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Haselmaus (Muscardinus avellanarius)
Rote Liste Bayern: | |
Rote Liste Deutschland: | Arten der Vorwarnliste |
Erhaltungszustand Kontinental: | Ungünstig/unzureichend |
Erhaltungszustand Alpin: | Unbekannt |
Foto: Peter Schild
Foto: Peter Schild
Verbreitung und Bestandssituation
Die Haselmaus ist - mit Lücken in Norddeutschland - über das gesamte Mitteleuropa verbreitet. Das osteuropäische Areal setzt sich bis zum Mittellauf der Wolga fort. Im Mittelmeergebiet und an der Ostsee finden sich Vorkommen auf Inseln, autochthone Vorkommen gibt es außerdem in England, Teilen Dänemarks und Südschwedens (Bitz & Thiele 2003). Die meisten Nachweise in Deutschland stammen aus den laubholzreichen Mittelgebirgen Süd- und Südwestdeutschlands.
In Bayern sind Haselmäuse landesweit verbreitet. Besonders hohe Nachweisdichten gibt es in Nordwest- und Ostbayern, in der Frankenalb und Teilen des Alpenvorlandes. Weil es aber keine aktuellen systematischen, d. h. flächendeckenden Untersuchungen gibt, ist unklar, ob die Lücken Insbesondere im Tertiärhügelland Kenntnisdefizite darstellen. In den überwiegend landwirtschaftlich genutzten (waldarmen) Gäuen sowie in von Kiefernforsten dominierten bodensauren Gebieten dürfte die Art aber heute tatsächlich selten sein oder gebietsweise fehlen.Ob Bestandsrückgänge wie sie aus Hessen oder auch aus England gemeldet werden auf Bayern übertragen werden können, ist nicht bekannt.
Lebensraum und Lebensweise
Die Haselmaus kann verschiedenste Waldtypen besiedeln. Sie gilt als eine Charakterart artenreicher und lichter Wälder mit gut ausgebildeter Strauchschicht. In Haselmauslebensräumen muss vom Frühjahr bis zum Herbst ausreichend Nahrung vorhanden sein, die aus Knospen, Blüten, Pollen, Früchten und auch kleinen Insekten besteht. Wichtig sind energiereiche Früchte im Herbst, damit sich die Tiere den notwendigen Winterspeck anfressen können.
Haselmäuse sind Bilche und können im Unterschied zu echten Mäusen keine Gräser und Wurzen verdauen; sie sind damit gezwungen, einen Winterschlaf zu halten. Dieser dauert je nach Witterung von Oktober/November bis März/April.
Die Tiere bauen kugelige Nester mit seitlichem Eingang aus fest gewebtem Gras und Blättern. Diese werden in Höhlen, auch künstlichen (Vogelnistkästen), in dichtem Blattwerk (z. B. Brombeerbüschen) oder in Astgabeln der Strauch- oder Baumschicht ab ca. 0,5 - 1 m Höhe bis in die Wipfel angelegt. Überwintert wird in einem speziellen Winterschlafnest zumeist unter der Laubstreu oder in Erdhöhlen, aber auch zwischen Baumwurzeln oder in Reisighaufen.
Adulte Haselmäuse sind sehr ortstreu und besetzen feste Streifgebiete. In den meisten Lebensräumen kommen sie natürlicherweise nur in geringen Dichten (1-2 adulte Tiere / ha) vor. Die Tiere können bis zu sechs Jahre alt werden, die Weibchen bekommen allerdings nur ein- bis zweimal pro Jahr Nachwuchs, und dann auch nur höchstens vier bis fünf Junge.
Haselmäuse sind nachtaktiv und bewegen sich meist weniger als 70 m um das Nest. Dabei sind sie fast ausschließlich in der Strauch- und Baumschicht unterwegs. Gehölzfreie Bereiche können daher für die bodenmeidende Art bereits eine Barriere darstellen. Erschließungslinien im Wald werden meist nur bei Astkontakt im Kronenbereich gequert.
