Hochwasser und Überschwemmungen

Hochwasser bedeutet zunächst, dass an einem Fluss oder See der Wasserstand oder Abfluss höher ist als im langjährigen Mittel. Ausuferungen und Überschwemmungen, die zum Teil auch Schäden verursachen, treten meist erst bei deutlich erhöhten Wasserständen auf.

Das Ausmaß der Hochwasser-Ereignisse wird im Allgemeinen über Abfluss- und Wasserstands-Werte beschrieben, die an den Pegel-Messstellen in Bayern gemessen werden. Ausgewertet wird vor allem der maximale Abfluss- oder Wasserstands-Wert der Hochwasserwelle.

Hochwasser-Klassifizierung

Um die Werte einzuordnen gibt es zwei unterschiedliche Klassifizierungen:
Jährlichkeit (HQx) und Meldestufen.

Die Meldestufe gibt Auskunft darüber welche Schäden durch Überschwemmungen beim Hochwasser im Bereich des jeweiligen Pegels aufgetreten sind bzw. auftreten können.

In Bayern wurden Meldestufen an etwa 260 Pegeln festgelegt vorrangig an Pegeln mit größerem Einzugsgebiet. Hochwasser durch Starkniederschläge, welches meist räumlich sehr begrenzt auftritt, wird daher besser durch die Angabe der Jährlichkeits-Werte abgebildet, da diese auch für viele Pegel mit kleinem Einzugsgebiet vorhanden sind.

Datengrundlage

Plausibilisierte und geprüfte Abfluss- und Wasserstands-Daten stehen für das Jahr 2021 noch nicht zur Verfügung. Daher werden für diesen Bericht Rohdaten verwendet, die sich bei der abschließenden Prüfung noch ändern können. Während der Bearbeitung dieses Berichts wurden jedoch bereits die wichtigsten Werte auf auffällige Ausreißer überprüft und korrigiert.

Überblick über die Hochwassersituation 2021

Ähnlich wie in den letzten Jahren gab es in den ersten Monaten des Jahres 2021 und wieder im Dezember Hochwasser durch Regenfälle in Kombination mit Schneeschmelze. In den Sommermonaten traten einige Hochwasser-Ereignisse auf, die von Stark-, Dauerregen und Gewitter-Niederschlägen verursacht wurden.

Das Hochwasser durch Tief "Bernd" im Juli fiel in Bayern deutlich weniger katastrophal aus als in der Mitte Deutschlands, aber auch in Bayern wurde zweimal der Katastrophenfall ausgerufen. In Bayern wurde im Sommer 2021 insgesamt mehr Starkregen-Hochwasser als in den Jahren zuvor registriert, es wurden öfter extreme Abfluss-Werte gemessen und die Hochwasser-Saison erstreckte sich über einen längeren Zeitraum.

Dies sieht man auch an der Anzahl der Hochwasser-Berichte (Hochwasser-Lageberichte und Informationen zur Hochwasserlage), die vom Hochwassernachrichtendienst veröffentlicht wurden. Im Jahr 2021 waren es insgesamt 74 Berichte an 60 Tagen, etwa anderthalb Mal so viel wie im Jahr zuvor.

Ende Januar und Anfang Februar verursachten Regen und Tauwetter die ersten größeren Hochwasser-Ereignisse im Jahr 2021.

Beim ersten Hochwasser Ende Januar/Anfang Februar waren Flüsse und Seen in fast ganz Bayern mit Ausnahme des Alpen- und Voralpengebietes betroffen. Am 30.01. gab es an den Flussabschnitten von insgesamt 107 Pegelmessstellen Überschwemmungen der Meldestufe 1 bis 3.

Auch das zweite Hochwasser Anfang Februar war im Gebiet nördlich der Donau weit verbreitet, hier traten Überschwemmungen der Meldestufen 1 bis 3 im Bereich von 106 Pegeln auf, an 4 Pegeln auch der höchsten Meldestufe 4. Die größten Überschwemmungen gab es im Gebiet des Regen, an der unteren Donau, im Gebiet des Oberen Mains und der Fränkischen Saale (siehe auch weiter unten im Kapitel "Besondere Hochwasser-Ereignisse").

Es gab noch ein weiteres kleineres Hochwasser durch Regen und Schneeschmelze und danach einen längeren Zeitraum ohne Hochwasser bis Mitte Mai.

Von Mitte Mai bis Anfang Juli traten vor allem im nördlichen Teil Bayerns in verschiedenen Gebieten durch Gewitter-, Stark- und zum Teil Dauerregen mehrere lokal begrenzte Hochwasser-Ereignisse auf. Es folgte Anfang Juni ein großes Hochwasser durch ergiebige Stark- und Dauerniederschläge im Zuge des Tiefs ‚Arno'. Schwerpunkt waren die westlichen Regnitz-Zuflüsse, wo an insgesamt 11 Pegeln Überflutungen der höchsten Meldestufe 4 auftraten. Außerdem traten an 12 Pegeln vor allem an den kleineren Flüssen extreme Abfluss-Werte auf, die zum Teil deutlich über der Marke für das 100-jährliche Hochwasser (HQ 100) lagen (siehe auch weiter unten im Kapitel "Besondere Hochwasser-Ereignisse").

