Tertiärwelt Aubenham
Ungewöhnlich ist der Mischwald, der in Aubenham zum Spazieren und Verweilen einlädt. Ihn prägen Baumarten, deren Vorläufer vor neun Millionen Jahren hier wuchsen. Fossilien aus einer benachbarten Tongrube belegen eine einst vielgestaltige Pflanzen- und Tierwelt, die wir heute als exotisch bezeichnen würden.
Anfahrt - So finden Sie die Tertiärwelt Aubenham
Auf der A94/B12 bis Ausfahrt südlich von Ampfing. Von dort auf St2091 (Waldkraiburger Straße) nach Norden zur Stadtmitte Ampfing und 3,4 km weiter bis Zangberg. Dort nach links auf die St2354 (Palmberg) und nach 4,8 km nach links auf St2086 (Hofmark) Richtung Oberbergkirchen abbiegen.
Nach 1,2 km an Ziegelberg nach links und 0,4 km bis zum Geotop.
Aus Sicherheitsgründen darf die anschließende aktive Tongrube nur mit einer entsprechenden Erlaubnis betreten werden!
Beschreibung
Die Molasse
Als sich vor etwa 65 Millionen Jahren bei der Alpenentstehung der afrikanischen Teil der Erdkruste über den europäischen schob, entstand im nördlichen Alpenvorland eine breite Senke, die den Verwitterungsschutt des aufsteigenden Gebirgskörpers aufnahm.
Durch mehrfaches Vordringen und Zurückweichen des dortigen Meeres bildeten sich Abfolgen von unterschiedlichen im Meer und auf dem Land abgelagerten Gesteinsschichten.
Schließlich zog sich das Meer zurück, es setzten sich festländische Verhältnisse durch. Kies, Sand und Feinmaterial wurden zusammen mit Überresten von Pflanzen und Tieren von einem nach Westen gerichteten, dem heutigen Mississippi ähnlichen Flusssystem weitertransportiert, abgelagert und zu Schotter-, Sand- und Tonlagen der Oberen Süßwassermolasse verfestigt. Dass im Tertiärhügelland eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt gedieh, belegen beispielsweise Überreste aus der Fossillagerstätte Sandelzhausen bei Mainburg oder der Pflanzenfundstelle Aubenham.
Aubenham vor 9 Millionen Jahren
Die weite Flusslandschaft des 50 bis 100 km breiten "Molassissippi" kennzeichnete vor etwa 9 Millionen Jahren die Umgebung des heutigen Aubenham. Jahres-Mitteltemperaturen von etwa 14°C (heute etwa 9°C) und Niederschlagsmengen von mehr als 2000 mm im Jahr (heute etwa 1000 mm) belegen ein subtropisches Klima. In Sumpfgebieten und Auwäldern gedieh eine reiche Vegetation, wie man sie heute beispielsweise in Südchina oder dem US-amerikanischen Virginia findet.
Hier lebten Hirsche und Pferde, aber auch Elefanten und Nashörner – und im Wasser Krokodile. Überschwemmungen hoben den Wasserspiegel bisweilen um mehr als 10 m und hinterließen mächtige Schlammschichten, in denen Tiere und Pflanzen, die in den Fluten umgekommen waren, eingebettet wurden.
Fossilien – Zeugen früheren Lebens
Dass wir heute sogar die empfindlichen Blattstrukturen von damals bewundern können, verdanken wir in Aubenham dem Zusammentreffen mehrerer günstiger Umstände. Denn nur in einem kleinen Bereich einer dünnen Tonschicht sind Fossilien erhalten, die eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit erlauben.
Untersuchungen ergaben, dass im Miozän hier 35 verschiedene Laubbaumarten (Platane, Amberbaum, Ulme, Zelkovie u.a.) heimisch waren, deren Nachfahren uns heute zum großen Teil nur aus subtropischen Klimaten bekannt sind.
Erstmalig gelang hier auch der Nachweis der Gattung Fagus (Buche) in der Oberen Süßwassermolasse. Tierfossilien fand man bisher deutlich seltener: Wohl am bedeutendsten ist die Entdeckung eines Hirschunterkiefers und des Beckenknochens eines Ur-Elefanten. Darüber hinaus weisen auch Insekten- und Fischreste, Schnecken und Grabbauten darauf hin, dass die damalige Tierwelt wohl recht vielgestaltig war.
Die Urzeit lesen
Verschiedenste Untersuchungen der Fossilien Aubenhams erhellten die Lebensumstände der damaligen Tiere und Pflanzen, Klimaverhältnisse und Landschaftsentwicklung. So ergab sich auch, dass sich manche der damaligen Pflanzenarten an die kälteren Temperaturen während der Eiszeiten anzupassen vermochten.
Andere jedoch reagierten empfindlich auf die Klimaveränderungen und starben in Mitteleuropa aus, weil die Alpen eine Auswanderung in den mediterranen Raum verhinderten. Mit dem Projekt "Mühldorfer Tertiärwelt" versuchte man seit 1994, den miozänen Auwald dort aufleben zu lassen, wo früher in der Tongrube seine Fossilien ruhten. Die Fundschicht ist heute noch an der Böschung der ehemaligen Tongrube sichtbar. In der jederzeit zugänglichen Dauerausstellung "Tertiärwelt Aubenham" an der nahegelegenen Grundschule erklären Schautafeln und Exponate die Funde.
Aus Sicherheitsgründen darf die anschließende aktive Tongrube nur mit einer entsprechenden Erlaubnis betreten werden!