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Gemeine Flussmuschel (Unio crassus agg.)
Rote Liste Bayern: | Vom Aussterben bedroht |
Rote Liste Deutschland: | Vom Aussterben bedroht |
Erhaltungszustand Kontinental: | Ungünstig/schlecht |
Erhaltungszustand Alpin: |
Foto: Andreas Hartl
Verbreitung und Bestandssituation
Die Bachmuschel ist in Mitteleuropa weit verbreitet und erreicht im Osten den Ural und Mesopotamien.
In Bayern war diese Art einst sehr häufig, die meisten Vorkommen sind heute erloschen. Oft existieren nur noch Restvorkommen, die sich nicht mehr fortpflanzen können, weil sie entweder zu alt sind oder weil die kritische Populationsdichte (s. u.) unterschritten ist. Eine Häufung von aktuellen Vorkommen zeigt sich in Schwaben und im oberbayerischen Donaumoos.
Lebensraum und Lebensweise
Die Bachmuschel besiedelt saubere, aber eher nährstoffreichere Bäche und Flüsse mit mäßig strömendem Wasser und sandig-kiesigem Substrat. Sie ernährt sich von feinen und feinsten organischen Teilchen, die sie mit Hilfe ihrer Kiemen ausfiltert. Bevorzugt wird eine Gewässergüte um Güteklasse II und geringe Nitratbelastung.
Für eine erfolgreiche Fortpflanzung ist die getrenntgeschlechtliche Bachmuschel auf bestimmte Fischarten, die als Wirtsfische dienen, angewiesen. Die Bachmuschel-Männchen geben ihre Spermien ins freie Wasser ab. Die Spermien werden dann von den Bachmuschel-Weibchen mit dem Atemwasser aufgenommen und gelangen in die Mantelhöhle der Muschel, wo es zur Befruchtung kommt. Die befruchteten Eier gelangen in die Brutkammern an den äußeren Kiemen in denen sich die Eier innerhalb von 3-6 Wochen zu etwa 0,2mm große Larven (Glochidien) entwickeln. Wenn die Glochidien reif sind werden sie vom Weibchen ausgestoßen heften sich innerhalb von wenigen Tagen als Parasiten an die Kiemen der Wirtsfische. Gut geeignete Wirtsfischarten sind Döbel (Leuciscus cephalus), Elritze (Phoxinus phoxinus), Flussbarsch (Perca fluviatilis), Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus), Mühlkoppe (Cottus gobio) und Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus). Während der parasitären Phase am Wirtsfisch entwickeln sich die Larven zu fertigen Jungmuscheln. Der Fisch wird dadurch normalerweise nicht geschädigt. Nach 2-6 Wochen fallen die Glochidien von den Kiemen ab und vergraben sich im Interstitial (Kieslückensystem) des Gewässergrunds, wo sie weiter wachsen. Die Jungmuscheln erscheinen dann nach einigen Jahren (ca. 1-3) an der Oberfläche des Bachbetts.
Für eine nachhaltige und selbsterhaltende Reproduktion bei einer Bachmuschelpopulation muss diese eine kritische Populationsdichte und Größe haben. Diese wird bei stark dezimierten Vorkommen häufig unterschritten wodurch sich die Fortpflanzungschancen der Muscheln erheblich verringern.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Die Ursachen für die enormen Bestandsverluste lagen im wesentlichen in der Gewässerverschmutzung, deren "Altlasten" bis heute in den Sedimenten nachwirken, in denen die Bachmuscheln leben, obwohl die Gewässergüte vielerorts deutlich verbessert werden konnte.
- Eutrophierung bzw. Verschlechterung der Gewässergüte der Fließgewässer durch Einträge von Nährstoffen / Dünger (v.a. Nitrat, Phosphat), Pestiziden
- Veränderung der Struktur und Morphologie der Fließgewässer durch Aus- und Verbaumaßnahmen (Verrohrungen, Querverbauungen mit Unterbrechung der Durchgängigkeit für Wirtsfische, Ufer- und Sohlbefestigungen, Sohlvertiefungen usw.) in Verbindung mit geänderten Strömungs-/Sedimentationsverhältnissen
- intensive Grund- bzw. Sohlräumungen
- Versauerung der Gewässer durch Nadelholz-Monokulturen im Einzugsbereich
- Freizeitnutzung mit mechanischer Gefährdung durch Kanuten, Sportfischer usw.
- Rückgang von autochthonen Wirtsfischarten durch falschen Fischbesatz, durch Verschlechterung des Gewässerzustandes
- Veränderungen der Gewässersohle und Zusetzen des Interstitials durch Schwebstoffe und Sedimente (teilweise auch vor Biberdämmen!)
- Verluste durch Bisamratten (Ondatra zibethica)
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Anlage von Pufferstreifen zum Schutz vor Einträgen von Schadstoffen und Sedimenten
- extensive (insbesondere düngerarme) Bewirtschaftung im Einzugsgebiet
- Verschluss bzw. Rückbau von Dränagen
- Anlage von Gräben parallel zum Bachmuschelgewässer, um Dränagen abzufangen
- Anlage von Absetzbecken / Sedimentfallen mit gesicherter, regelmäßiger Entnahme (auch seitlich als "Grabentaschen" möglich; Vorsicht vor zu starker Erwärmung des Wassers!)
- Umstellung der Gewässerunterhaltung und -pflege auf bachmuschelschonende Räumungen (nur abschnittsweise mit Umsetzen sichtbarer Tiere)
- Rückbau von Barrieren / Querverbauungen
- Pflanzung von Ufergehölzen (sowohl zur Beschattung als auch zur Befestigung des Ufers)
- Bisam-Bekämpfung, insbesondere Etablierung von Bisamfängern mit entsprechender Vergütung
- Besatzmaßnahmen mit Wirtsfischen oder Aussetzen künstlich infizierter Fische
Ergänzende Informationen
Literatur
BAYERISCHES LANDESAMT FÜR UMWELTSCHUTZ (Hrsg.) (1995): Muscheln. - München, Text und Konzeption: ÖKON GmbH; 29 S.