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Wechselkröte (Bufotes viridis)
Rote Liste Bayern: | Vom Aussterben bedroht |
Rote Liste Deutschland: | Stark gefährdet |
Erhaltungszustand Kontinental: | Ungünstig/schlecht |
Erhaltungszustand Alpin: | Ungünstig/schlecht |
Foto: Klaus Jäkel
Verbreitung und Bestandssituation
Das Areal der Wechselkröte reicht von Mitteleuropa und Italien im Westen über die Steppengebiete Eurasiens bis in die Mongolei nach Zentralasien. Im Süden erstreckt es sich von der nordafrikanischen Atlantik- über die Mittelmeerküste bis zum Iran; im Norden werden die dänischen Inseln, Südschweden und Estland erreicht.
In Deutschland liegt das geschlossene Verbreitungsgebiet - und damit auch der Verbreitungsschwerpunkt - in Mittel- und Ostdeutschland. Weitere kleinere, isolierte Areale gibt es in Bayern, Südwestdeutschland und entlang des Mittel- und Niederrheins.
Die natürliche Verbreitungssituation der Wechselkröte in Bayern lässt sich nicht mehr rekonstruieren; das heutige, zerrissene Verbreitungsbild ist überwiegend durch anthropogene Einflüsse bestimmt. So sind hauptsächlich noch die Münchner Schotterebene und Teilräume von Donau und Unterer Isar besiedelt. Daneben gibt es verstreute, isolierte, meist kleine Vorkommen im Tiefland. Die südliche Verbreitungsgrenze der Wechselkröte in Bayern verläuft in etwa entlang einer Linie Augsburg-München-Rott-Wasserburg/Inn-Salzburg. Eine doppelte Ausnahme bildet das südlichste und höchste bayerische Vorkommen auf 1.150 m Höhe in den Chiemgauer Alpen, unmittelbar an der Grenze zu Tirol.
Lebensraum und Lebensweise
Die Wechselkröte ist eine Steppenart, die durch eine enge Bindung an trocken-warme Landschaften mit geringer Walddichte und geringen jährlichen Niederschlägen an Trockenheit und Wärme (aber auch Kälte) gut angepasst ist. Die Art bevorzugt offene, sonnenexponierte Lebensräume mit lückiger, niederwüchsiger Vegetation und grabfähigen Böden. Bei uns bewohnt sie neben wenigen Flussauen vor allem Abbaustellen (v. a. Kies- und Sandgruben), militärische Übungsplätze, Industriebrachen bzw. Baustellen, trockene Ruderalflächen in früher Sukzession, auch Äcker, Bahndämme, Parks und Gärten.
Als Laichgewässer dienen der Pionierart verschiedenste stark sonnenexponierte, vegetationsarme, fischfreie, meist flache Stillgewässer (oder zumindest mit Flachufern), beispielsweise wassergefüllte Senken oder Fahrspuren in Baustellen, auf Äckern und Wiesen, Tümpel, Teiche, Rückhaltebecken, Altarme und Baggerseen. In Flussauen werden auch Überschwemmungstümpel als Primärhabitate besiedelt.
Die Laichperiode beginnt relativ spät ab Ende April und geht bis ca. Juni, kann sich aber auch noch in den Sommer hinein verlängern, wenn nach einer längeren Trockenphase starke Niederschläge fallen. Ein einzelnes Weibchen kann zwei- bis dreimal eine 2-4 m lange Laichschnur mit insgesamt mehreren Tausend (bis über 10.000 !) Eiern produzieren. Die Kaulquappen schlüpfen nach wenigen Tagen, entwickeln sich je nach Temperatur in ein bis drei Monaten und verlassen das Gewässer als Jungkröten je nachdem zwischen Ende Mai und Oktober. Junge Wechselkröten werden meist nach drei Jahren geschlechtsreif und können bis zu 10 Jahre alt werden.
Während der Fortpflanzungsperiode verstecken sich die Tiere tagsüber meist in nur wenigen Metern Entfernung zu ihren Laich- und Rufgewässern unter Steinen, Brettern, Steinhaufen, Erdhöhlen oder Kleinsäugerbauen. Danach wandern ausgewachsene Wechselkröten in die Landlebensräume und legen dabei Strecken von bis zu 1.000 m zurück. Ab September bis Oktober überwintern sie in selbst gegrabenen oder dem Tagesversteck ähnelnden unterirdischen, frostsicheren Hohlräumen, auch Kellern oder landwirtschaftlichen Gebäuden.
