Abfluss
Das Abflussgeschehen im Jahr 2020 wird wesentlich durch das in den zwei vorangegangenen Trockenjahren 2018 und 2019 aufgebaute Wasserdefizit in den Grund- und Bodenspeichern sowie das in weiten Teilen Bayerns ebenfalls zu trockene Jahr 2020 geprägt. Besonders betroffen sind die Regionen nördlich des Alpenvorlandes. Das Wasserdefizit konnte vielfach nicht ausgeglichen werden und hat sich zum Teil weiter verstärkt. Daran konnten auch die aufgrund des markant zu nassen Februars ungewöhnlich hohen Abflüsse für diesen Monat nichts grundlegend ändern.
Mittlerer Jahresabfluss
Beim Vergleich des Jahresabflusses 2020 mit dem langjährigen Mittel zeigt sich eine große Spannweite von 45% bis 126%. Allerdings werden mit Ausnahme des Alpenbereiches und des Frankenwaldes verbreitet nur Jahresabflüsse von 60% bis 80% des langjährigen Mittels verzeichnet. In der östlichen Oberpfalz, im südlichen Niederbayern sowie vereinzelt in Mittel- und Unterfranken liegen die Werte nur zwischen 45% und 60%. Hier zählt das Jahr 2020 zu den abflussärmsten Jahren seit Beobachtungsbeginn und ist einzuordnen in die Reihe der Trockenjahre 2019, 2018, 2003 und 1976. Jahresabflüsse über dem langjährigen Mittel zeigen nur einzelne Pegel im Alpenbereich mit Schwerpunkt Inn- und Isareinzugsgebiet.
Niedrigwasserabfluss
Auch bei der Betrachtung der Tagesabflüsse spiegelt sich die Betroffenheit durch Niedrigwasser wider. Der Vergleich der niedrigsten Tagesabflüsse (NQ) im Vergleich zum langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) zeichnet ein ähnliches Bild wie bei den Jahresabflüssen. So unterschreiten die Abflüsse im Laufe des Jahres 2020, mit Ausnahme der Fließgewässer mit hohem alpinen Einzugsgebietsanteil, verbreitet den MNQ und werden als sehr niedrig eingestuft. Die Spannbreite liegt bei 14% bis 180%. Besonders vom Niedrigwasser betroffen ist der Bereich nördlich der Donau sowie Niederbayern mit 50% bis 80%, im Osten von Oberfranken und der Oberpfalz verbreitet sogar weniger als 50%. An einzelnen Pegeln werden weniger als 20% registriert. Ausnahme bildet hier die Rednitz/Regnitz durch die Aufhöhung der Abflüsse durch die Donauüberleitung. In den stark von Niedrigwasser betroffen Bereichen werden die Niedrigwerte der Trockenjahre 2019, 2018, 2003 oder 1976 häufig erreicht bzw. unterschritten.
Wie in den Vorjahren 2018 und 2019 sind nicht nur die niedrigsten Tagesabflüsse ungewöhnlich, sondern auch die zeitliche und räumliche Ausprägung der Niedrigwasserphasen (Abbildung 3). Im Zeitraum Mitte Juli bis Ende August liegt der Anteil der Pegel mit sehr niedrigen Abflüssen vielfach im Bereich 30% bis 55%, unterbrochen nur durch kurze, aber nicht nachhaltige Erholungen. Einen deutlichen Rückgang auf wenige Prozent gibt es Ende August/Anfang September. Anschließend wächst der Anteil vom 01.09. rapide ohne Unterbrechung bis zum 20.09. auf 54% an. Vom 25.09. zum 26.9 fällt der Anteil dann wieder auf wenige Prozente. Mit Ausnahme von Februar und März liegt auch in den übrigen Monaten zeitweise an 19% (Ende Januar) bis 40% (Ende Juni) der Pegel der Abfluss unterhalb MNQ. Hervorzuheben ist der hohe Anteil bis zu 25% in den normalerweise gerade in Nordbayern abflussstarken Monaten November und Dezember.
