PRESSEMITTEILUNG

Natur: Nr. 54 / Montag, 02. Dezember 2024

Naturschutzfachkartierung im Landkreis Miesbach abgeschlossen

Ergebnisse der umfassenden Bestandsaufnahme liegen vor

Der Hochmoor-Gelbling, dessen Raupe als Futterspezialist an Rauschbeere frisst, kommt im Landkreis Miesbach nur noch vereinzelt vor Der Hochmoor-Gelbling, dessen Raupe als Futterspezialist an Rauschbeere frisst, kommt im Landkreis Miesbach nur noch vereinzelt vor. (Quelle: Astrid Hanak)

+++ Im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) hatten Experten über zwei Vegetationsperioden hinweg Gelegenheit, im Landkreis Miesbach nach speziellen Tierarten zu suchen. Nun liegen die Ergebnisse dieser Naturschutzfachkartierung vor. Diese Kartierung wird landkreisweise in ganz Bayern durchgeführt und untersucht die Verbreitung und den Bestand ausgewählter Tiergruppen. Verteilt auf über 650 Lebensräume wurden Nachweise von etwa 9000 bemerkenswerten Tierarten erbracht.

Im Fokus der Untersuchungen standen ausgewählte Flächen im Landkreis mit besonderer Eignung als Lebensraum für seltene Tierarten. Dabei ging es um spezielle Vogelarten wie den Mauerläufer, den Zwergschnäpper und verschiedene Spechte. Auch die Artengruppen Reptilien, Amphibien, Tagfalter, Libellen und Heuschrecken wurden intensiv untersucht. Die Zweiteilung des Landkreises in einen südlichen, alpinen Teil und einen nördlichen, voralpinen Anteil ließ spannende Ergebnisse erwarten. +++

Bemerkenswert sind einige Nachweise von Dreizehen- und Weißrückenspecht außerhalb des alpinen Raums. Während der Dreizehenspecht Nadelholz bevorzugt, braucht der Weißrückenspecht Laub- und Mischwälder. Für beide Arten ist jeweils ein hoher Anteil von Alt- und Totholz von Bedeutung. Unter den Eidechsen und Schlangen wurde die Waldeidechse am häufigsten beobachtet, sie ist im gesamten Landkreis verbreitet. Bei den Amphibien zeigten sich Bestandsrückgänge vor allem beim Grasfrosch und beim Laubfrosch, der nur in der nördlichen Landkreishälfte vorkommt.

Die Beurteilung von Bestandsveränderungen ist oftmals schwierig. So müssen methodische Unterschiede bei der Erhebung der Daten berücksichtigt werden, um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Bei allen drei untersuchten Insektengruppen gibt es Arten, deren Lebensräume und Individuenzahlen als abnehmend, zunehmend oder vermutlich gleichbleibend eingeschätzt werden. Häufig ist ein Zusammenhang mit Klimaveränderungen deutlich, indem wärmeliebende Arten zunehmen oder in höhere Lagen ausweichen, während sich Arten mit geringerer Wärmetoleranz zurückziehen.

Die Kenntnisse zur Libellenfauna des Landkreises bestanden vorab zu großen Teilen aus Einzelfunden und Zufallsbeobachtungen. Die jetzt vorliegende, systematische Überarbeitung zeigt nun bei vielen Arten ein aussagekräftiges Verbreitungsbild. Etliche Arten wurden neu nachgewiesen oder haben in ihrem Bestand zugenommen. Vermehrt betrifft dies wärmeliebende Arten wie die Feuerlibelle, aber auch Arten, die von der Renaturierung von Moorgebieten profitieren wie die Arktische Smaragdlibelle. Entsprechend der Situation in weiten Teilen Bayerns sind auch im Landkreis Miesbach bei den Tagfaltern Einbußen an Arten und geeigneten Lebensräumen sehr groß, so dass die Experten im Hinblick auf diese Artengruppe von einem deutlich negativen Trend sprechen. Beispiele hierfür sind der Apollofalter, der 2012 im Bereich des Stolzenbergs noch vorkam und mittlerweile wohl ausgestorben ist, ebenso wie das Sumpfhornklee-Widderchen. Frühlings-Mohrenfalter und Hochmoor-Gelbling sind an vielen ehemaligen Standorten nicht mehr zu finden und selbst bei den an sich häufigen Weißlingen wie dem Aurorafalter ist der Rückgang auffällig. Wie bei den Schmetterlingen kommen auch bei den Heuschrecken einige Arten nur im alpinen Teil des Landkreises vor. Rotflügelige Schnarrschrecke, Gewöhnliche Gebirgsschrecke und Heidegrashüpfer finden sich nur dort.

Die Untersuchungsintensität der aktuellen Naturschutzfachkartierung erlaubt nicht nur belastbare Aussagen zur Entwicklung von Artbeständen in den letzten Jahrzehnten, sondern stellt auch eine Basis dar für künftige Vergleiche und macht konkrete Vorschläge. Klimatisch bedingte Areal- und Dichteverschiebungen und damit verbundene, lokale Artenrückgänge sind durch einzelne Maßnahmen vor Ort oft schwierig zu kompensieren. Umso bedeutsamer wird es in Zukunft sein, eine Vielfalt an naturnahen Lebensräumen und Strukturen in ausreichender Größe und erreichbarer Nähe in der Landschaft zu erhalten, so dass sich auch wieder Ausbreitungsmöglichkeiten bieten. Im Landkreis bereits umgesetzte Pflegekonzepte für Niedermoor- und Streuwiesengebiete sind positive Beispiele, die solche wertvollen Lebensräume sichern und Erfolge zeigen. Weitere Empfehlungen wie die Sicherung von Almflächen oder die verbesserte Pflege öffentlicher Flächen werden konkretisiert und können auch von der Biodiversitätsberatung aufgegriffen werden und in das Projekt Biotopverbundkonzepte am Bayerischen Artenschutzzentrum einfließen.

 

Informationen zur Naturschutzfachkartierung

Die Naturschutzfachkartierung wird auf Landkreisebene durchgeführt. Die Ergebnisse sind wichtige Grundlagendaten für bedrohte Arten und ihre Lebensräume und werden in einer landesweiten Datenbank zentral gespeichert. Wiederholungskartierungen dienen dazu, die Daten aktuell zu halten und Trends aufzuzeigen. Sie stehen Behörden, Kommunen, Verbänden, Planungsbüros und Wissenschaftlern zur Verfügung und liefern bei der Erarbeitung von Landschafts- und Grünordnungsplänen, bei Eingriffen in die Landschaft, bei der Planung von Schutzprojekten und für die Landschaftspflege wichtige Informationen. Das LfU koordiniert die Arbeiten bayernweit und stellt die Ergebnisse auf Anfrage zur Verfügung.

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