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Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)
Rote Liste Bayern: | Stark gefährdet |
Rote Liste Deutschland: | Stark gefährdet |
Erhaltungszustand Kontinental: | Ungünstig/schlecht |
Erhaltungszustand Alpin: | Ungünstig/schlecht |
Foto: Tim Laussmann
Foto: Tim Laussmann
Verbreitung und Bestandssituation
Die Gesamtverbreitung des Blauschillernden Feuerfalters erstreckt sich über die gemäßigte Zone von Westeuropa bis ins ostrussische Amurgebiet. Das europäische Verbreitungsgebiet zerfällt in zahlreiche isolierte Teilareale. Außerhalb Bayerns ist die Art in Deutschland heute noch in den Mittelgebirgen Eifel, Hohes Venn und Westerwald sowie im mecklenburgischen Ueckertal vertreten.
In Bayern beschränkt sich das aktuelle Verbreitungsareal auf das westliche und mittlere voralpine Hügel- und Moorland, mit derzeit ca. 70 Fundorten von überwiegend kleinen Populationen. Darüber hinaus existiert ein singuläres Vorkommen im Alpenraum (Landkreis Garmisch-Partenkirchen). In Nordbayern sind sämtliche Vorkommen erloschen. Die meisten bayerischen Lokalpopulationen bestehen aus einem System mehrerer kleinflächiger Lebensstätten mit eher individuenarmen Teilpopulationen, die besonders empfindlich gegenüber Beeinträchtigungen sind und dadurch einem erhöhten natürlichem Aussterberisiko unterliegen.
Lebensraum und Lebensweise
Der Blauschillernde Feuerfalter ist ein Bewohner von halboffenen Feuchtgebieten. Bei den aktuellen Lebensstätten im bayerischen Alpenvorland handelt es sich in der Regel um Moorstandorte, insbesondere aufgelassene bäuerliche Handtorfstiche und Niedermoorflächen. Hier werden feuchte Hochstaudenfluren, brachliegende Nass- und Pfeifengraswiesen und mitunter auch Großseggenriede, lichte Moorwälder oder Übergangsmoore mit Vorkommen des Wiesen-Knöterichs (Bistorta officinalis) besiedelt, der mit Abstand wichtigsten Eiablage- und Raupenfraßpflanze.
Die Falter bevorzugen windgeschützte, mikroklimatisch begünstigte Stellen. Die Vorkommen befinden sich deshalb in der Regel an Waldrändern, auf Waldlichtungen oder sind mit Gehölzgruppen durchsetzt, wobei insbesondere eine Verzahnung der Knöterichbestände mit Grauweidengebüschen typisch ist. Vermutlich sorgt die Lage der Lebensräume auf Lichtungen oder in gehölzreichen Geländesenken für ein gleichmäßig kühles Lokalklima während der Überwinterung. Nach bisherigem Kenntnisstand ist ein höherer Anteil an Brachflächen mit gut zugänglichen, größeren Herden des Wiesen-Knöterichs ein entscheidendes Kriterium für die Habitateignung. Alljährlich gemähte Streu- und Nasswiesen werden dagegen kaum besiedelt.
Die Eiablage erfolgt einzeln an die Unterseite der Grundblätter des Wiesen-Knöterichs. Die Raupen ernähren sich zunächst durch Schabefraß, später werden ganze Blätter vertilgt. Als einziger heimischer Feuerfalter überwintert L. helle als Puppe. Die Verpuppung findet bereits ab Mitte Juli bodennah in der Streuschicht statt.
Die Flugzeit reicht in Bayern von Anfang Mai bis Ende Juni, in höheren Lagen auch bis in den Juli. Die Männchen zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten und beziehen Ansitzwarten auf erhöhten Kräutern oder auf Zweigen an windgeschützten, gut besonnten Stellen. L. helle ist ein eifriger Blütenbesucher, als Nektarquellen werden je nach Angebot verschiedene Pflanzenarten genutzt.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Wesentliche Gefährdungen gehen auf die Zerstörung der Lebensräume zurück. War früher die Trockenlegung von Mooren und nachfolgende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung die Hauptgefährdungsursache, ist es heute vor allem die Aufgabe extensiver Nutzungsformen die zu Beeinträchtigungen führt.
- Aufforstungen von brachliegenden Streu- und Nasswiesen.