Abflussentwicklung im Jahresverlauf
Beispielhaft für Bayern ist die Abflussentwicklung über das Jahr in Tageswerten sowie in Monatswerten für die Pegel Kemmern/Main (Einzugsgebiet 4.224km2) in Abbildung 4a und 4b sowie Kelheim/Donau (23.031km2) in Abbildung 5a und 5b dargestellt. In Abbildung 6 werden für beide Pegel die prozentualen Abweichungen zu den langjährigen Monatsmitteln gezeigt.
Im Jahr 2020 ist der Abfluss am Pegel Kemmern/Main mit 73% des langjährigen Mittels auf ähnlich niedrigem Niveau wie im Vorjahr. Der Jahresabfluss am Pegel Kelheim/Donau liegt diesmal im Vergleich zum langjährigen Mittel um 10% niedriger bei 83%. Wesentlich geprägt wird das Abflussgeschehen durch ungewöhnlich hohe Abflüsse im Februar sowie teils März und Juni, aber vielmehr durch ungewöhnlich niedrige Abflüsse in den übrigen Monaten, vor allem im April und Mai.
Am Pegel Kemmern/Main folgen die Abflüsse vielfach dem typischen Jahresgang mit höheren Abflüssen im Winter und niedrigeren Abflüssen im Sommer. Allerdings sind im Februar und März monatliche Abflüsse deutlich über den langjährigen Monatsmitteln zu verzeichnen. In den restlichen Monaten hingegen liegen diese mit Ausnahme des Junis mit 85% nur bei 34% bis 48% der jeweiligen langjährigen Monatsmittel.
Am Pegel Kelheim/Donau ist das Bild etwas ausgeglichener hinsichtlich der Abweichung der monatlichen Abflüsse zum langjährigen Mittel – mit Ausnahme des Februars mit einem Wert von 159%. Außer im März liegen die Werte jeweils unterhalb der langjährigen Mittel. Hervorzuheben sind April und Mai, die sonst üblicherweise abflussstärksten Monate im Jahr, mit Werten von 59% und 56%.
Im Folgenden wird anhand dieser Pegel monatsweise das Abflussgeschehen in Bayern beschrieben:
Januar bis März
Schon aus dem Vorjahr kommend starten die Abflüsse auf für die Jahreszeit niedrigem Niveau. Infolge des zu trockenen Januars nehmen die Abflüsse verbreitet, insbesondere nördlich der Donau, bis zum Monatsende hin ab. Am Pegel Kelheim/Donau sank der Abfluss am Monatsende in den Bereich des MNQ ab, am Pegel Kemmern/Main sorgen am 17./18. Niederschläge für ein kurzzeitiges Ansteigen in den Bereich des MQ. Am Pegel Kemmern/Main beträgt der Monatsabfluss nur die Hälfte des sonst üblichen Wertes, am Pegel Kelheim/Donau noch 77%. Auf den Januar folgt eine Phase mit erhöhten Abflüssen und Hochwasser. Der Dauerregen zu Anfang Februar mit den Sturmtiefs Naima (01./02.) und Petra (03./04.) mit zusätzlichem Tauwetter in den Alpen führen bayernweit zu einem deutlichen Anstieg der Abflüsse und in Schwaben, Nordbayern und an der Donau selbst zu Hochwasser (siehe Kapitel Hochwasser). An vielen Pegeln werden die höchsten Abflüsse im Jahresverlauf registriert, so auch am Pegel Kelheim/Donau. Durch die immer wieder auftretenden Regenfälle bleiben die Abflüsse in der Folge auf hohem Niveau. Sturmtief Sabine lässt vor allem in Franken am 09./10. die Abflüsse ansteigen. Ende des Monats sorgt Tief Charlotte mit Schneeschmelze in Nordbayern