Während der Laichzeit entfernen sich adulte Tiere zwar nur wenige Meter von den Laichgewässern. Andererseits werden diese Gewässer durch die natürliche Sukzession, d. h. den Bewuchs mit Wasserpflanzen, bereits nach wenigen Jahren ungeeignet, deshalb muss die Wechselkröte hoch mobil sein, um neu entstandene Gewässer spontan zu besiedeln, und können auf die Suche nach neuen Laichgewässern mehrere Kilometer zurücklegen (im Extremfall sind schon über 10 km gemessen worden!), wobei die Fernausbreitung v.a. über Jungtiere erfolgt. In größeren Abgrabungskomplexen mit vielen einzelnen Gewässern werden Metapopulationen gebildet.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
- Verlust von Primärlebensräumen allgemein
- Rekultivierung von Abbaustellen mit Beseitigung von Gewässern und Kleinstrukturen
- Veränderung der Abgrabungstechnik in Abbaugebieten (z.B. grossdimensionierte Nassabgrabungen, Steilufer, schnelle Ausbeute)
- Wegfall bäuerlicher oder kommunaler Kleinabbaustellen
- Intensivierung der Landbewirtschaftung im direkten Umfeld (Einzugsgebiet) der Laichgewässer, insbesondere Umwandlung von Grünland in Ackerflächen
- Einsatz von Bioziden in Landlebensräumen (primär aus landwirtschaftlicher Nutzung)
- Zerschneidung von Lebensräumen, insbesondere Trennung von Laichgewässern und Landlebensräumen / Winterquartieren
- Änderungen im Übungsbetrieb von Standort- und Truppenübungsplätzen (Wegfall von Fahrten mit schweren Fahrzeugen, insbesondere Panzern)
- Sukzession von Kleingewässern und unzureichende Entstehung neuer Gewässer; zunehmende Besiedlung durch Großwasserkäfern, Großlibellen oder andere Amphibienarten
- Gewässerbelastung durch Schadstoffe i.w.S.
- Zunehmende Isolierung von (Rest-) Populationen
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Erhaltung und Neuanlage von ausgedehnten Lachensystemen im Offenland oder allenfalls auf locker bestockten Flächen; am besten in Abbaustellen oder Verfüllungsflächen, da dort in der Regel auch ein geeigneter Landlebensraum vorhanden ist
- Entnahme von Gehölzen, die frühere oder potenzielle Laichgewässer beschatten
- Anlage von Versteckplätzen im Gewässerumfeld z.B. Steinplatten oder Kiesbrocken
- Anlage von Heckenzeilen als Pufferstreifen zu angrenzenden Intensivnutzungen, wenn dadurch die Laichgewässer nicht beschattet werden,
- Umsetzung geeigneter Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen im Bereich der Wanderkorridore
Allgemein gilt: Neben der Anlage der Laichgewässer muss eine dauerhafte Pflege der Strukturen gewährleistet sein.
Sonstige Hinweise
Der wissenschaftliche Gattungsname der Wechselkröte wurde vor kurzem in Pseudepidalea geändert, ist aber noch nicht allgemein anerkannt, daher wird hier noch der alte Name Bufo verwendet.
Wie für Pionierarten typisch, gibt es starke Bestandsschwankungen. Insofern sind einjährige Bestandsaufnahmen äußerst vorsichtig zu interpretieren.
Ergänzende Informationen
ANDRÄ, E. & ZAHN, A. (2019): Wechselkröte Bufotes viridis (Laurenti, 1768), S. 233-241. - In: Andrä. E., Aßmann, O., Dürst, T., Hansbauer, G. & Zahn, A. (2019): Amphibien und Reptilien in Bayern. - Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer. 783 S.
Gruber, H.-J., U. Heckes, U. & M. Franzen (1994): Artenhilfsprogramm für die Wechselkröte (Bufo viridis Laurenti, 1768) im Raum München. - LARS-Mitteilungen 14 (1): 51-68.
Günther, R. & R. Podloucky (1996): Wechselkröte - Bufo viridis Laurenti, 1768. - In: Günther, R. [Hrsg.]: Die Amphibien und Reptilien Deutschlands: 322-343. - Jena [u.a.] (G. Fischer).
Zahn, A. & U. Niedermeier (2004): Zur Reproduktionsbiologie von Wechselkröte (Bufo viridis), Gelbbauchunke (Bombina variegata) und Laubfrosch (Hyla arborea) im Hinblick auf unterschiedliche Methoden des Habitatmanagements. - Zeitschrift für Feldherpetologie 11 (1): 41-64.