- Startseite >>
- Natur >>
- saP >>
- Arteninformationen >>
- Kriechtiere >>
- Zamenis longissimus
Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Rote Liste Bayern: | Stark gefährdet |
Rote Liste Deutschland: | Stark gefährdet |
Erhaltungszustand Kontinental: | Ungünstig/unzureichend |
Erhaltungszustand Alpin: | Unbekannt |
Foto: Stefan Kostyra
Verbreitung und Bestandssituation
Die derzeitige Verbreitung der Äskulapnatter in Europa ist als Relikt der letzten postglazialen Warmzeit (vor etwa 7000 Jahren) anzusehen. So ist das Areal der Art hauptsächlich auf den zentralen und östlichen Mittelmeerraum konzentriert und reicht vom äußersten Nordosten Spaniens über Südfrankreich, Nord- und Mittelitalien bis zur Balkanhalbinsel mit Ausnahme des Peloponnes. Nördlich strahlt es in das mittlere Frankreich, Teile der Schweiz, Deutschlands und Österreichs aus, nordöstlich ins südöstliche Polen und in die westliche Ukraine. Außerhalb Europas kommt die Art isoliert vom Hauptverbreitungsgebiet in der Türkei, in Georgien und Armenien sowie im Iran vor.
In Deutschland sind Äskulapnattern nur von fünf Fundpunkten bekannt: Im südlichen Rheingau rund um Schlangenbad im Taunus, im Grenzbereich von Baden-Württemberg und Hessen rund um Hirschhorn und Eberbach am unteren Neckar sowie in kleinen, nach Norden in den Odenwald hinein reichenden Tälern, an den Donauhängen bei Passau, der Salzach bei Burghausen und im Berchtesgadener Raum. Alle Vorkommen sind eng begrenzt und liegen isoliert voneinander.
In Bayern werden vier Stellen im Südosten besiedelt: die warmen, trockenen Donauhänge bei Passau und das angrenzende Inntal bei Neuburg, das Inntal bei Simbach, die Salzach bei Burghausen und Bad Reichenhall und das Berchtesgadener Becken. Alle Vorkommen stehen als westliche Ausläufer eines zusammenhängenden Verbreitungsareals entlang der Donau in Verbindung mit österreichischen Vorkommen, wobei die beiden ersten über den unteren Inn verbunden sein dürften; die Berchtesgadener Vorkommen werden von einer stabilen Population im angrenzenden österreichischen Salzachtal gespeist.
Lebensraum und Lebensweise
Als thermophile Art benötigt die Äskulapnatter lichte warme Laubwälder mit sonnigen, am besten südexponierten Strukturen wie Felshängen, Geröllhalden und Trockenrasen, ersatzweise auch anthropogene Strukturen wie Trockenmauern, Holzstapel oder Steinbrüche, die auf engstem Raum verschieden warme Zonen ausbilden: Dort suchen die Tiere je nach Wärmebedürfnis entweder besonnte, warme oder schattige, kühlere Bereiche auf.
Im Passauer Raum dienen Stützmauern von Straßen sowohl als Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten als auch als Eiablageplätze und Überwinterungsquartiere. Daneben werden aber auch trockene Straßenböschungen, Bahndämme und Waldränder, Blockhalden und der unmittelbare Uferbereich der Donau besiedelt. Als klassischer Kulturfolger findet man Äskulapnattern auch häufig innerorts in Gärten, Komposthaufen und Geräteschuppen.
An der Donau findet man die Tiere primär auf der klimatisch begünstigten linken Uferseite. Aufgrund ihrer ökologischen Anpassungsfähigkeit können sie teilweise auch schattige Hanglagen, die feuchten Seitentäler und die klimatisch ungünstigere (weil beschattete) rechte Donauseite besiedeln.
Die Äskulapnatter-Populationen nördlich der Alpen verbringen die meiste Zeit des Jahres (6-8 Monate von September/Oktober bis März/April) in Winterruhe, und zwar in unterirdischen, frostfreien Felsspalten, Erdhöhlen, tiefen Spalten hinter Bruchsteinmauern, Tierbauten oder Baumstümpfen.