erneut für Hochwasser. Am Pegel Kelheim/Donau beträgt der monatliche Abfluss 159%, am Pegel Kemmern/Main 150% des langjährigen Monatsmittels. An Pegeln im Bereich der Mittelgebirge, der Alpen und des Alpenvorlandes wird auch das 2 bis 3fache des monatlichen Mittels registriert. Aufgrund der regnerischen Witterung bleiben in der ersten Märzhälfte die Abflüsse auf hohem Niveau. Im westlichen Mittelfranken und nördlichen Schwaben hält die Hochwasserlage aus dem Vormonat an, so dass hier Anfang März die höchsten Abflüsse im Jahresverlauf registriert werden. Das Sturmtief Gisela (10./11.) führt nördlich der Donau, insbesondere im Gebiet des Oberen Main, zu hohen Abflüssen und in diesem Bereich zu den höchsten Abflüssen im Jahresverlauf, so auch am Pegel Kemmern/Main. In der anschließenden Trockenperiode nehmen die Abflüsse stetig ab, was an den Pegeln Kemmern/Main und Kelheim/Donau zu beobachten ist. Nur außerhalb Frankens führt ein Tiefausläufer am 20. zu kurzzeitigen Anstiegen. Am Pegel Kelheim/Donau liegt der Wert 6% über dem langjährigen Monatsmittel, am Pegel Kemmern/Main sogar 27%.
April bis Juni
Im April sorgt die andauernde Trockenwetterphase für eine weiterhin kontinuierliche Abnahme der Abflüsse. Nur in der Region Chiemsee/Berchtesgadener Land verursachen gewittrige Niederschläge kurze Abflussanstiege. Im Zeitraum 17. bis 19. führen geringe Niederschläge zu leichten Anstiegen wie am Pegel Kelheim/Donau. Ende April beenden Tiefausläufer die Trockenheit. Wesentliche Niederschläge treten im Bereich Bodensee bis zur Isarmündung auf. Am Pegel Kemmern/Main steigen die Abflüsse zum Monatsende nur leicht an, am Pegel Kelheim/Donau ist dies etwas ausgeprägter. Der zu trockene April führt nahezu bayernweit zu für den April ungewöhnlich niedrige Abflusswerte. Am Pegel Kelheim/Donau fließen nur 59%, am Pegel Kemmern/Main nur 44% der sonst üblichen Menge ab. Im darauffolgenden auch zu trockenen Mai verringern sich die Abflüsse bis zum Monatsende in den Bereich des MNQ. Unterbrochen wird die stetige Abnahme nur durch kurzfristige leichte Anstiege in Folge von Starkniederschlägen, so zum Beispiel am 11. am Pegel Kemmern/Main. Am Pegel Kelheim/Donau fließen nur 56%, am Pegel Kemmern 44% der sonst üblichen Monatsmenge ab. Im Juni sorgen die vom 03. bis 20. infolge relativ stationärer Tiefdruckgebiete aufeinanderfolgenden Starkregenfälle verbreitet zu einer Erholung der Abflüsse. An den Pegeln Kemmern/Main und Kelheim/Donau steigen die Abflüsse Mitte Juni über MQ an. An einzelnen Pegeln kommt es, wie zum Beispiel im Zeitraum 13. bis 15. im Bereich des Weißen und Roten Mains, infolge von Starkniederschlägen zu Hochwasser (siehe Hochwasserkapitel). Dieses Ereignis paust sich bis zum unterliegenden Pegel Kemmern/Main durch. Ende Juni lässt Dauerregen im Alpenbereich die Abflüsse ansteigen und in der Folge auch an der Donau wie am Pegel Kelheim/Donau. Am Pegel Kelheim/Donau fließen 84%, am Pegel Kemmern/Main 83% des langjährigen Monatsmittels ab.
