Bayerisches Landesamt für
Umwelt

Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)

Rote Liste Bayern: Stark gefährdet
Rote Liste Deutschland: Stark gefährdet
Erhaltungszustand Kontinental: Ungünstig/schlecht
Erhaltungszustand Alpin: Ungünstig/schlecht
417632
Foto: Tim Laussmann

Verbreitung und Bestandssituation

Die Gesamtverbreitung des Blauschillernden Feuerfalters erstreckt sich über die gemäßigte Zone von Westeuropa bis ins ostrussische Amurgebiet. Das europäische Verbreitungsgebiet zerfällt in zahlreiche isolierte Teilareale. Außerhalb Bayerns ist die Art in Deutschland heute noch in den Mittelgebirgen Eifel, Hohes Venn und Westerwald sowie im mecklenburgischen Ueckertal vertreten.

In Bayern beschränkt sich das aktuelle Verbreitungsareal auf das westliche und mittlere voralpine Hügel- und Moorland, mit derzeit ca. 70 Fundorten von überwiegend kleinen Populationen. Darüber hinaus existiert ein singuläres Vorkommen im Alpenraum (Landkreis Garmisch-Partenkirchen). In Nordbayern sind sämtliche Vorkommen erloschen. Die meisten bayerischen Lokalpopulationen bestehen aus einem System mehrerer kleinflächiger Lebensstätten mit eher individuenarmen Teilpopulationen, die besonders empfindlich gegenüber Beeinträchtigungen sind und dadurch einem erhöhten natürlichem Aussterberisiko unterliegen.

Fundortkarte

Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)

Nachweise ab 2000



Letzter Daten-Import erfolgte am 25.9.2024.

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Vorkommen in Bayern

Nachweise ab 2000

TK-Blatt-Nummer TK-Blatt-Name
7148 Bischofsreut
8031 Denklingen
8032 Dießen a.Ammersee
8128 Obergünzburg
8129 Kaufbeuren
8130 Bidingen
8131 Schongau
8134 Königsdorf
8228 Wildpoldsried
8229 Marktoberdorf
8230 Lechbruck
8231 Peiting
8232 Uffing a.Staffelsee
8328 Nesselwang West
8332 Unterammergau
8532 Garmisch-Partenkirchen
Letzter Daten-Import erfolgte am 25.9.2024.

Lebensraum und Lebensweise

Der Blauschillernde Feuerfalter ist ein Bewohner von halboffenen Feuchtgebieten. Bei den aktuellen Lebensstätten im bayerischen Alpenvorland handelt es sich in der Regel um Moorstandorte, insbesondere aufgelassene bäuerliche Handtorfstiche und Niedermoorflächen. Hier werden feuchte Hochstaudenfluren, brachliegende Nass- und Pfeifengraswiesen und mitunter auch Großseggenriede, lichte Moorwälder oder Übergangsmoore mit Vorkommen des Wiesen-Knöterichs (Bistorta officinalis) besiedelt, der mit Abstand wichtigsten Eiablage- und Raupenfraßpflanze.

Die Falter bevorzugen windgeschützte, mikroklimatisch begünstigte Stellen. Die Vorkommen befinden sich deshalb in der Regel an Waldrändern, auf Waldlichtungen oder sind mit Gehölzgruppen durchsetzt, wobei insbesondere eine Verzahnung der Knöterichbestände mit Grauweidengebüschen typisch ist. Vermutlich sorgt die Lage der Lebensräume auf Lichtungen oder in gehölzreichen Geländesenken für ein gleichmäßig kühles Lokalklima während der Überwinterung. Nach bisherigem Kenntnisstand ist ein höherer Anteil an Brachflächen mit gut zugänglichen, größeren Herden des Wiesen-Knöterichs ein entscheidendes Kriterium für die Habitateignung. Alljährlich gemähte Streu- und Nasswiesen werden dagegen kaum besiedelt.

Die Eiablage erfolgt einzeln an die Unterseite der Grundblätter des Wiesen-Knöterichs. Die Raupen ernähren sich zunächst durch Schabefraß, später werden ganze Blätter vertilgt. Als einziger heimischer Feuerfalter überwintert L. helle als Puppe. Die Verpuppung findet bereits ab Mitte Juli bodennah in der Streuschicht statt.

Die Flugzeit reicht in Bayern von Anfang Mai bis Ende Juni, in höheren Lagen auch bis in den Juli. Die Männchen zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten und beziehen Ansitzwarten auf erhöhten Kräutern oder auf Zweigen an windgeschützten, gut besonnten Stellen. L. helle ist ein eifriger Blütenbesucher, als Nektarquellen werden je nach Angebot verschiedene Pflanzenarten genutzt.

Gefährdungen und Beeinträchtigungen

Wesentliche Gefährdungen gehen auf die Zerstörung der Lebensräume zurück. War früher die Trockenlegung von Mooren und nachfolgende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung die Hauptgefährdungsursache, ist es heute vor allem die Aufgabe extensiver Nutzungsformen die zu Beeinträchtigungen führt.