Hauptpaarungszeit ist Ende Mai bis Mitte Juni. Im Juli, je nach Witterung auch bis Ende August werden etwa 5-10 (bis 20) taubeneigroße, weichschalige Eier in verrottendes Pflanzenmaterial (mulmreiche, faulende Baumhöhlen, Kompost-, Laub- und Sägemehlhaufen, Miststapel, Stroh- und Heumieten, auch Schwemmgutansammlungen) abgelegt. Die bei der Verrottung entstehende Wärme zusammen mit einer relativ hohen Luftfeuchtigkeit sorgt dafür, dass die Eier über 5-12 Wochen ausgebrütet werden. Die meisten Jungschlangen schlüpfen dann bis Anfang September und überwintern vermutlich ohne Nahrungsaufnahme.
Äskulapnattern können in Gefangenschaft 25-30 Jahre alt werden. Ihr Aktionsraum scheint einen Durchmesser von knapp 2,5 km nicht zu übersteigen. Weil die Tiere dank ihrer gekielten Bauchschuppen ausgesprochen gut im Geäst oder an senkrechten Strukturen klettern können, erbeuten sie neben Kleinsäugern (bis Rattengröße) und Eidechsen auch Kleinvögel und Eigelege.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
- Siedlungserweiterungen im Lebensraum,
- Nutzungsintensivierung im Umfeld,
- Rekultivierung von Sekundärstandorten wie Materialentnahmestellen,
- strukturelle und mikroklimatische Veränderungen (z.B. Nadelholzaufforstungen,
- Wegfall alter Waldnutzungsformen (v. a. Niederwaldbewirtschaftung),
- Ersatz von Trockenmauern durch lückenlose Betonmauern,
- Zerstörung von Eiablageplätzen,
- direkte Verluste durch Straßenverkehr (sowie Radverkehr v. a. an der Donau!)
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Extensivierung der landschaftlichen Nutzung
- Erhalt und Förderung von Biotopbaum- und Totholzanteilen (v.a. liegendes Totholz)
- Schaffung und Förderung breiter Säume an Waldrändern und Hecken
- Anlage von potenziellen Eiablageplätzen (Eiablagehilfen)
- Anlage von Steinhaufen und ähnlichen Tagesverstecken
- Auflichtung von Waldrändern oder zugewachsenen Sonnplätzen
Sonstige Hinweise
Ergänzende Informationen
Assmann, O. (2000): Die Äskulapnatter (Elaphe longissima) - Wildtier des Jahres 2000 und bemerkenswerts Faunenelement des Bayerischen Waldes. Der Bayerische Wald 6/2000; 33-36
ASSMANN, O. & DROBNY, M. (2019): Äskulapnatter Zamenis longissimus (Laurenti, 1768), S. 393-403. - In: Andrä. E., Aßmann, O., Dürst, T., Hansbauer, G. & Zahn, A. (2019): Amphibien und Reptilien in Bayern. - Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer. 783 S.
Böhme, W. (1993): Elaphe longissima - Äskulapnatter. - In: Böhme, W. [Hrsg.]: Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas. - Bd. 3/I: Schlangen (Serpentes) I. Bd. 3(1). - Wiesbaden (AULA-Verlag) S. 331-372.
Gomille, A. (2002): Die Äskulapnatter Elaphe longissima. Verbreitung und Lebensweise in Mitteleuropa. Frankfurt/Main, 158 S.
Günther, R. & M. Waitzmann
(1996): Äskulapnatter - Elaphe longissima (Laurenti, 1768). - In: Günther, R. [Hrsg.]: Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Jena [u.a.] (G. Fischer) S. 647-666.Waitzmann, M. & P. Sandmaier (1990): Zur Verbreitung, Morphologie und Habitatwahl der Reptilien im Donautal zwischen Passau und Linz (Niederbayern, Oberösterreich). - Herpetozoa 3 (1/2): 25-53; Wien.