Anders als die übrigen Bilche wie Garten- oder Siebenschläfer galt die Haselmaus lange Zeit als sehr störungsempfindlich (vor allem lichtscheu!). Dies wurde inzwischen jedoch durch "näheres Hinsehen" gründlich widerlegt. So berichten bereits Juskaitis & Büchner (2010) von Haselmäusen nicht nur am Rand, sondern auch innerhalb von menschlichen Siedlungen. Haselmäuse entlang von Straßen sind schon länger bekannt. Im Zuge des FFH-Monitorings in Hessen wurden dann im Jahr 2010 Nester unmittelbar an einem Autobahnkreuz gemeldet; sie besiedelt dort durchgehende Begleitgehölze entlang der Fahrbahnen sowie flächige Gehölzbestände in den Auffahrtsschleifen. Untersuchungen (Schulz et al. 2012) belegen inzwischen regelmäßige Vorkommen der Haselmaus in Gehölzen entlang von Straßen einschließlich Autobahnen, sofern diese zumindest teilweise an größere Wälder anschließen. obwohl hier erhebliche Störungen durch Licht, Lärm, Emissionen und Luftwirbel vorhanden sind. In England wurden sogar Haselmausvorkommen im Mittelstreifen von Autobahnen (Chanin & Gubert 2012) gefunden; damit diese Populationen überleben können, müssen die Straßen regelmäßig gequert werden, was auch durch Telemetrie nachgewiesen wurde!
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
- Verluste von lichten, gebüschreichen Lebensräumen durch Aufforstungen, Entfernen von Waldrändern, Rodung von Hecken und Feldgehölzen
- Schäden an der Strauchschicht sowie Verluste an beerentragenden Straucharten
- Zerschneidung von Lebensräumen z.B. durch Straßenbau
- großflächige Verwendung von Rodentiziden.
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Erhaltung und Entwicklung lichter, gebüsch- und strukturreicher Laubmischwälder und deren Ränder (Außen- wie Innenränder)
- Erhalt von großräumigen, unzerschnittenen Waldlebensraumkomplexen
- Erhalt von Biotopbäumen (v. a. Höhlenbäumen) und stehendem Totholz
- Etablierung von Grünbrücken mit durchgehendem Gehölzbewuchs
- Erhalt von Sukzessionflächen im Wald (z. B. Windwurfflächen)
- Förderung der Strauchschicht (z. B. durch Lochhiebe)
- Berücksichtigung möglicher Winterquartiere in der Bodenvegetation am Trassenrand, d. h. bei Straßenverbreiterungen oder Bahndammsanierungen Baufeldfreimachung erst nach dem Ende des Winterschlafs, sodass die Tiere flüchten können.
Sonstige Hinweise
Kleinere Bestände können nur in Kontakt mit benachbarten Vorkommen überleben. Die Mindestgröße für eine eigenständig überlebensfähige Population wird mit 20 ha Waldfläche angegeben.
Nachweise gelingen leicht mittels Haarfallen oder Nisthilfen (Nistkästen, Niströhren, "Haselmaustubes", s. Bright et al. 2006) erfolgen.
Ergänzende Informationen
Literatur
Bright P., P. Morris & T. Mitchell-Jones (2006): The dormouse conservation handbook (second edition). - English Nature, Peterborough.
Chanin P. & L. Gubert (2012): Common dormouse (Muscardinus avellanarius) movements in a landscape fragmented by roads. - Lutra 55 (1): 3-15.
Hessen-Forst FENA (Hrsg.) (2007): Die Haselmaus in Hessen - Verbreitung, Nachweismethoden und Schutzmaßnahmen. - Gießen.
Juskaitis R. & S. Büchner (2010): Die Haselmaus. - Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 670, Westarp Wissenschaften - Hohenwarsleben
Schulz B., S. Ehlers, J. Lang & S. Büchner (2012): Hazel dormice in roadside habitats. - Peckiana 8: 49-55.