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Flußseeschwalbe (Sterna hirundo)
Rote Liste Bayern: | Gefährdet |
Rote Liste Deutschland: | Stark gefährdet |
Erhaltungszustand Kontinental: | In Bezug auf Status Brutvorkommen: ungünstig/schlecht, in Bezug auf Status Rastvorkommen: unbekannt |
Erhaltungszustand Alpin: |
Foto: Thomas Langenberg
Verbreitung und Bestandssituation
Das Areal der Flussseeschwalbe erstreckt sich vom Nordwesten Europas bis nach Ostsibirien mit isolierten Vorkommen in Nordafrika. Außerdem ist die Art Brutvogel in Amerika von Kanada bis in die Karibik.
Die Flussseeschwalbe brütet in Bayern lokal und fast ausschließlich in Südbayern. Mit einer Einzelbrut bei Schwandorf im Jahr 2004 drang die Art auch wieder nach Nordbayern vor (2017 eine erfolglose Brut im Lkr. Lichtenfels/Oberfranken, Flieger et al. 2017). Im Vergleich zum Erfassungszeitraum 1996-1999 kam es durch die Bereitstellung von Brutflößen und -inseln in Baggerseen und Staubereichen der Flüsse zu Neuansiedlungen im Donautal, an der Unteren Mindel, Günz und Iller und damit kam es zu einer deutlichen Arealerweiterung. Als Metapopulation sind die größten Kolonien mit bis zu 80 Paaren derzeit am Starnberger See, am Ammersee und an der Mittleren Isar zu finden.
Die aktuelle Bestandsschätzung liegt gut doppelt so hoch wie die Zählungen im Jahr 1996. Neuansiedlungen entstehen nahezu ausschließlich durch menschliche Hilfe.
Brutbestand: 300-350 Brutpaare
Bestandstrend: Zunahme > 20 %
Lebensraum und Lebensweise
Abgesehen von wenigen Einzelbruten liegen derzeit alle Brutplätze auf künstlichen Anlagen (Brutflöße, geschüttete Inseln, Wellenbrecher u. a.) auf Stillgewässern oder in Stauhaltungen. Im Rahmen der aktuellen Bestandserholung kommt es vermehrt zu Bruten an natürlichen Brutplätzen. Dort wird meist von Menschenhand die Vegetation lückenhaft und niedrig gehalten. Die Größe der Kolonien bewegt sich meist unterhalb von 80 Brutpaaren, wobei mittlere Koloniegrößen vorwiegen.
Zur Nahrungssuche nutzen die Vögel nahezu alle Gewässertypen, wie Flüsse, Stauhaltungen, Altwässer, Rückhaltebecken, kleine und große Seen, Kiesgrubengewässer, Weiher und Teiche.
Phänologie
Sehr seltener Brutvogel
Wanderungen: Durchzügler, Langstreckenzieher; Heimzug ab
April, Wegzug ab August
Brut: Bodenbrüter, in Bayern nahezu ausschließlich auf kiesbeschichteten Brutflößen
Brutzeit: Ende April bis Ende August, Legebeginn ab Anfang Mai
Tagesperiodik: tagaktiv
Zug: tags und nachts
Brutzeit-Diagramm
Dunkle Sektorenfarbe weist auf die Hauptbrutzeit der Art in Bayern hin.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Der Bestand der Art ist in Bayern gefährdet. Auf der Roten Liste der wandernden Vogelarten wird die Art als gefährdet geführt.
Ursache sind vor allem fehlende Kiesbänke, da viele Flüsse aufgrund von Querbauwerken keine natürliche Geschiebedynamik mehr aufweisen. Geeignete Kiesinseln entstehen daher nicht mehr neu, vorhandene wachsen durch Sukzession zu.
Zudem sind die Standorte auf Kiesbänken starkem Freizeitdruck ausgesetzt.
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Erhaltung und Entwicklung von dynamischen Auenbereichen und einer intakten Flussmorphologie mit einer naturnahen Überflutungs- und Geschiebedynamik (v. a. Rückbau von Uferbefestigungen, Schaffung von Retentionsflächen)
- Erhaltung und Entwicklung von vegetationsarmen Kies- und Schotterbänken an Flüssen, Seen und an Abgrabungsgewässern
- Mit Nisthilfen kann vor allem in Schwaben und in Nordbayern die Gründung neuer Kolonien begünstigt werden
- Störungen sind in der Zeit der Brutplatzwahl ab April bis zum Ende der Brutzeit im Juli unbedingt zu vermeiden (Lenkung der Freizeitnutzung).
Sonstige Hinweise
- Bei Windenergieanlagen: Prüfbereich von 1.000 m um bekannte Neststandorte; Prüfbereich von 3.000 m für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate um geplante Windenergieanlagen, innerhalb derer zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatschG erfüllt sind (StMWI 2016).
Ergänzende Informationen
Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (2016): Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA). - http://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwivt/Publikationen/2016/Windenergie-Erlass_2016.pdf (Abruf am 19. Dezember 2017)
Flieger, B., D. Franz., G. Glänzer & N. Theiß (2017): Erster Brutnachweis der Flussseeschwalbe Sterna hirundo in Franken seit fast 100 Jahren. - Ornitho. Anz., 56: 46-47
Weiterführende Literatur:
Wahl, J., S. Garthe, T. Heinicke, W. Knief, B. Petersen, C. Sudfeldt & P. Südbeck (2007): Anwendung des internationalen 1%-Kriteriums für wandernde Wasservogelarten in Deutschland. - Ber. Vogelschutz 44: 83-105.
Wahl, J. & T. Heinicke (2013): Aktualisierung der Schwellenwerte zur Anwendung des internationalen 1%-Kriteriums für wandernde Wasservogelarten in Deutschland. - Ber. Vogelschutz 49/50: 85-97.