Kurz darauf verursachte das Tief ‚Bernd' auch in Bayern weitere schwere Gewitter und Starkregen, die die Wasserstände an Flüssen und Seen wieder ansteigen ließen. Von Hochwasser betroffen war dabei aber zum größeren Teil andere Regionen: Extreme Hochwasser-Abflüsse gab es vor allem an den kleineren Flüssen der bayerischen Alpen und Voralpen. Hier wurde an insgesamt 6 Pegelmessstellen im Scheitel der Hochwasserwelle ein über 100-jährlicher Abfluss (HQ 100) gemessen. Ausuferungen und Überschwemmungen der Meldestufen 1 bis 3 wurden an verschiedenen Flussabschnitten verteilt über ganz Bayern beobachtet.

Ab Ende Juli gab es nur ganz vereinzelt und örtlich begrenzt Ausuferungen und Überschwemmungen.

Erst Ende August trat ein weiteres Hochwasser an einigen Flüssen im mittleren und südlichen Teil Bayerns auf mit Überschwemmungen der Meldestufe 4 an zwei kleineren Zuflüssen zur mittleren Donau.

Die darauffolgenden Monate verliefen ohne Hochwasser bis Ende Dezember.

Das Hochwasser Ende Dezember bis Anfang Januar 2022 hatte eine mittlere Größenordnung und wurde von Schneeschmelze und Regen ausgelöst. An insgesamt 46 Flussabschnitten im nördlichen Teil Bayerns gab es Ausuferungen der Meldestufen 1 und 2.

Besondere Hochwasser-Ereignisse

Hochwasser im Zeitraum Ende Januar und Anfang Februar 2021

Die zwei Hochwasser-Ereignisse in den Zeiträumen 28.01. bis 02.02. und 03. bis 09.02. waren im Hinblick auf die Verbreitung der Überschwemmungen am größten. Beide wurden durch Tauwetter in Verbindung mit ergiebigen Niederschlägen verursacht.

Beim ersten Hochwasser Ende Januar war vor allem das Gebiet des Oberen Mains, der Fränkischen Saale und das Gebiet der Regnitz mit Überschwemmungen der Meldestufe 1 bis 3, am Pegel Büg an der Schwabach auch der Meldestufe 4 betroffen. Aber auch an Wörnitz, Altmühl und im Gebiet von Naab und Regen, an kleineren Zuflüssen zur Oberen Donau, der Rott sowie der Donau selbst gab es Ausuferungen der Meldestufe 1 und 2, in Cham am Regen auch der Meldestufe 3. Insgesamt wurden an 131 Pegelmessstellen Wasserstände mindestens in Höhe der ersten Meldestufe gemessen, oft auch deutlich höher. Extrem hohe Abflüsse wurden nur wenige registriert, die höchsten wurden mit einer Jährlichkeit von 20 bis 50 Jahren (HQ 20-50) im Oberlauf von Zuflüssen zur Regnitz gemessen.

Das Hochwasser Anfang Februar betraf ein ähnliches Gebiet in Bayern wie zuvor, es gab aber im Einzugsgebiet der Fränkischen Saale und des Oberen Mains noch größere Überschwemmungen. Die Flüsse südlich der Donau waren hingegen kaum betroffen. Auch dieses Hochwasser war weit verbreitet: An insgesamt 112 Pegelmessstellen erreichten die Wasserstände der Hochwasserwelle die Werte der Meldestufe 1 bis Meldestufe 3, auch Wasserstände der Meldestufe 4 wurden an drei Pegeln an der Rodach und dem Oberlauf der Fränkischen Saale gemessen. Extrem hohe Abfluss-Scheitelwerte gab es auch hier nicht, diese blieben durchweg unterhalb des Wertes für einen Abfluss mit Jährlichkeit von 20 Jahren (HQ 20).

Hochwasser im Juli 2021

Insgesamt war Bayern im Juli 2021 deutlich weniger stark vom Hochwasser betroffen als die Flüsse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch hier gab es zwei große Hochwasser. Auslöser waren Stark- und Dauerniederschläge in Verbindung mit Gewittern.

Ausuferungen und Überschwemmungen traten bei beiden Hochwasser-Ereignissen nicht so weiträumig auf wie bei den Hochwassern Ende Januar und Anfang Februar, allerdings gab es im Juli öfter auch Überflutungen der höchsten Meldestufe 4, und es wurden an einigen Pegelmessstellen, vor allem an kleineren Flüssen, extrem hohe Abfluss-Werte gemessen.

