Mühlsteinbruch Hinterhör

Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert wurden bei Hinterhör Sandsteine des Helvetikums per Hand als Mühlsteine abgebaut. Sie fanden im weiten Umkreis als Unter- bzw. Bodensteine in den Mühlen Verwendung.
Noch heute ist der Steinbruch mit seinen charakteristischen Abbauspuren ein eindrucksvolles Denkmal der Wirtschafts- und Technikgeschichte im Raum Neubeuren.

Rundliche Abbauspuren im FelsAbbauspuren im Fels

Anfahrt - So finden sie den Mühlsteinbruch Hinterhör

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Neubeuern oder die A8 (München-Salzburg) an der Anschlussstelle Rohrdorf verlassen und die Straße nach Neubeuern nehmen. Etwa 600 Meter nach dem Ortsschild nach links Richtung Pinswang, nach weiteren 150 Meter (Am Bürsle) nach rechts Richtung Hinterhör abbiegen. Etwa 150 Meter weiter links der Hinterhörer Straße auf etwa 500 Meter bis zu einer Kreuzung folgen. Hier beginnt ein kleiner Fußpfad der direkt in den Mühlsteinbruch hinabführt (Hinweisschild).
Fahrzeug am besten bereits in Neubeuern abstellen; von dort ist der Geotop in etwa 15 Minuten zu Fuß erreichbar.

Das Geotop ist ein Naturdenkmal. Bitte bleiben Sie auf den Wegen!

Beschreibung

Die Helvetikum-Zone

Im Zuge der Alpenentstehung kam es in der Kreide- und Tertiärzeit in Folge des Zusammenstosses der europäischen und der adriatischen Platte zu einer starken Einengung der Gesteinsschichten. Dabei zerbrachen Gesteinspakete und wurden als tektonische "Decken" großräumig übereinandergeschoben. In Oberbayern bilden die tektonischen Decken der kalkalpinen Zone die morphologisch auffallenden Bayerischen Hochalpen. An ihrem Nordrand werden sie von landschaftlich oft nicht sehr deutlich in Erscheinung tretenden weiteren tektonischen Baueinheiten, der Flysch- und der Helvetikum-Zone begleitet. Die Ablagerungen bei Neubeuren gehören zur Helvetikum-Zone, die in Oberbayern nur in einem sehr schmalen Streifen vorkommt.
Ihren Namen erhielt sie aus den Schweizer Alpen, da diese tektonische Einheit nach Westen im Allgäu und Vorarlberg immer breiter und höher wird und schließlich in der Schweiz ("Helvetia") ein großes Gebiet einnimmt.

Als Hauptgesteine des Helvetikums findet man Kalk- und Mergelsteine, die von Sand- und Siltsteinen unterbrochen sind. Die Serie ist am Südrand des europäischen Kontinents in einem flachen Schelfmeer entstanden. Bei Neubeuren aufgeschlossene Gesteine wurden in der obersten Kreide und im Alttertiär abgelagert.

Mühlsandstein von Hinterhör

Ein unübersichtlicher Schuppenbau und eine sich auf engem Raum rasch ändernde Gesteinsausbildung lassen eine Rekonstruktion der genauen Ablagerungsverhältnisse des Helvetikums bei Neubeuren nur schwer zu. Als Ablagerungsbereich vermutet man ein von Inseln durchsetztes Flachmeer. In dieses mündeten vom Festland Flüsse, die bereichsweise Sandfächer bildeten, während daneben gleichzeitig Kalksteine entstanden. Ein Beispiel für eine derartige lokale Sandschüttung stellt der Mühlsandstein dar, der hier im Steinbruch Hinterhör drei Jahrhunderte lang abgebaut wurde. Nur bei Hinterhör erreicht er eine Mächtigkeit von 28 Metern, bereits im Steinbruch von Altenbeuren weist er nur noch acht Meter Mächtigkeit auf, in anderen Aufschlüssen ist er vollständig durch kalkreichere Gesteine ersetzt.
Der Mühlsandstein ist ein grauer mittel- bis grobkörniger Sandstein aus gut gerundeten Quarz- und Feldspatkörnern, die mit kalkigem Bindemittel verkittet sind. Im frischen Zustand erwies sich der Stein als überaus zäh und hart und war daher als Mühlstein sehr begehrt. Da die Sandsteinschicht im Bruch steil nach Süden einfällt, bildet sie einen Überhang, der durch den Abbaubetrieb noch weiter ausgehöhlt wurde.

Abbau der Mühlsteine

Der Steinbruch Hinterhör wurde 1572 "aufgeschlagen", bis 1860 wurden dort Mühlsteine gewonnen. Mathias Flurl schilderte 1792 in seiner "Beschreibung der Gebirge von Baiern und der Oberen Pfalz" die spezielle Technik, derer sich die Arbeiter beim Abbau der Mühlsteine von Hand bedienten:
"Die Gewinnung derselben ist für die dasigen Arbeiter sehr mühsam und gefährlich, und wenn ihnen nicht ein sehr einfaches Mittel bey Sprengung dieser Steine herrliche Dienste leistete, so wären sie kaum im Stande, die Stücke groß genug vom Platze zu bringen. Wenn sie nämlich mit dem Eisen einen hinlänglich tiefen Schram in das Gebirg gebrochen haben, so treiben sie hölzerne Keile indenselben, und beschütten sie solange mit Wasser, bis das aufgeschwollene Holz den Felsen unter einen fürchterlichen Krachen von einander sprengt."
Vor dem Abtransport wurde der Stein noch behauen und mit dem Achsloch versehen. Danach folgte der äußerst mühsame Transport der schweren Steine zum Inn, wo sie auf Plätten verladen wurden. Die nahe Lage zum Fluss, auf dem die Steine verschifft und damit gehandelt werden konnten, ermöglichte dem Mühlsteinbruch Hinterhör ein fast 300jähriges Bestehen.
Die Bearbeitungsspuren der Rundlinge sind heute noch deutlich an der Wand des Mühlsteinbruch zu erkennen und so präsentiert sich der aufgelassenen Steinbruch als eindrucksvolles Denkmal der ehemaligen Mühlsteingewinnung.

Geologische Karte/Zeittafel

Zeittafel mit (übereinanderliegend dargestellt): Erdfrühzeit (bis vor 545 Mio. Jahren), Erdaltertum (bis vor 250 Mio. Jahren, unterteilt in: Kambrium, Ordovizium, Silur, Devon, Karbon, Perm), Erdmittelalter (bis vor 65 Mio. Jahren, unterteilt in: Trias, Jura, Kreide), Erdneuzeit (bis Heute, unterteilt in: Tertiär, Quartär)Zeittafel. Das Gestein des Mühlsteinbruchs entstand zur Zeit des Tertiär

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