Juli bis September
Im zu trockenen Juli nehmen die Abflüsse bis zum Monatsende ab. Am Pegel Kemmern/Main und Kelheim/Donau sinken diese bis in den Bereich des MNQ ab. Unterbrochen wird das Absinken durch kurzfristige Anstiege infolge von Starkniederschlägen, insbesondere im Bereich südlich der Donau im Alpenstau. Die Starkniederschläge des Tiefs Yvonne vom 15. bis 17. lassen die Abflüsse am Pegel Kelheim/Donau bis in den Bereich des MQ ansteigen. Am Pegel Kelheim/Donau fließen 70%, am Pegel Kemmern/Main nur 42% des langjährigen Monatsabflusses ab. Anfang August führt eine Dauerregenlage an den Alpen mit Schwerpunkt im Südosten im Inn- und Isareinzugsgebiet zu Hochwasser. Vielfach liegen die Werte deutlich über MHQ. Am Pegel Kelheim/Donau führt dies zum zweiten höchsten Abflussscheitel im Jahresverlauf. Anschließend sorgen Niederschläge nur lokal für kurzfristige Abflussanstiege. An den Pegeln Kemmern/Main und Kelheim/Donau sinken die Abflüsse in den Bereich des MNQ ab. Die Augustabflüsse betragen am Pegel Kelheim/Donau 78%, am Pegel Kemmern/Main 46% des langjährigen Monatsmittels. Erst die Niederschläge des Bodentiefs Marlis vom 29. bis 31. lassen die Abflüsse ansteigen. Im September führt die bis zum 22. anhaltende Trockenwetterlage wieder zu einem stetigen Absinken der Abflüsse. Am Pegel Kelheim/Donau wird der MNQ knapp, am Pegel Kemmern/Main deutlich unterschritten. An beiden Pegeln werden die niedrigsten Abflüsse im Jahresverlauf registriert, bevor Niederschläge in der letzten Septemberdekade diese Niedrigwasserphase beenden. Am Pegel Kelheim/Donau liegen die Abflüsse 25%, am Pegel Kemmern/Main 49% unter den für September sonst üblichen Abflüssen.
Oktober bis Dezember
Im Oktober führen Niederschläge immer wieder zu leichten Anstiegen und halten die Abflüsse oberhalb des MNQ. Im letzten Oktoberdrittel steigen infolge der Niederschläge mit dem Durchzug von drei Tiefdruckgebieten vor allem im Süden deutlich an. Dabei wird am Pegel Kelheim/Donau der MQ überschritten, am Pegel Kemmern/Main bleibt dieser darunter. Im für den Pegel Kelheim/Donau normalerweise abflussarmen Oktober liegt der Abfluss nur 6% unterhalb des langjährigen Monatsmittels, am Pegel Kemmer/Main hingegen weiterhin mit 42% deutlich darunter. Im viel zu trockenen November nehmen die Abflüsse wieder stetig ab, am Pegel Kelheim/Donau sowie am Pegel Kemmern/Main bis in den Bereich des MNQ. Die mittleren Abflüsse liegen am Pegel Kelheim/Donau bei 79%, am Pegel Kemmern/Main bei 50% des langjährigen Novembermittels. Im Dezember hält die Trockenwetterphase weiter an und die Abflüsse an beiden Pegeln verharren auf dem sehr niedrigen Niveau im Bereich des MNQ. Erst im letzten Dezemberdrittel kommt es zum Wetterwechsel. Kräftige Regenfälle am 22./23., vor allem in Unter- und Oberfranken sowie im Bayerischen Wald, lassen hier die Abflüsse deutlich ansteigen. Am Pegel Kemmern/Main wird der MQ deutlich überschritten, am Pegel Kelheim/Donau fast erreicht. Dennoch liegt der Abfluss im Dezember im Mittel am Pegel Kelheim/Donau 30%, am Pegel Kemmern/Main 46% unterhalb des langjährigen Mittels.