Hochwasser vom 08. bis 12.07.2021

Grafik mit Abfluss-Gangline am Pegel Rappoldshofen an der Aisch zusammen mit den waagerechten Linien für die Jährlichkeits-Werte. Man sieht ein schnelles Ansteigen des Abflusses am 09.07. In der Nacht vom 09. auf den 10.07. sind die Abflusswerte schon etwas oberhalb der Linie für den 100-jährlichen Wert (HQ 100). Die Abflüsse gehen auch rasch wieder zurück, am 12.07. ist der Schwellwert für das einjährliche Hochwasser (HQ 1) wieder unterschritten. Die Grafik geht bis zum 21.07., bis dahin gibt es keine weiteren Anstiege der Abflüsse. Abbildung 5: Abflussganglinie am Pegel Rappoldshofen an der Aisch, beim Hochwasser 08. bis 12.07. wurden über 100-jährliche Abflüsse (HQ 100) aufgezeichnet

Vom 08. bis 12.07. gab es in Bayern ein größeres Hochwasser, verursacht durch ergiebige Niederschläge des Tiefs ‚Arno'. Schwerpunkt waren die westlichen Regnitz-Zuflüsse (Fränkische Rezat, Zenn und Aisch), das Gebiet der Oberen Altmühl und der Oberen Wörnitz sowie kleinere Zuflüsse zum mittleren Main. In geringerem Maße trat Hochwasser auch im Gebiet der oberfränkischen Itz und an kleineren Flüssen im bayerischen Wald und im oberfränkischen Wald auf.

Die Hochwasser-Scheitel wurden größtenteils in der Nacht vom 09. auf den 10.07. erreicht. Insgesamt traten im Bereich von 86 Pegel-Messstellen Überschwemmungen der Meldestufe 1 bis 3 auf, an 11 Pegelmessstellen, vor allem an den westlichen Regnitz-Zuflüssen, Altmühl und Wörnitz auch Überflutungen der Meldestufe 4.

In diesem Gebiet wurden auch außergewöhnlich hohe Abflusswerte beobachtet. An vier Pegeln gab es Scheitel-Abflüsse einer Jährlichkeit von 20 bis 50 Jahren (HQ 20 bis 50), fünf Mal wurden Scheitel-Abflüsse einer Jährlichkeit von 50 bis 100 Jahren (HQ 50 bis 100) gemessen und an 12 Pegeln wurden Abflüsse beobachtet, die zum Teil deutlich über den 100-jährlichen Werten (HQ 100) liegen. Seitens der extremen Abfluss-Werte ist dieses das größte Hochwasser in 2021.

Hochwasser vom 13. bis 21.07.2021

Grafik mit der Abfluss-Ganglinie am Pegel Berchtesgaden Kläranlage an der Berchtesgadener Ache mit den waagerechten Linien für die Jährlichkeits-Werte. Man sieht kleinere Anstiege am 09.07. und am 11.07. Erst am 17.07. steigt die Abflussganglinie stark an auf Werte über 100-jährliche Werte. Ähnlich schnell geht der Abfluss wieder zurück und liegt wenige Stunden später bei einem 2 bis 5-jährlichen Wert (HQ2 und HQ 5). Dann geht der Abfluss langsam weiter zurück, am Nachmittag des 18.07. ist auch der Wert für ein einjährliches Hochwasser (HQ 1) wieder unterschritten. Abbildung 7: Abflussganglinie am Pegel Berchtesgaden Kläranlage an der Berchtesgadener Ache, erst die Regenfälle vom 17.07. verursachen einen schnellen Anstieg auf über 100-jährliche Werte (HQ 100)

Einige Tage danach verursachte das Tief Bernd starke Regenfälle, die allerdings größten Teils in anderen Regionen Bayerns fielen.

Zunächst gab es am 13. Juli Hochwasser in Oberfranken, mit Abzug des Tiefs nach Osten trat dann vom 16. bis 21.07. Hochwasser auch im Süden Bayerns auf. Betroffen waren vor allem die Flüsse im gesamten Bereich der Alpen und des Alpenvorlandes, in geringerem Ausmaß auch kleinere Flüsse im Oberen Bayerischen Wald und westliche Regnitz-Zuflüsse. An den größeren Flüssen Salzach, Inn und Donau traten in Folge der hohen Abflussmengen aus den Zuflüssen ebenfalls erhöhte Abflüsse und Wasserstände auf. Überschwemmungen der Meldestufe 1 bis 3 gab es im Bereich von 77 Pegeln, Überschwemmungen der Meldestufe 3 traten am Inn und der Donau in Passau auf, die höchste Meldestufe 4 wurde an keinem Pegel erreicht.

Auch hier wurden an einigen Pegeln kleinerer Flüsse extremes Hochwasser beobachtet. Abflüsse der Jährlichkeit 20 bis 50 Jahre (HQ 20 bis 50) wurden an sechs Pegeln und Jährlichkeiten von 50 bis 100 Jahren (HQ 50 bis 100) an zwei Pegeln an Flüssen in den Alpen und Voralpen gemessen. An insgesamt sechs Pegeln im Allgäu, im Berchtesgadener Land sowie an je einem Pegel in Oberfranken und im Bayerischen Wald traten auch über 100-jährliche Abfluss-Werte (HQ 100) auf.

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