- Verdrängung der Wiesenknöterich-Bestände durch konkurrenzstarke Stauden oder Gestrüpp in Folge zu starker Entwässerung und Freisetzung von Nährstoffen aus trockenen Torfböden
- Starke Gehölzentwicklung und Verwaldung auf Feuchtbrachen, dadurch Verschattung und Lebensraumverlust
- Ablagerung von Schnitt- und Mähgut in Torfstichen, mit starker Nährstoffanreicherung und Aufkommen von Brennnessel-Herden als Folge
- zu intensive Pflege von Moorgebieten mit flächendeckender Streuwiesenmahd und Entbuschung
- Verinselung und Schrumpfung der Habitate
- relativ geringes Ausbreitungsvermögen der Falter, vor allem im reinen Offenland
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
Der Blauschillernde Feuerfalter besiedelt heute überwiegend Sekundärbiotope die durch Pflegemaßnahmen offen gehalten werden müssen, dabei ist der Erhalt von Gehölzen als Windschutz sowie die Präferenz der Art für Brachen zu beachten.
- Offenhaltung der Lebensräume durch ein an die Art und den Standort angepasstes Pflegeregime (Rotationsbrache)
- an produktiven Standorten einschürige Mahd im Spätsommer/Herbst auf maximal 30% der zur Fortpflanzung genutzten Wiesenknöterich-Bestände
- an nährstoffarmen Standorten reicht eine Mahd von Teilflächen im 3 bis 5 jährigen Turnus
- an übergangsmoorartigen Standorten oder in stabilen Großseggenrieden kann auf eine Mahd zumeist verzichtet werden, hier reicht eine gelegentliche Auflichtung der Gehölze aus
- beeinträchtigende Pflanzen wie Brennnesseln, Himbeeren oder Faulbaum durch gezielte Mahd bzw. Gehölzschnitt zurückdrängen
- Verbesserungen des Wasserhaushaltes und Verminderung der Nährstofffreisetzung in stark gestörten Mooren
- Beseitigung von Ablagerungen, Schaffung von Pufferzonen
- Isolierte, kleinflächige Vorkommen durch Lebensraumerweiterung stabilisieren: verbuschte Feuchtbrachen, Torfstiche oder Moorwälder auflichten, temporäre Bracheanteile in Streu- und Nasswiesen fördern, Saumstrukturen mit Wiesenknöterich entwickeln
- Förderung der Vernetzung: an Waldrändern und Waldwegen besonnte, blütenreiche Saumsstrukturen entwickeln, im Offenland z.B. entlang von Entwässerungsgräben oder Wegen windgeschützte, durch einzelne Gehölze flankierte Säume etablieren; störende Barrieren wie dichte Aufforstungen beseitigen
Sonstige Hinweise
Die Verbreitung und Bestandsituation der Art ist aufgrund gezielter Kartierungen, Artenhilfsmaßnahmen und Untersuchungen im Rahmen des FFH-Monitoring gut bekannt. Dennoch sind weitere kleinere, bislang unbekannte Vorkommen durchaus möglich.
Ergänzende Informationen
Lycaena helle, Artenportrait, BfN
Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2010): Merkblatt Artenschutz 32: Blauschillernder Feuerfalter Lycaena helle (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775).
Bestellshop der Bayerischen Staatsregierung, StMUV
Anwander, H. (2001): Artenhilfsprogramm für gefährdete Tagfalter der voralpinen Moorregion. - Schriftenreihe des Bayer. Landesamtes für Umweltschutz, 156: 319-339.
Biewald, G. & Nunner, A. (2006): Lycaena helle (Denis & Schiffermüller, 1775). in: Petersen & Ellwanger (Bearb.): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 3: Arten der EU-Osterweiterung. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/3: 139-153.
Fischer, K. (1998): Zu Fekundität, Fertilität und Präimaginalbiologie des Blauschillernden Feuerfalters Lycaena helle (Lepidoptera: Lycaenidae). - Verhandlungen Westdeutscher Entomologentag 1997: 167-176.
Fischer, K. Beinlich, B . & Plachter, H. (1999): Population structure, mobility and habitat preferences of the Violet Copper Lycaena helle (Lepidoptera: Lycaenidae) - implications for conservation. - Journal of Insect Conservation 3: 43-52.
Meyer, M. (1980): Die Verbreitung von Lycaena helle in der Bundesrepublik Deutschland (Lep.: Lycaenidae). - Entomologische Zeitschrift 20: 217-224.
NUNNER, A. (2013): Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle). - In: Bräu, M. et al. (2013): Tagfalter in Bayern, Ulmer Verlag: 784 S.
Nunner, A. (2006): Zur Verbreitung, Bestandssituation und Habitatbindung des Blauschillernden Feuerfalters (Lycaena helle) in Bayern. In: Fartmann, T. & Hermann, G. (Hrsg.): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. Abhandlungen Westfälisches Museum f. Naturkunde 68: 153-170.