  • Aufforstungen von brachliegenden Streu- und Nasswiesen.
  • Verdrängung der Wiesenknöterich-Bestände durch konkurrenzstarke Stauden oder Gestrüpp in Folge zu starker Entwässerung und Freisetzung von Nährstoffen aus trockenen Torfböden
  • Starke Gehölzentwicklung und Verwaldung auf Feuchtbrachen, dadurch Verschattung und Lebensraumverlust
  • Ablagerung von Schnitt- und Mähgut in Torfstichen, mit starker Nährstoffanreicherung und Aufkommen von Brennnessel-Herden als Folge
  • zu intensive Pflege von Moorgebieten mit flächendeckender Streuwiesenmahd und Entbuschung
  • Verinselung und Schrumpfung der Habitate
  • relativ geringes Ausbreitungsvermögen der Falter, vor allem im reinen Offenland

Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen

Der Blauschillernde Feuerfalter besiedelt heute überwiegend Sekundärbiotope die durch Pflegemaßnahmen offen gehalten werden müssen, dabei ist der Erhalt von Gehölzen als Windschutz sowie die Präferenz der Art für Brachen zu beachten.

  • Offenhaltung der Lebensräume durch ein an die Art und den Standort angepasstes Pflegeregime (Rotationsbrache)
  • an produktiven Standorten einschürige Mahd im Spätsommer/Herbst auf maximal 30% der zur Fortpflanzung genutzten Wiesenknöterich-Bestände
  • an nährstoffarmen Standorten reicht eine Mahd von Teilflächen im 3 bis 5 jährigen Turnus
  • an übergangsmoorartigen Standorten oder in stabilen Großseggenrieden kann auf eine Mahd zumeist verzichtet werden, hier reicht eine gelegentliche Auflichtung der Gehölze aus
  • beeinträchtigende Pflanzen wie Brennnesseln, Himbeeren oder Faulbaum durch gezielte Mahd bzw. Gehölzschnitt zurückdrängen
  • Verbesserungen des Wasserhaushaltes und Verminderung der Nährstofffreisetzung in stark gestörten Mooren
  • Beseitigung von Ablagerungen, Schaffung von Pufferzonen
  • Isolierte, kleinflächige Vorkommen durch Lebensraumerweiterung stabilisieren: verbuschte Feuchtbrachen, Torfstiche oder Moorwälder auflichten, temporäre Bracheanteile in Streu- und Nasswiesen fördern, Saumstrukturen mit Wiesenknöterich entwickeln
  • Förderung der Vernetzung: an Waldrändern und Waldwegen besonnte, blütenreiche Saumsstrukturen entwickeln, im Offenland z.B. entlang von Entwässerungsgräben oder Wegen windgeschützte, durch einzelne Gehölze flankierte Säume etablieren; störende Barrieren wie dichte Aufforstungen beseitigen

Sonstige Hinweise

Die Verbreitung und Bestandsituation der Art ist aufgrund gezielter Kartierungen, Artenhilfsmaßnahmen und Untersuchungen im Rahmen des FFH-Monitoring gut bekannt. Dennoch sind weitere kleinere, bislang unbekannte Vorkommen durchaus möglich.

Ergänzende Informationen

Lycaena helle, Artenportrait, BfN

Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2010): Merkblatt Artenschutz 32: Blauschillernder Feuerfalter Lycaena helle (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775).

Bestellshop der Bayerischen Staatsregierung, StMUV

Anwander, H. (2001): Artenhilfsprogramm für gefährdete Tagfalter der voralpinen Moorregion. - Schriftenreihe des Bayer. Landesamtes für Umweltschutz, 156: 319-339.

Biewald, G. & Nunner, A. (2006): Lycaena helle (Denis & Schiffermüller, 1775). in: Petersen & Ellwanger (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 3: Arten der EU-Osterweiterung. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/3: 139-153.

Fischer, K. (1998): Zu Fekundität, Fertilität und Präimaginalbiologie des Blauschillernden Feuerfalters Lycaena helle (Lepidoptera: Lycaenidae). - Verhandlungen Westdeutscher Entomologentag 1997: 167-176.

Fischer, K. Beinlich, B . & Plachter, H. (1999): Population structure, mobility and habitat preferences of the Violet Copper Lycaena helle (Lepidoptera: Lycaenidae) - implications for conservation. - Journal of Insect Conservation 3: 43-52.

Meyer, M. (1980): Die Verbreitung von Lycaena helle in der Bundesrepublik Deutschland (Lep.: Lycaenidae). - Entomologische Zeitschrift 20: 217-224.

NUNNER, A. (2013): Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle). - In: Bräu, M. et al. (2013): Tagfalter in Bayern, Ulmer Verlag: 784 S.

Nunner, A. (2006): Zur Verbreitung, Bestandssituation und Habitatbindung des Blauschillernden Feuerfalters (Lycaena helle) in Bayern. In: Fartmann, T. & Hermann, G. (Hrsg.): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. Abhandlungen Westfälisches Museum f. Naturkunde 68: 153-170.