkeiten, um zur Verringerung von Treibhausgasen beizutragen. Dazu informiert der LfU-Leitfaden "Energie aus Abwasser" über grundsätzliche Zusammenhänge und stellt die erforderlichen Schritte zur Erkennung von Potentialen zur Energieeinsparung, zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Gewinnung von Energie aus regenerativen Quellen bei Abwasseranlagen dar.

Eine weitere Unterstützung erhalten die Kanalnetzbetreiber mit der Informationskampagne "Schau auf die Rohre". In dieser gemeinsamen Kampagne der kommunalen Spitzenverbände, der Fachverbände der Wasserwirtschaft und der Wasserwirtschaftsverwaltung wird den Kommunen und Anlagenbetreibern vielfältige Unterstützung bei der Instandhaltung ihrer Kanalnetze geboten. In einem eigenen Web-Bereich gibt es Fachinformationen zur Planung und Umsetzung von Prüf- und Baumaßnahmen bis hin zur Kommunikation mit der Bevölkerung. Detailliert ausgearbeitete Praxisbeispiele – von großen Netzbetreibern bis zu kleinen Kommunen – präsentieren unterschiedliche Möglichkeiten und Maßnahmen zur Instandhaltung der Netze und forcieren den Austausch von vorhandenem Wissen und Erfahrungen. Gleichzeitig erhalten die Kommunen Broschüren und Kampagnen-Plakate zur Information ihrer Bürgerinnen und Bürger. Zum fachlichen Austausch unter Kommunen und Anlagenbetreibern sowie zur Information der Bürgerinnen und Bürger vor Ort sind Aktionstage in allen bayerischen Regierungsbezirken vorgesehen.

Abwasserleitungen auf Privatgrundstücken sind neben dem öffentlichen Kanalnetz ein wichtiger Bestandteil des Entwässerungssystems. Man geht davon aus, dass bis zu 80% der privaten Abwasserleitungen undicht sind, denn häufig wurden sie weder von einer Fachfirma noch nach den Regeln der Technik gebaut – und danach selten überprüft. Um Boden und Grundwasser zu schützen und zu verhindern, dass Grundwasser durch undichte Leitungen eindringt und Abwasseranlagen unnötig belastet, müssen auch private Abwasserleitungen regelmäßig geprüft und bei Bedarf saniert werden. Zwar liegt die Zuständigkeit für den Unterhalt und Betrieb der privaten Leitungen bei den Grundstückseigentümern. Diese wissen jedoch häufig weder, dass sie ihre Abwasserleitungen instand halten müssen, noch wie sie dabei am besten vorgehen sollen. Daher sollten Kanalnetzbetreiber die Grundstückseigentümer mit Beratung und Kooperationsangeboten unterstützen. Diese schaffen Vertrauen sowie eine hohe Akzeptanz und gewährleisten den nachhaltigen Erfolg bei allen Beteiligten. Die Broschüre "Umgang mit privaten Abwasserleitungen – Leitfaden für Kommunen" enthält Handlungsstrategien zum Umgang mit privaten Abwasserleitungen, Empfehlungen für die Anpassung der Entwässerungssatzung und Hinweise zur Beratung und Öffentlichkeitsarbeit.

Das Infoblatt "Private Abwasserleitungen prüfen und sanieren" aus der Reihe UmweltWissen richtet sich direkt an Grundstückseigentümer mit wertvollen Informationen zu diesem Thema.

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